
Nachladen in 20 Sekunden: Für Elektrofahrzeuge bisher ein Traum. Selbst Schnellladesäulen benötigen mindestens die Länge einer Kaffeepause, bevor die Batterie es bis zur nächsten Ladesäule schafft - und das ist schon High-Tech. Viele, die elektronisch mobil sind, hängen immer noch Stunden am Stecker.
Vor allem für Busse ist das ein erheblicher Nachteil - den das Schweizer Technologieunternehmen ABB nun lösen will. Mit einer sogenannten Flash-Ladetechnologie, die nun erstmals bei einer Buslinie in der Schweiz zum Einsatz kommt.
Zwölf vollelektrische TOSA-Busse (Trolleybus Optimisation Système Alimentation) des Schweizer Bushersteller HESS, die zwischen den Flughafen in Genf und den Vororten pendeln, werden damit ausgestattet. Für ABB eine "revolutionäre Lösung für geräuscharmen und emissionsfreien Nahverkehr", die ohne Oberleitungen auskommt. Nach Berechnungen des Unternehmens können damit im Vergleich zu den bisher genutzten Dieselbussen bis zu 1000 Tonnen Kohlendioxid (CO2) im Jahr eingespart werden.
Bus mit Arm
Der Elektrobus TOSA sieht auf den ersten Blick wie ein normaler Trolleybus aus. Anstelle der üblichen Stromabnehmerstangen und Oberleitungen hat er jedoch einen beweglichen Arm, mit dem er sich in in der weltweit kürzesten Anschlusszeit von weniger als einer Sekunde mit dem Ladekontakt der Haltestelle verbindet. Während die Passagiere ein- und aussteigen, erhält die Lithium-Titanat-Batterie Nachschub - etwa 20 Sekunden lang. An den Endhaltestellen erfolgt in vier bis fünf Minuten eine vollständige Wiederaufladung. Einen Eindruck vermittelt dieses Video:
Da die Batterie nie völlig entladen wird, soll sie nach ABB-Angaben länger halten. Voraussetzung für die rasante Ladetechnologie ist jedoch eine 600 Kilowatt-Stromleitung. Für die mehrminütige Vollladung werden immerhin noch 400 Kilowatt benötigt. Zum Vergleich: Herkömmliche Schnellladesäulen haben eine Ladeleistung von 50 Kilowatt, normale Ladesäulen nur zwischen elf und 22 Kilowatt.
"Das Stromübertragungssystem ist so ausgelegt, dass Komfort, Gesundheit und Sicherheit der Passagiere gewährleistet sind", betont ABB-Sprecher Markus Gamper. Die Direktkontakttechnologie verhindere Elektromagnet-Feldemissionen, die mit Induktionsschleifen-Ladetechnologien verbunden seien.
Je nach Busroute wird an jeder vierten oder fünften Haltestelle eine Schnellladestation installiert. "Mit dieser Technologie können gleichzeitig die optischen Auswirkungen und die Lärmemissionen reduziert werden. Die Unabhängigkeit der Busse bietet außerdem eine höhere Flexibilität bezüglich der Fahrpläne", so Gamper.
Der erste dieser Elektrobusse wurde auf einer Teststrecke zwischen dem Genfer Flughafen und dem Ausstellungszentrum Palexpo getestet. Nach dem Einsatz im kommenden Jahr werden die Gelenkbusse zu den Hauptverkehrszeiten in beiden Richtungen im 10-Minutentakt verkehren und 10.000 Fahrgäste am Tag befördern. "Das innovative Projekt ist ein Meilenstein für die Zukunft der urbanen Mobilität, indem es einen nachhaltigen sowie umweltfreundlichen Transport ermöglicht und damit zum Wohlergehen unserer Gemeinschaft beiträgt", sagte Luc Barthassat, Staatsrat für Verkehr und Umwelt in Genf.