Derzeit verbreitet sich im Internet und vor allem in sozialen Netzwerken eine Verschwörungstheorie, die vor einer Vergiftung der Bevölkerung durch Zahnpasta warnt. Schließlich sei in den Tuben Fluorid enthalten, heißt es. Grund zur Sorge ist das allerdings nicht, denn die Fluorid-Mengen sind viel zu gering, um Vergiftungserscheinungen hervorzurufen.
In anderen Teilen der Welt sind hohe Konzentrationen von Fluorid im Trinkwasser aber durchaus ein Problem. Allein mehrere Millionen Kinder in Entwicklungsländern, sind erhöhten Dosen ausgesetzt, schätzt die Weltgesundheitsorganisation (hier als PDF).
Technik aus Karlsruhe sorgt für sauberes WasserGeringe Mengen an Fluorid (es handelt sich dabei um die Salze der Fluorwasserstoffsäure) im Trinkwasser oder der Zahnpasta schützen die Zähne, größere Mengen, langfristig aufgenommen, schädigen sie dagegen, ebenso die Knochen.
Sehr viel Fluorid in kurzer Zeit zu sich zu nehmen, führt zu Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, oft auch zu Muskelkrämpfen. Das passiert unter anderem, wenn nach Waldbränden Asche das Wasser verseucht.
Bisher hilft Aktivkohle oder Aluminiumsulfat wenn es darum geht, fluoridbelastetes Wasser für Menschen trinkbar zu machen. Da die Chemikalien teuer sind und nach der Reinigung große Mengen an fluoridbelastetem Schlamm übrig bleiben, ist diese Wasserreinigungstechnik in der Dritten Welt aber kaum anwendbar.
Mit einer mobilen Anlage, die allein von Solarstrom versorgt wird, lässt sich das tückische Gift aber in Notfällen entfernen, mehr noch: Sie verwandelt Wasser aller Art in reines Trinkwasser.
Wert um das Vierzigfache überschrittenForscher des Karlsruher Instituts (KIT) für Technologie haben eine solche Aufbereitungsanlage im Norden von Tansania jetzt erfolgreich getestet. Außerhalb der Regenzeit sind die Bewohner dort auf einen Brunnen angewiesen, der Wasser mit einem Fluoridgehalt von 60 Milligramm pro Liter liefert. Das ist 40 Mal so viel wie der obere Grenzwert, den die Weltgesundheitsorganisation festgelegt hat.
Die Aufbereitungsanlage senkt aber nicht nur den Fluoridgehalt. Sie entfernt auch Viren, Bakterien und andere winzige Verunreinigungen. Sie deckt immerhin den Bedarf von 50 Menschen. Andrea Schäfer und Bryce Richards, Professoren für Nanophotonik für Energie am KIT haben für ihre Aufbereitungsanlage zwei Techniken kombiniert.
Im ersten Schritt halten sogenannte Ultrafiltrationsmembranen mit einer Porengröße von 50 Nanometern (ein Nanometer ist ein Millionstel Millimeter) Schwebstoffe sowie krankheitsverursachende Viren und Bakterien zurück.
Das derart vorgereinigte Wasser wird per Umkehrosmose von gelösten Stoffen befreit: Von Salzen und eben Fluoriden. Dazu wird es mit hohem Druck durch eine weitere Membran gepresst, die noch feinere Poren hat. Wassermoleküle passen hindurch, Fluorid- und andere Salzmoleküle nicht.
Strom liefert die Sonne„Derzeit existiert kein anderes System, das Schadstoffe wie Fluoride so zuverlässig und nachhaltig entfernt“, sagt Andrea Schäfer. In vielen Regionen der Dritten Welt könnten solche Aufbereitungsanlagen, mobil oder fest installiert, die Trinkwasserversorgung entscheidend verbessern.
Den benötigten Strom liefern Solarmodule. Eine Batterie zur Pufferung des Stroms ist nicht vorgesehen. Wenn die Sonne mal nicht so intensiv scheint, was selten vorkommt, wird für kurze Zeit einfach weniger Trinkwasser produziert und auf gelagertes zurückgegriffen. In der Regenzeit mit wenig Sonne können die Menschen sich mit dem Wasser versorgen, das vom Himmel fällt.
Ob die Technik allerdings günstig genug ist, um sie massenhaft in Entwicklungsländern einzusetzen und wer für den Einsatz am Ende bezahlt, wird sich erst noch zeigen müssen. Dass die Technik funktioniert, ist aber immerhin ein erster Schritt in Richtung sauberes Trinkwasser.