Von Iris Pufé. Die Unternehmensberaterin für Nachhaltigkeit lehrt Corporate Social Responsibility (CSR) unter anderem an der Hochschule München. Sie hat mehrere Bücher zum Thema Nachhaltigkeit geschrieben. Iris Pufé schreibt in ihrer Kolumne bei WiWo Green regelmäßig über die Grundlagen von Nachhaltigkeit und die Nachhaltigkeitsdiskussion.
Die gesellschaftliche Wahrnehmung von Nachhaltigkeit ist eng verknüpf mit einem ganzen Strauß an Krisen. Ob Klima-, Wirtschafts- oder Finanzkrise, sie alle haben Firmen in den Fokus der Verantwortung gerückt.
Nicht mehr allein die Politik soll der Garant für eine nachhaltige Entwicklung und ein positives gesellschaftliches Klima sein, – auch von wirtschaftlichen Unternehmungen erwarten die Bürger verstärkt, dass sie ihren Teil beitragen. So schrieb ein Manager-Fachblatt: "Moral, Werte, Vertrauen – das soziale Gerüst stellte früher die Gesellschaft den Unternehmen zur Verfügung. Kostenlos. Heute müssen Unternehmen in diese Faktoren investieren."
Dabei sind Unternehmen nicht nur Auslöser und Ursache für negative Entwicklungen innerhalb der Gesellschaft. Immer stärker begreifen sie sich auch als Teil der Lösung und die Gesellschaft akzeptiert, dass ohne die tatkräftige Unterstützung wirtschaftlicher Akteure kein Vorankommen möglich ist.
Nachhaltigkeit ist im Interesse der UnternehmenAusgelöst hat diesen Sinneswandel eine Reihe von Entwicklungen: Angefangen bei der Globalisierung über die Verschärfung der Umweltgesetzgebungen einzelner Länder hin zum Fachkräftemangel und einem veränderten Konsum- und Nachfrageverhalten auf Seiten der Kunden.
Wenn innerhalb von Firmen heute von Nachhaltigkeit die Rede ist, dann geht es zwar in erster Linie nicht um die Rettung unserer Erde, auch wenn manche Unternehmen ihre noch so dünnen Nachhaltigkeits- und CSR-"Strategien" mit Weltretterpathos in die Medien tragen. Aber Unternehmer machen sich immer mehr Gedanken und sie erkennen: Es ist in unserem eigenen Interesse, mit diesem Trend assoziiert zu werden, steht er doch für Innovationskraft und gelebte Verantwortung.
Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, haben über die letzten Jahre immer mehr Unternehmen Stellen für Nachhaltigkeitsmanager und CSR-Beauftragte geschaffen. Zumeist ist diese Position innerhalb der Kommunikations- und Öffentlichkeitsabteilung angesiedelt.
Innerhalb der Unternehmen sieht sich der Nachhaltigkeitsbeauftragte mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Erwartungen, Arbeitsweisen und Perspektiven konfrontiert. Das Controlling erhofft sich durch Nachhaltigkeitsmaßnahmen Effizienzgewinne und Geldeinsparungen, die Marketingabteilung möchte Inhalte für die diversen Kommunikationskanäle der Firma erhalten und der Vertrieb will ein zusätzliches Verkaufsargument für ihr Produkt.
Schöne PR-Texte reichen nichtZwischen all diesen nicht immer im Einklang zueinander stehenden Anforderungen muss ein Nachhaltigkeitsmanager zu vermitteln wissen – und dies ohne die Prinzipien des Nachhaltigkeitsleitbildes wie Fairness, Transparenz und Inklusion einzubüßen.
Was nützen schöne PR-Texte, wenn die Produktion umweltschädlich und ressourcenverschwendend weitergeht? Was nützt ein Ökolabel, wenn es vom Kunden nicht als glaubwürdig anerkannt und mit dem Kauf honoriert wird? Das Nachhaltigkeitsengagement einer Firma ist nur dann erfolgreich, wenn es von all ihren Abteilungen mitgetragen und dadurch authentisch ist.
Dabei ist nicht einmal sicher, ob der Nachhaltigkeitsmanager überall im Unternehmen gern gesehen ist. Neuerungen an althergebrachten Strukturen bringen Verunsicherung mit sich und führen mitunter zu Abwehrreaktionen unter den Kollegen.
„Bisher sind wir doch auch ohne großes Umwelt-Tam-Tam sehr erfolgreich gewesen“, schlägt ihm oder ihr da in BAU(business-as-usual)-Manier entgegen. Sollten wir uns nicht auf unser Kerngeschäft konzentrieren statt zu versuchen, die Probleme der Welt zu kurieren?
So oder so ähnlich mag sich manch einer innerhalb der Belegschaft fühlen. Nicht ganz zu Unrecht, denn ein Unternehmenswandel erfordert einen Wandel in den Köpfen aller Mitarbeiter.
CSR-Manager sind auf Unterstützung angewiesenDie Kontrolle durch einen Umweltbeauftragten ist in diesem Fall unerwünscht. Deshalb muss der Nachhaltigkeitsmanager nicht nur Vermittler, er muss auch Informant sein. In seiner Verantwortung steht es, die Beweggründe für ein verstärktes gesellschaftliches Engagement und die Beteiligung an Umweltprojekten zu klären und erklären.
Die Unterstützung der Führungsebene ist hier das entscheidende Kriterium. Geht sie mit leuchtendem Beispiel voran – zum Beispiel, indem sie Entscheidungswege für Effizienzmaßnahmen verkürzt, Videotelefonie zwischen den Standorten vorantreibt oder gute Vorschläge aus der Belegschaft wertschätzend sichtbar macht?
Unabhängig von den Fähigkeiten der Person wird keiner erwarten können, dass ein einzelner Mitarbeiter die Unternehmensphilosophie von Grund auf neu denkt und auf Nachhaltigkeit trimmt. Im nächsten Teil meiner Kolumne werde ich deshalb näher darauf eingehen, welche Rahmenbedingungen das Schaffen eines Nachhaltigkeitsbeauftragten wirksam werden lassen.
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