Italienische Landwirte und Einzelhandelsbetriebe werden es in Zukunft einfacher haben, unverkaufte Lebensmittel an Hilfsorganisationen weiterzugeben. Auch sollen Restaurantbesitzer ihre Gäste unkomplizierter zu einem erhöhten Gebrauch von “Take-away-Boxen” bewegen können.
So sieht es ein vergangene Woche in Italien verabschiedetes Gesetzespaket vor, um die jährlich rund fünf Millionen Tonnen verschwendeter Lebensmittel um mindestens eine Million Tonnen zu reduzieren. Kaum verwunderlich, bedeutet diese Verschwendung für die Unternehmen und Haushalte Italiens doch Kosten in Höhe von rund zwölf Milliarden Euro – umgerechnet rund ein Prozent des BIP.
Sechs Millionen Italiener auf Lebensmittelspenden angewiesen
In Anbetracht der enormen Staatsverschuldung, hoher Arbeitslosigkeit sowie mehrerer Millionen in Armut lebender Italiener ist das Ausmaß der Lebensmittelverschwendung in der Tat keiner Weise zu rechtfertigen. Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums sind rund sechs Millionen Italiener auf Lebensmittelspenden angewiesen.
Erst kürzlich hatte das oberste Gericht des Landes in einem aufsehenerregenden Fall dafür gestimmt, dass der Diebstahl kleiner Mengen an Lebensmitteln aufgrund von Hunger kein Verbrechen sei.
Steuerliche Anreize für Unternehmen
Mit dem Gesetz folgt man in seinem Engagement Frankreich, welches bereits vor rund einem halben Jahr ähnliche Maßnahmen beschlossen hatte. Im Gegensatz zum französischen Vorbild drohten Supermärkten jedoch keine Sanktionen, sollten sie sich nicht an die neuen Regeln halten. Stattdessen versucht man durch Anreize wie Steuererleichterungen Unternehmen dazu zu bewegen, Lebensmittel nicht zu verschwenden.
Das mit überwältigender Mehrheit im italienischen Senat verabschiedete Gesetzespaket sieht es beispielsweise vor, Lebensmittel auch noch nach Überschreiten des Verkaufsdatums spenden zu können. Auch fehlerhaft gekennzeichnete Waren dürfen nun weitergegeben werden.
Übrig gebliebenes Essen aus dem Restaurant mitnehmen
Der vermeintlich brisanteste Gesetzesinhalt ist jedoch das Vorhaben, Italiener zu einer vermehrten Nutzung von „Doggy Bags“ zu ermutigen. Durch die Bezeichnung „Family Bag“ will man Leuten das kulturell geprägt ungute Gefühl nehmen, nicht verzehrtes Essen aus einem Restaurant mit nach Hause zu nehmen.
Das Landwirtschaftsministerium hat für eine entspreche Kampagne einen Zuschuss von einer Millionen Euro zugesichert. Ginge es nach Umwelt-Unterstaatssekretärin Barbara Degani solle dies künftig sowieso als tugendhaftes Verhalten gelten.
Der vor kurzem zum besten Koch der Welt gewählte Massimo Bottura ist schon länger einer der bekanntesten Aktivisten des Landes in dieser Sache. Während der Olympischen Spiele in Rio plant der italienische Sternekoch eine "Anti Waste"-Gemeinschaftsküche – hier will er mit der brasilianischen Non-Profit-Organisation Gastromotiva ab 9. August die Lebensmittelreste der Großveranstaltung für Menschen aus den Favelas verkochen.