Nachgefragt Was bedeutet Nachhaltigkeit für BASF, Herr von Deessen?

Was bewegt die deutschen Nachhaltigkeitsmanager? Heute antwortet Ulrich von Deessen von BASF.

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In regelmäßigen Abständen befragt WiWo Green die wichtigsten Nachhaltigkeitsmanager der deutschen Wirtschaft zu ihren Zielen. Den heutigen Fragebogen hat Ulrich von Deessen ausgefüllt, Klimaschutzbeauftragter bei BASF.

Bitte formulieren Sie in einem Tweet von 140 Zeichen, was Nachhaltigkeit für Ihr Unternehmen bedeutet.

Nachhaltigkeit bedeutet für BASF, wirtschaftlichen Erfolg mit gesellschaftlicher und ökologischer Verantwortung in Einklang zu bringen.

Wie viele Mitarbeiter kümmern sich um das Thema - oder sind Sie Einzelkämpfer?

Nachhaltigkeit ist in unsere Geschäftsprozesse integriert und damit Teil der täglichen Arbeit aller 110.000 Mitarbeiter der BASF. Über den Stand unserer globalen Nachhaltigkeitsziele berichten wir regelmäßig. Die sich daraus ergebenen Maßnahmen sind Inhalt des strategischen Dialogs mit den Geschäftseinheiten.

Nennen Sie kurz die drei wichtigsten Nachhaltigkeitsziele Ihres Unternehmens

BASF hat sich für das Jahr 2020 weltweite Ziele hinsichtlich wirtschaftlichem Erfolg, dem Schutz der Umwelt und sozialer Verantwortung gesetzt. Der Umsatz soll auf etwa 110 Milliarden Euro steigen. Die Treibhausgasemissionen je Tonne Verkaufsprodukt wollen wir um 40 % und die Arbeitsunfälle je eine Million Arbeitsstunden um 80 % senken (im Vergleich zum Basisjahr 2002).

Auf einer Schulnoten-Skala von 1 bis 6 - wie gut setzen Sie diese Ziele schon um?

Nachhaltigkeit heißt, dass wir daran arbeiten, uns kontinuierlich zu verbessern. Wir haben uns Ziele gesetzt, wo die Reise hingeht. In unserem Geschäftsbericht legen wir offen, wie weit wir schon gekommen sind. 2012 lag der Umsatz bei 72,1 Milliarden Euro. Beim Klimaschutz-Ziel sind wir sehr gut vorangekommen und konnten die Treibhausgasemissionen um 32 % senken. Und auch bei den Arbeitsunfällen bewegen wir uns in die richtige Richtung: Unsere Unfallrate ist um 48 % (im Vergleich zu 2002) zurückgegangen.

Auf welches Projekt in dem Feld sind Sie stolz?

BASF will in vielen Bereichen besser werden, so zum Beispiel auch beim Umgang mit Wasser. Wir sind das erste Chemieunternehmen weltweit, das für einen Standort eine Zertifizierung für nachhaltiges Wassermanagement (gemäß dem European Water Stewardship – EWS) erhalten hat. Es handelt sich um den Standort Tarragona, der in einer Region liegt, in der Wasser sehr knapp ist. Bis 2020 möchte BASF an allen Standorten in Wasserstressgebieten die Kriterien des EWS, wie beispielsweise zur nachhaltigen Wasserentnahme oder zur Sicherung der Wasserqualität, ebenso erfolgreich erfüllen wie in Tarragona.

Wie stellen Sie überhaupt fest, wie nachhaltig ihr Unternehmen ist?

Wir sind ein naturwissenschaftlich geprägtes Unternehmen und wollen Nachhaltigkeit messbar machen. Dazu haben wir 1996 als erstes Unternehmen der chemischen Industrie die Ökoeffizienz-Analyse eingeführt. Mit dieser Methode wird die Wirtschaftlichkeit eines Produkts ins Verhältnis zu dessen Auswirkungen auf die Umwelt gesetzt. Bislang haben wir mehr als 450 solcher Analysen gemacht, viele davon auch für unsere Kunden.

2010 haben wir die soziale Dimension hinzugefügt und unsere Sozio-Ökoeffizienz-Analyse Seebalance entwickelt. Diese ermöglicht, neben der Umweltbelastung und den Kosten auch die gesellschaftlichen Auswirkungen von Produkten und Herstellverfahren zu bewerten. Mittlerweile gibt es auch eigene Analysemethoden für die Landwirtschaft.

“Go green to get gold” - wie viel Geld spart Ihr Unternehmen, indem es nachhaltiger arbeitet?

Der effiziente Einsatz von Rohstoffen und Energie ist der Schlüssel zur Kosteneinsparung. Dies erreichen wir durch den strategischen Ansatz der hochintegrierten Produktion – dem „Verbund“. Denn der Produktionsverbund eröffnet durch eng gekoppelte Anlagen Möglichkeiten, Emissionen und Abfälle zu vermindern, den Ressourcenverbrauch zu senken und Transportwege zu minimieren. Das ist eine Stärke der BASF. Weltweit betreibt die BASF sechs solcher Verbundstandorte. Durch den Energieverbund und modernste Energieerzeugung sparen wir so jährlich rund 1 Milliarde Euro Energiekosten.

