"Newcycling" Neues Konzept bereitet Plastikmüll zu Granulat auf

Der Großteil des Plastikmülls kommt aus der Industrie. Meist wird er verbrannt, denn Recycling ist teuer. Ein Unternehmen aus Merseburg will das ändern.

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In der Newcycling-Anlage von APK werden gewerbliche Kunststoffe in ihre Einzelteile zerlegt - wie genau, bleibt Betriebsgeheimnis. (Foto: APK Aluminium Kunststoff AG)

Kunststoff ist ein echter Allrounder: Ob als Plastiktüte, Kugelschreiber oder Badelatschen – der Alltag ist ohne Plastik gar nicht mehr vorstellbar. Knapp 58 Milliarden Euro setzt die deutsche Industrie mit Kunststoffen aller Art um. Der Nachteil: Dabei entstehen knapp sechs Millionen Tonnen Kunststoffabfälle.

Dieser Müll wird zum Großteil verbrannt, nur 43 Prozent werden recycelt. Auf Kommunen- und Landkreisebene wird zwar bereits die Wertstofftonne getestet und eingesetzt. Das höchste Potenzial für die Wiederverwertung haben aber vor allem gewerbliche Kunststoffabfälle. Sie fallen meist als Gemische an und werden bisher kaum recycelt – sie zu verbrennen, ist günstiger.

Ein Markt, in den die APK Aluminium Kunststoff AG mit einem neuen Verfahren einsteigen will. „Newcycling“ nennt das Unternehmen aus Merseburg das Prinzip, bei dem Verbundmaterialen in ihre Bestandteile zerlegt werden. Gelöst werden sie mit Hilfe eines neuen chemisch-physikalischen Verfahrens, das über Druck und Temperatur funktioniert.

Granulat zum kleinen Preis

Übrig bleibt Granulat, das an Kunststoffhersteller verkauft und wie Neuware behandelt wird – wegen des geringeren Energieaufwands bei der Herstellung ist es aber günstiger. Nur im Lebensmittelbereich darf es bisher nicht eingesetzt werden, da dafür besondere Genehmigungen erforderlich sind.

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von Ruth Herberg

APK will erst einmal klein anfangen. Mit einigen ausgesuchten Abnehmern wird der Einsatz zurzeit getestet, um Erfahrungen zu sammeln. Marktreif werden soll das „Newcycling“ im kommenden Jahr. Vorerst hat sich der Betrieb auf die Trennung von Polyethylen (PE) und vor allem von Low-Density-Polyethylen (LDPE) in Mehrschichtverpackungen spezialisiert. Auch eine Verbindung von PE mit Aluminium kann mittels dieses Verfahrens gelöst werden. „Das ist aber noch in der Entwicklungsphase“, sagt Vertriebs- und Marketingleiter Florian Riedl.

In Zukunft soll der Kreislauf geschlossen werden

Das Verfahren ist so aufgebaut, dass das Lösemittel in dem Prozess über einen längeren Zeitraum wiederverwendet werden kann. Welches Lösemittel genau für das Abtrennen von Polyethylen eingesetzt wird, ist ein Betriebsgeheimnis – „es ist aber unkritisch und nicht im Endprodukt enthalten“, verrät Riedl.

Der Großteil des Plastikmülls kommt aus der Industrie. Ihn zu verbrennen, ist günstiger als ihn zu recyceln. Die APK AG will das ändern. Quelle: dpa

Aus Sicht des Marketingleiters ist das Lösen und Trennen einzelner Kunststoffe ein Zukunftsmarkt – der Anwendungsbereich für Mehrschichtverpackungen wird größer, ihre Menge nimmt zu. Mit mechanischen Recyclingverfahren lassen sich diese jedoch nicht trennen. „Das chemische Verfahren bietet daher die Möglichkeit, aus den Abfällen von Mehrschichtfolien wieder sortenreine, hochwertige Re-Granulate zu generieren“, so Riedl. Die Nachfrage danach wachse.

Rein theoretisch kann das aus dem Newcycling-Granulat hergestellte Produkt erneut bei APK recycelt werden. Noch ist das aber ein Zukunftsthema, sagt Riedl: „Theoretisch ist aber denkbar, den Kreislauf zu schließen.“ Für die Zukunft sei das angedacht.

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