Der weltweite Solarboom ist auf Sand gebaut: Silizium - das Halbleitermaterial steckt in mehr als 95 Prozent aller weltweit verkauften Photovoltaikmodule - wird aus Quarzsand gewonnen.
Mit dem Bau vieler neuer Produktionsstätten ist Silizium in den letzten Jahren deutlich günstiger geworden. Zugleich haben die Hersteller der Silizium-Solarmodule ihre Fertigung gestrafft und die Zellen effizienter gemacht. Das Ergebnis: Die bläulich oder anthrazit schimmernden Module kosten heute bezogen auf die Leistung nur noch ein Drittel dessen, was Kunden vor sechs Jahren bezahlen mussten.
Doch nun könnte der Silizium-Photovoltaik echte Konkurrenz erwachsen. Forscher des US-Modulherstellers First Solar haben jetzt mit einer so genannten Cadmiumtellurid-Dünnschichtzelle im Labor einen Wirkungsgrad von 22,1 Prozent erzielt - und damit die Effizienz der besten Polysiliziumzelle übertroffen.
Das ist bemerkenswert, weil die Dünnschicht-Photovoltaik ihrer Silizium-Konkurrenz beim Wirkungsgrad bislang nie das Wasser reichen konnte. Wie beim Rennen zwischen Hase und Igel war die Silizium-Fraktion der Dünnschicht-Industrie bei jeder technischen Weiterentwicklung immer zwei, drei Schritte voraus. Doch zuletzt waren die Effizienzgewinne bei der Silizium-Photovoltaik nur noch gering, während die Wirkungsgrade der Cadmiumtellurid-Technologie in den letzten drei Jahren sprunghaft gestiegen sind.
Technologie ursprünglich aus DeutschlandDass man mit Cadmiumtellurid Strom erzeugen kann, ist keine neue Erkenntnis. Schon vor fünfzig Jahren haben deutsche Forscher solche Solarzellen entwickelt. Gegen die Silizium-Photovoltaik konnte sich das Konzept in der Breite jedoch nie durchsetzen. "Mit den jüngsten technischen Fortschritten ist Cadmiumtellurid wieder in den Fokus gerückt", erklärt Greg Wilson, Solarexperte am US-amerikanischen National Renewable Energy Laboratory (NREL).
Bei dieser Technologie wird Cadmiumtellurid als hauchdünne Schicht auf eine Glasplatte aufgetragen. Dabei gibt es noch Spielraum für Verbesserungen. Ende letzten Jahres betrug der Wirkungsgrad der Module aus den First-Solar-Fabriken durchschnittlich 16,1 Prozent. "Mittelfristig rechnen wir mit einem Wirkungsgrad von über 19 Prozent", sagt Nick Strevel aus der Forschungsabteilung von First Solar. Dafür gebe es mehrere Ansatzpunkte - etwa eine exaktere Produktion durch eine bessere Lasertechnologie zum Beispiel, so Strevel.
Kosten sinken weiter rasantKann die Cadmiumtellurid-Technologie Silizium aber auch beim Preis schlagen? First Solar gibt an, dass die Produktionskosten ihrer Module pro Watt Leistung Ende 2015 bei unter 0,45 Dollar lagen. Damit sind sie erstmals billiger als Polysilizium-Module chinesischer Hersteller, die nach einer Studie der Marktforscher von IHS für 0,47 Dollar produzieren.
Laut dem Wirtschaftsdienst Bloomberg rechnen Analysten damit, dass die Kosten von First Solar in den nächsten drei Jahren sogar auf 0,25 bis 0,28 Dollar fallen könnten, während bei der Polysilizium-Photovoltaik das Ende der Fahnenstange erreicht sei.
Allerdings: An den Machtverhältnissen auf dem Solarmarkt dürfte sich damit zumindest kurz- und mittelfristig nicht viel ändern. Allein schon deshalb, weil die Produktionskapazitäten für Cadmiumtellurid-Module derzeit noch sehr gering sind - neben First Solar gibt es nur wenige weitere Hersteller, die zudem deutlich kleiner sind. Neue Kapazitäten zu schaffen ist für sie eine echte Herausforderung, weil sie die Produktionstechnologie nicht einfach von der Stange kaufen können.
Zudem schmilzt der Preisvorteil der Cadmiumtellurid-Technologie dahin, wenn man die Gesamtkosten eines Photovoltaiksystems betrachtet. Bei Solarparks zum Beispiel machen die Module nur ein Viertel davon aus. Größter Brocken sind die Kapitalkosten. Auch die Wechselrichter, die Montagegestelle und die Installation selber fallen hier zusammen genommen stärker ins Gewicht als die Module.