Neues Messverfahren Grillkohle ohne Tropenhölzer

Hamburger Forscher haben ein einfaches Verfahren entwickelt, um die Herkunft von Kohle zu erkennen - das dürfte Grillfeste künftig deutlich grüner machen.

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Niemand möchte absichtlich Tropenhölzer verbrennen - ein neuer Test soll Verbraucherschützern und Supermärkten nun dabei helfen, diesem Wunsch nachzukommen. Quelle: dpa

Manches Grillfest dürfte dieses Jahr ins Wasser gefallen sein – dennoch importieren Händler auch dieses Jahr wieder etwa 230.000 Tonnen Holzkohle nach Deutschland, die in Parks und auf Balkonen verfeuert wird.

Nur ein kleiner Anteil der Grill-Kohle stammt nämlich aus der Bundesrepublik - der Großteil kommt aus Osteuropa oder aus Südamerika. Gerade wenn die Grillkohle aus Paraguay oder Argentinien stammt, hat der Halloumikäse oder das Steak einen schalen Beigeschmack: Musste für das Grillgut etwa Regenwald weichen?

Dass sich hinter den schwarzen Brocken edle Regenwaldhölzer verstecken, ist gar nicht so selten, wie man hoffen könnte. Und selbst die Händlerangabe "Made in Germany" oder eine deutsche Herstelleradresse geben keine Sicherheit. Für diese Prädikate reicht es schließlich, dass das Heizmaterial in Deutschland abgefüllt wurde.

Irreführend ist auch die Bezeichnung „mineralischen Ursprungs“, die oftmals bedeutet, dass Braunkohle als Rohstoff diente. Bei dessen Verbrennung entsteht besonders viel Kohlendioxid und Schwefeldioxid. Für einen klimafreundlichen Grillabend sind also auch diese Briketts nicht zu empfehlen. Und es geht noch schlimmer

Regenwald in der Kohle und stolz darauf

Manche Hersteller werben sogar mit dem tropischen Ursprung ihrer Rohstoffe, etwa dem Quebracho-Baum, auf dessen Rauchgeschmack manche Grillfans schwören. Das Problem: Für diesen Geschmack wird der berühmte Chaco-Wald in Argentinien abgeholzt.

Zwar bleiben Viehzucht und Sojaanbau die Hauptantriebe für dessen Rodung, doch die Holzkohleproduktion bietet eine attraktive Nebeneinkunft und finanziert das Abholzen. Inzwischen ist der Quebracho-Baum so selten geworden, dass er auf der Roten Liste der Weltnaturschutzorganisation IUCN steht. Das Grillen unterstützt im schlechtesten Fall die Rodungen zweifach: durch die Nachfrage des Fleisches und der Kohle.

Das Magazin Ökotest hat bereits Regenwaldholz bei vielen Kohleproduzenten nachweisen können - in Einzelfällen sogar bei Kohle, die mit diversen Siegeln, etwa dem Forest Stewardship Council (FSC) ausgezeichnet wurde. Bislang war die Suche nach solchen Spuren aufwendig – künftig soll ein neues Verfahren die Herkunft unkompliziert bestimmen.

Selbst Händler am Kohle-Test interessiert

Forscher am Thünen-Kompetenzzentrum Holzherkünfte in Hamburg haben dafür ein neues Verfahren etabliert. Mit Hilfe einer neuartigen Mikroskopiertechnik überprüfen sie einzelne Kohlestücke halbautomatisch. Dabei fällt polarisiertes Licht auf die Oberfläche der Kohlestücke, ein spezielles Mikroskop scannt dann die raue Oberfläche des Objekts ab und setzt daraus ein detailliertes Bild zusammen. Anhand der abgebildeten Feinstruktur auf diesen Bildern können die Wissenschaftler bestimmen, ob das Kohlestückchen früher eine Eiche, eine Buche oder etwa ein Tropenbaum war.

Das neue Verfahren interessiert nun viele Supermärkte, Behörden und Verbraucherschutzeinrichtungen, wie den Konsumentenschutz der Arbeiterkammer Oberösterreich, die Grillkohle von 18 verschiedenen Anbietern überprüfen ließ. Mit Erfolg: In drei Proben fanden die Hamburger Forscher Tropenhölzer, bei drei weiteren entsprachen die gefundenen Hölzer nicht den Deklarationen auf der Packung.

Doch nicht nur Kontrollbehörden überprüfen Holzprodukte, auch Baumärkte und Discounter wollen zunehmend auf Nummer sicher gehen. "Holzkohle unterliegt zwar nicht der EU-Holzhandelsverordnung, die festlegt, dass in die EU importierte Hölzer und Holzprodukte aus legalem Einschlag stammen müssen", erklärt Gerald Koch, am Thünen-Institut Experte für die Holzartenbestimmung. "Dennoch wäre es natürlich Verbrauchertäuschung, wenn Angaben auf den Holzkohleverpackungen nicht stimmen würden."

Untersuchungen im großen Maßstab möglich

"Bislang war es Wissenschaftlern nur in Einzelfällen und mit großem Aufwand möglich, bei Holzkohlefragmenten auf das zugrunde liegende Holz zu schließen, etwa bei archäologischen Funden", sagt Gerald Koch. "Durch die neu entwickelte Kombination von Mikroskopier- und Bildanalysetechnik mit unseren holzanatomischen Präparaten sind wir nun erstmals in der Lage, entsprechende Untersuchungen auch routinemäßig in größerem Maßstab durchzuführen", so Koch.

Nun müssen diese Überprüfungen nur bezahlt werden – dann kommen harte Zeiten auf betrügerische Holzkohleproduzenten zu.

Alternativen zur Grillkohle

Wer neben der Biodiversität auch das Klima schützen will, sollte nicht nur auf die Herkunft der Kohle, sondern auch auf das Grillgut achten. Laut Umweltbundesamt werden etwa 95 Prozent der klimarelevanten Emissionen durch das Grillgut produziert. Gerade Rindfleisch besitzt einen großen Rucksack an Emissionen und Ressourcen. Hier hilft der Gemüsespieß.

Ein Grill ruiniert den eigenen CO2-Fußabdruck aber selbst bei klimafreundlichem Essen: Der Einweggrill hat eine dermaßen schlechte Umweltbilanz, dass Umweltfreunde hier zuerst ansetzen sollten.

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