Eigentlich standen große, klobige SUVs bisher nicht unbedingt für Umweltfreundlichkeit. Zwar verpassen Autobauer wie BMW ihren Stadtpanzern mittlerweile einen grünen Anstrich dank einer Hybrid-Variante. Jedoch verfügen diese Wagen meist lediglich über einen kleinen, zuschaltbaren Elektromotor mit entsprechend schwach dimensionierter Batterie - mehr als 50 Kilometer Elektroreichweite sind da selten drin.
Mit einem SUV ohne Klimaschaden zu fahren, das war bisher also nicht wirklich möglich. Das will die kalifornische Stromerschmiede Tesla mit ihrem neuen Model X ändern – einem SUV, der seine PS ausschließlich aus einem Elektromotor zieht.
Die Erwartungen an den neuen Wagen sind gewaltig: Analysten der Großbank Morgan Stanley prophezeiten dem Model X kürzlich eine Marktdominanz im SUV-Sgement. Der SUV würde nach dem Verkaufsstart "jeden Autopreis der Fachpresse einheimsen".
Außerdem dürfte Teslas Aktienkurs durch die Einführung des Model X einen neuen Höhenflug erfahren. Die Anteile würden von derzeit rund 280 US-Dollar (rund 213 Euro) auf mindestens 320 US-Dollar (rund 240 Euro) steigen, glauben die Analysten von Morgan Stanley.
Doch wieso sollte gerade ein Wagen aus der Sparte der SUVs, die nicht gerade für ihre Umweltfreundlichkeit bekannt sind, derart für Furore auf dem Automarkt sorgen? Aus einem einfachen Grund, wie die Bankexperten erklären: Tesla habe viel mehr Entwicklungszeit, technisches Know-How und Geld zur Verfügung als es noch beim Model S der Fall war. Dadurch dürfte ein Auto herauskommen, das weniger Fehler als der Vorgänger hat und gleichzeitig mehr fürs Geld bietet. Tesla-Chef Elon Musk kündigt mit dem Model X ein Auto an, das keinen Service mehr braucht. Sprich, außer bei einem Unfall nicht kaputt geht.
Der Preis des Model X ist bisher nicht bekannt, allerdings geht man bei Morgan Stanley davon aus, dass die Preisempfehlung rund fünf bis zehn Prozent über dem Preis des Model S liegen dürfte. Dieses startet bei rund 71.000 US-Dollar (ca. 54.000 Euro). Allerdings dürften viele Features, die beim Model S noch teure Sonderausstattung waren, beim E-SUV standardmäßig dabei sein.
Dass Tesla bisher schon mehrfach den Verkaufsstart des Model X verschoben hat, tut dem Lobgesang von Morgan Stanley keinen Abbruch. Denn auch wenn der Wagen nun erst Anfang 2015 in die Läden kommen soll, was einer Verzögerung von sechs bis neun Monaten entspricht, glaubt man bei Morgan Stanley, dass schon Ende 2016 das Model X das Model S bei den Verkaufszahlen überholt haben wird.
Morgan Stanley ist zwar schon länger dafür bekannt, äußert positiv über die Marktaussichten von Tesla zu berichten, aber ein derartiger Enthusiasmus für ein neues Auto von Seiten einer Großbank ist dennoch ungewöhlich. Und nicht ganz uneigennützig. Die Banker von Morgan Stanley nämlich haben bei einigen Finanzierungs-Projekten schon für Tesla gearbeitet.
Erste Zahlen scheinen den Analysten jedoch Recht zu geben. Schon mehr als 12.000 Interessenten haben sich einen E-SUV reserviert, wie der Gas2-Blog berichtet. Und das, obwohl bisher nicht einmal Testwagen zur Verfügung stehen.
Hier dürfte auch der Knackpunkt für den Erfolg des Model X liegen: Der große Erfolg des Model S und seine bahnbrechenden Innovationen, wie eine vergleichsweise große Reichweite von bis zu 400 Kilometern, schüren große Erwartungen für den SUV. Und auch wenn der Bolide mit grünem Strom fährt und deshalb sehr viel umweltfreundlicher unterwegs ist als die Konkurrenz: die Frage bleibt, ob es wirklich sinnvoll ist, mehr als zwei Tonnen Metal durch die Gegend zu bewegen, um von A nach B zu kommen.
Laut Angaben von Morgan Stanley sollen erste Testfahrten des Model X schon in wenigen Tagen starten – dort dürfte sich abzeichnen, ob das Model X genau so erfolgreich wie das Model S werden könnte.
Bleibt am Ende noch eine ganz andere Frage, die in den kommenden Jahren über den Erfolg von Tesla entscheiden wird: Ob die neue Giga-Fabrik, die Tesla für bis zu fünf Milliarden Dollar im US-Bundesstaat Nevada bauen will, tatsächlich ein so großer Erfolg wird, wie Tesla-Chef Musk glaubt? Mit der Fabrik will Tesla die Preise für die Akkus in Elektroautos drastisch reduzieren und sie damit wirklich konkurrenzfähig zu herkömmlichen Benzinern machen.
Erste Zweifler gibt es. Die Analysten von Lux Research glauben, dass sich der Autobauer, der kürzlich noch den japanischen Technikgroßkonzern Panasonic für den Bau an Bord holte, mit dem Projekt verheben könnte, schreibt Lux Research in einem Report. Denn die Einsparungen durch die Massenproduktion der Akkus seien nicht so groß, wie Tesla behauptet. Und wenn das neue Massenmodell, das der Autobauer unter dem Namen Tesla 3 auf den Markt bringen will, zu teuer wird, könnten die Absatzzahlen schlechter ausfallen als erwartet. Das würde wiederum zu einer zu niedrigen Auslastung der Giga-Fabrik führen und zu sehr niedrigen Renditen für den Investor Panasonic.
Noch ist das alles Zukunftsmusik. Ob die Kunden Tesla weiter auf dem Weg folgen, Elektroautos massenmarktfähig zu machen, wird das Model X zeigen.