Müllfreier Onlineshop Cradlelution verkauft wiederverwertbare Produkte

Der Onlineshop Cradlelution will die Idee einer vollkommenen Kreislaufwirtschaft vorantreiben.

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Wenn Anna Lütjes Plan funktioniert, geht es bald rund – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Lütje ist Verfechterin des Prinzips Cradle-to-Cradle (C2C) und hat gemeinsam mit ihrem Kollegen Nikita Kornev mit Cradlelution einen der ersten deutschen C2C-Onlineshops eröffnet.

C2C ist eine Denkschule und der Name sagt bereits viel darüber aus, worum es geht: Cradle ist Englisch für Wiege – Cradle to Cradle bedeutet also von der Wiege zur Wiege. Grundprinzip ist, dass sich Abfall generell vermeiden lässt, wenn man nur die Produkte so konzipiert, dass sich ihre Bestandteile tatsächlich zu 100 Prozent weiter- oder wiederverwerten lassen – ein Kreislauf also. C2C versteht sich damit als Gegenkonzept zur aktuell vorherrschenden Art zu wirtschaften, bei der am Lebensende eines Produkts zumeist die Bahre – also die Müllkippe – steht.

Lütje begeisterte sich an der Universität für die Denkschule. „Ich habe Umweltschutz studiert und so einen Einblick bekommen, wie groß das Problem Müll tatsächlich ist“, sagt sie. Als sie dann auch noch die Dokumentation „Nie mehr Müll“ des C2C-Pioniers Michael Braungart sah, fasste sie den Entschluss, sich zu engagieren. Lütje trat der Lüneburger Regionalgruppe des deutschen Cradle to Cradle e.V. bei und ist seitdem im Namen der Sache unterwegs. Die Rolle des Konzepts ordnet sie sachlich ein. „C2C hat nicht den Anspruch, die Welt zu retten“, sagt Lütje. „Aber es ist ein positiv-konstruktiver Ansatz, es ist ein Anfang.“

Auf dem Weg in die PraxisDamit es nicht beim Anfang bleibt, hat sie sich mit Nikita Kornev zusammengetan, den sie im Verein traf. Sie wollen das Konzept zugänglich machen, da sie zu der Ansicht kamen, dass das es zwar akademisch entwickelt sei, auf dem Markt aber kaum präsent. „Es gibt zwar Übersichten über Hersteller und Produkte, aber keine zentrale Anlaufstelle“, sagt Lütje. Cradlelution soll das nun werden.

Um das nötige Startkapital einzusammeln, haben Lütje und Kornev eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. 8000 Euro wollen sie einsammeln, um den Shop zu bestücken, werden es sogar 15.000 Euro, könnten sie dazu ein Lager aufbauen. Die Produktpalette ist groß: Von Alltagsgegenständen über Kleidungsstücke bis hin zu Baustoffen gibt es so gut wie alles mit C2C-Siegel, weltweit sind es 2500 verschiedene Produkte. Nicht alle wird Cradlelution anbieten. „Unser Fokus liegt auf Konsumgütern“, sagt Lütje. Die Baustoffe, die einen großen Teil der C2C-Familie ausmachen, fallen so beispielsweise aus dem Sortiment.

Derzeit verkauft Cradlelution bereits die C2C-Linie der Sportmodemarke Puma – beziehungsweise das, was davon noch übrig ist. Der Konzern hatte sich auf dem Gebiet ausprobiert, neue Produkte gibt es aber zunächst einmal nicht – es scheint sich nicht gelohnt zu haben. Ein Grund könnte der Kern des C2C-Konzepts sein: die harten Kriterien.

Hohe HürdenUm C2C-zertifiziert zu werden, muss ein Produkt fünf Tests überstehen. Es wird überprüft, dass die Inhaltsstoffe kein Gesundheits- oder Umweltrisiko darstellen und dass sie sich problemlos wiederverwerten lassen. Außerdem wird der Anteil an erneuerbaren Energien an der Produktion erhoben, auch die Wasserqualität bei der Herstellung wird beurteilt – im Idealfall ist es nachher sauberer als vorher. Schließlich fließen auch die Arbeitsbedingungen und andere Faktoren der sozialen Verantwortung mit in das Siegel ein.

Die Hürden sind also hoch, die Popularität in Deutschland ist es bislang allerdings nicht. Daher plant Lütje zunächst auch nicht mit einem fürstlichen Gehalt, bislang arbeitet sie wie auch Kornev hauptberuflich, aber ohne Einkommen an ihrem Shop. Nach Abschluss der Crowdfundingphase in der zweiten Augustwoche wird das Design neugestaltet und dann natürlich eingekauft.

Die Zielgruppe ist dabei weitgefasst. „Wir richten uns an jeden, der etwas für die Umwelt tun will und sich für Nachhaltigkeit interessiert“, sagt Lütje. Dabei soll helfen, dass Cradlelution durchaus auch einige extravagantere Produkte ins Sortiment nehmen möchte. „Sich für Nachhaltigkeit zu interessieren bedeutet ja nicht, dass man sich nicht auch mal was gönnen möchte“, sagt Lütje. Ein generell höheres Preisniveau bringe das allerdings nicht mit sich. „C2C ist nicht zwingend teurer“, sagt sie. Zwar würden manche Hersteller aus Imagegründen oder um schneller ihre Ausgaben zu amortisieren etwas höhere Preise ansetzen, C2C sei aber keine Idee für Besserverdiener.

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