Wo sehen Sie ein Geschäftsmodell für Nachhaltigkeit, das über kurzfristige Kostenersparnisse hinausgeht?

BASF stellt zahlreiche Produkte her, die zur Energieeffizienz und zum Klimaschutz beitragen. 2012 haben wir mit unseren Klimaschutzprodukten 7,2 Milliarden Euro Umsatz erzielt, das sind 9 % des Umsatzes der BASF. Und noch wichtiger: Die Produkte tragen dazu bei, die Treibhausgasemissionen bei unseren Kunden um 320 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente zu senken.

Denken Sie an Autos: Automobilhersteller setzen mehr und mehr auf die Verwendung leichterer Materialien, wie unsere Kunststoffe. Dadurch werden Fahrzeuge leichter und verbrauchen weniger Kraftstoff. Oder Dämmstoffe. Durch die energetische Sanierung der Gebäudehülle nehmen die Temperaturunterschiede zwischen Raumluft und Wandoberfläche ab. Daraus ergeben sich nicht nur Einsparungen beim Energieverbrauch, sondern auch erhebliche Steigerungen des Wohnkomforts durch ein verbessertes Raumklima.

Oder Tenside im Waschmittel, die dafür sorgen, dass Wäsche auch bei niedrigen Temperaturen sauber wird und weniger Energie verbraucht wird. So ließe sich die Liste noch beliebig weiter fortsetzen. Wir haben enorme Wachstumspotenziale, aber umgekehrt auch eine große Verantwortung, nachhaltige Produkte und Lösungen zu entwickeln.

Was tun sie, um Lieferketten nachhaltig zu gestalten?

Für uns zählt verantwortungsvolles Handeln entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Wir wählen daher Spediteure, Dienstleister und Lieferanten nicht nur unter wirtschaftlichen Aspekten aus, sondern beziehen in unsere Entscheidung ein, wie sie ihrer ökologischen und sozialen Verantwortung gerecht werden.

Deshalb beteiligt sich BASF beispielsweise an der Initiative deutscher Chemieunternehmen „Together for Sustainability“ zur weltweiten Vereinheitlichung von Self-Assessments und Audits von Lieferanten. Entstanden sind ein global einheitlicher Fragenkatalog für Lieferanten sowie einheitliche Kriterien für Lieferantenaudits und -prüfprozesse. Ziel ist es, die Abfrage von Nachhaltigkeitsinformationen, vor allem für die Lieferanten, zu vereinfachen.

Außerdem legt BASF großen Wert darauf, Rohstoffe aus zertifizierten Quellen zu beziehen. Beispielsweise wollen wir Palmöl und Palmkernöl, die zur Herstellung von Produkten für die Kosmetik-, Wasch- und Reinigungsmittelindustrie eingesetzt werden, bis 2015 nur noch aus zertifizierten Quellen beziehen. BASF ist Mitglied im „Runden Tisch für Palmöl“, einer Initiative des WWF, und unterstützt die nachhaltigen Standards für den Anbau von Palmöl.

Was ist das größte Hindernis für die Umsetzung von Nachhaltigkeit?

Nachhaltigkeit ist kein Sprint, sondern ein Langstreckenlauf. Das macht es nicht einfacher. Die Auswirkungen von Entscheidungen zeigen sich oft erst langfristig und ob eine Entscheidung wirklich zu einem nachhaltigeren Ergebnis führt, lässt sich nicht immer sofort erkennen. Ein einfaches Beispiel: Sie leben in Deutschland und wollen einen Apfel essen. Was ist nachhaltiger – ein Apfel aus der Region oder einer aus Übersee? Es kommt auf die Jahreszeit an. Im Frühjahr ist der Apfel aus Übersee nachhaltiger. Es braucht mehr Energie, um den heimischen Apfel Monate nach der Ernte kühl zu lagern, als ihn aus Chile oder Neuseeland zu importieren.

Koppelt Ihr Unternehmen das Gehalt der Führungskräfte an das Erreichen grüner Ziele?

Unser Unternehmenszweck heißt „We create chemistry for a sustainable future“. Damit zeigen wir, dass Nachhaltigkeit integraler Bestandteil unserer Strategie ist. Unsere Führungskräfte machen es sich daher auch zum persönlichen Ziel, den wirtschaftlichen Erfolg, die Energieeffizienz und die Arbeitssicherheit voranzutreiben. Damit tragen sie zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele des Unternehmens bei.

Was tun Sie persönlich, um nachhaltiger zu leben?

Meine Eltern haben mir mitgegeben, sparsam zu sein und mit dem was da ist, sorgfältig umzugehen. Diese Werte gebe ich jetzt als Vater an meine Kinder weiter. In der Praxis heißt das: Zu Hause achten wir auf Energieeffizienz, sind viel mit dem Fahrrad unterwegs und auf den Tisch kommt saisonales Obst und Gemüse aus der Region.

Bisher haben in der WiWo-Green-Serie zum Thema Nachhaltigkeit geantwortet: 

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