Naomi Klein "Umweltschützer sind schlimmer als Klimaskeptiker"

Die Buchautorin Naomi Klein rechnet mit großen Naturschutzorganisationen ab. Ihr trockenes Fazit: Sie sind überflüssig.

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Der Regisseur und Buchautor Wilfried Huismann hat sich unter Umweltschützern nicht gerade beliebt gemacht. Erst sein Dokumentarfilm „Der Pakt mit dem Panda“ und dann noch das „Schwarzbuch WWF“ – in beiden Werken ist sein Urteil vernichtend: Umweltorganisation verraten ihre Klientel.

Naomi Klein, Umweltaktivistin und Bestseller-Autorin ("No Logo", "The Shock Doctrine"), setzt sogar noch einen drauf. In ihrem neusten Buch (noch nicht veröffentlicht) seziert die Kanadierin das Versagen großer Umweltorganisationen. Diese haben sich von Industrie-Unternehmen belügen und korrumpieren lassen, so Klein in einem Interview mit dem Blog Earth Island Journal. Auch in Vorträgen und Gastartikel äußerte sie sich in den vergangenen Monaten zum Thema (siehe unten).

Die Naturschutzorganisation WWF klagt sie beispielsweise wegen zweifelhaften Kooperationen mit der Wirtschaft an. Zu den Partnern gehörten unteranderem die Ölkonzerne ExxonMobil und Chevron sowie der Tabakkonzern Philip Morris. Mit der Öl-, Tabak-, und Finanzindustrie unter einer Decke - so lauteten die Vorwürfe. Aktuell arbeitet die Umweltorganisation zum Beispiel mit Edeka, Rewe und Danone zusammen. Deren Produkte tragen das Logo mit dem Panda und werden damit als umweltfreundlich ausgewiesen.

GreenwashingStatt Widerstand zu leisten und auf Missstände aufmerksam zu machen, würden Umweltverbände Unternehmen einen grünen Denkmantel umhängen, so Klein. Naturschützer, die Greenwashing betreiben - diese seien sogar schlimmer als Klimaskeptiker.

Die Gründe für dieses Versagen sieht Klein bereits in den 1980er Jahren. Nachdem die Umweltbewegung in den zwei Jahrzehnten zuvor einen Sieg nach dem anderen errungen habe (Artenschutz, Umweltschutzrichtlinien), verlor sie in den 80ern mit der Wahl von Ronald Reagan zum US-Präsidenten an Rückhalt. Reagan, so erklärt es Autorin Klein, sah in der Umweltbewegung eine neue Form des Kommunismus, den es zu bekämpfen galt.

Damals habe die Ökofront einen entscheidenden Fehler begangen. Statt für ihre Ideale einzustehen, suchte man die Nähe zu Konzernen, um dort Einfluss zu üben. Die Autorin beschreibt sie Situation so: „Es heißt heute nicht mehr `verklagt die Bastarde´, sondern nur noch `arbeitet über gemeinsame Partnerschaften mit den Bastarden´.“

Der SündenfallAls Beispiel nennt sie die Organisationen Sierra Club, National Resources Defence Council und den Environmental Defense Fund. Sie hätten dem umstrittenen und umweltzerstörenden Fracking als Brückentechnologie zugestimmt - in den Augen Kleins der größte Sündenfall in jüngster Zeit. Er führte zu einem immensen Mitgliederschwund bei den genannten NGOs.

Kleins Abrechnung ist, das muss klar gesagt werden, bei weitem keine Kritik an allen Umweltorganisationen.  Greenpeace, Friends of the Earth und 350.org nimmt sie außen vor. Hier gibt es teils sogar Mitgliederzuwächse, vor allem in Deutschland. Denn es gibt gewaltige Unterschiede zwischen den Verbänden - vor allem über Länder hinweg. So hat sich beispielsweise der WWF Amerika für genmanipuliertes Soja ausgesprochen, der deutsche WWF aber dagegen. Die nationalen Büros sind nicht an die Vorgaben des WWF International gebunden.

Kleins Buch (Titel und Veröffentlichung noch nicht bekannt) verspricht einen spannenden Einblick in diese Widersprüche. Wahrscheinlich wird es für viel Gesprächsstoff sorgen. Und vielleicht sogar eine neue Naturschutzorganisation hervorbringen. Earth First! etwa gründete sich inspiriert durch Edward Abbeys Buch "The Monkey Wrench Gang" und trägt sogar den ´monkey wrench`als Logo. 

Wie könnte also die Zukunft des Naturschutzes aussehen? In diesem Video spricht Naomi Klein über die Notwendigkeit einer Massenbewegung:

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