Neuartiges Wellenkraftwerk Wind und Wasser erzeugen gemeinsam Strom

In der belgischen Nordsee baut ein deutsches Unternehmen ein neues Kraftwerk. Es nutzt Wellen und Wind gleichzeitig. Das soll effizienter Strom erzeugen.

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Wind und Wellen - allein damit soll die Anlage Strom im zweistelligen Kilowattbereich erzeugen. (Foto: nemos.org)

Bis 2020 soll in Europa ein Fünftel des Stroms aus erneuerbaren Energien kommen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden allerorts Anlagen errichtet, die Solar-, Wind- oder Wasserkraft nutzen. Ein deutsches Unternehmen geht jetzt einen Schritt weiter und kombiniert zwei dieser Techniken: In der küstennahen belgischen Nordsee baut es im nächsten Jahr ein neuartiges Kraftwerk, das mit Wind- und Wasserenergie gleichzeitig läuft.

Wellenenergie ist zeitlich versetzt zur Windenergie: Wenn der Wind einsetzt, dauert es eine Zeit lang, bis sich Wellen aufbauen. Flaut der Wind wieder ab, laufen die Wellen teilweise noch lange nach. Diesen Rhythmus nutzt das Kraftwerk, um Strom zu erzeugen.

Das Herz der Anlage ist ein länglicher Auftriebskörper mit einer Fläche von 16 Quadratmetern. Er wird mit drei Seilen am Meeresgrund verankert und mit einem zusätzlichen Seil mit einem Generator verbunden, der in einer Höhe von elf Metern am Turm einer Windkraftanlage sitzt.

Drei Seile halten den Schwimmkörper an Ort und Stelle. Ein viertes Seil verbindet ihn mit einem Generator an einer Windkraftanlage. (Foto: nemos.org)

Die Wellen lassen den Schwimmkörper tanzen, sodass das Seil zum Generator mal gestrafft, mal gelockert wird. Ein mechanischer Umsetzer sorgt dafür, dass sich der Generator stets in die gleiche Richtung dreht und Strom erzeugt. Dieser Strom wird in einen nahe gelegenen Netzknoten eingespeist.

Die Leistung liege im „zweistelligen Kilowattbereich“, sagt Jan Peckolt, einer der beiden Geschäftsführer des jungen Duisburger Unternehmens NEMOS, das das Kraftwerk entwickelt hat. Die Anlage in der belgischen Nordsee ist vorerst ein Prototyp, auf den eine kommerzielle Anlage folgen soll. Deren Ertrag soll im dreistelligen Kilowattbereich liegen.

Erfolgreicher Prototyp in Dänemark

Mit Wellenkraftanlagen hat Peckolt jedoch schon Erfahrung – denn die Anlage in Belgien ist nicht die erste, die er gebaut hat. Das erste NEMOS-Versuchskraftwerk läuft bereits am dänischen Limfjord. Mit einem kleineren Schwimmkörper von 3,5 Metern Länge und einem Generator, der in sechs Metern Höhe befestigt ist, ist es zwar deutlich kleiner als sein belgisches Pendant – die Tests waren dennoch alle erfolgreich.

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von Hendrik Bensch

Bevor Peckolt jedoch mit dem Bau des belgischen Kraftwerks begonnen hat, wurde erst noch eine Zwischenstufe eingelegt. An der Universität Duisburg-Essen, aus der NEMOS hervorgegangen ist, ist eine 40 Tonnen schwere und neun Meter hohe Testeinrichtung in Betrieb genommen worden. In diesem weltweit einmaligen Prüfstand werden der Generator und der mechanische Umsetzer getestet, bevor sie der rauen Nordsee ausgesetzt werden.

Die Bewegungen des Schwimmkörpers entstehen natürlich nicht durch echte Wellen, sondern werden simuliert. „Hier wird unter kontrollierten Laborbedingungen geprüft, wie effizient und zuverlässig die zentrale Energiewandlungseinheit funktioniert“, sagt Professor Holger Hirsch vom Fachgebiet für Energiespeicherung und -transport.

Die Technik soll endlich etabliert werden

Bisher wurden zahlreiche Prototypen von Wellenkraftwerken getestet. Die wenigsten kamen jedoch über den Prototyp-Status hinaus, kein einziger Hersteller schaffte es, die Technik wirklich zu etablieren. Peckolt glaubt, dass die NEMOS-Entwicklung besser einschlägt – unter anderem wegen des höheren Wirkungsgrades.

Bisher konnte die Wellenkrafttechnik nie etabliert werden. NEMOS-Geschäftsführer Jan Peckolt will das ändern. (Foto: nemos.org)

Potenzielle Partner für seine Wellenkraftwerke sind für Peckolt etwa Offshore-Windparks. Die Generatoren könnten an den Masten befestigt werden, auf denen die Gondel der Windgeneratoren sitzt. Die NEMOS-Wellenkraftwerke würden dann zwischen den Mühlen tänzeln und zusätzlichen Strom erzeugen, der auf dem gleichen Weg an Land fließen könnte wie der Windstrom.

Die vorhandene Infrastruktur wie etwa Seekabel würde gemeinsam genutzt werden – das würde zu einer besseren Auslastung und dadurch sinkenden Kosten führen. Außerdem gäbe es keinen zusätzlichen Platzbedarf: Die See zwischen den Windgeneratoren ist ohnehin für die Schifffahrt gesperrt und könnte so genutzt werden. Möglich wäre auch der Einsatz an Landungsbrücken von Öl- und Gasterminals, deren Landungsstege oft mehrere hundert Meter ins Meer hineinreichen.

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