Pioniere der Wärmewende Die Fordsiedlung in Köln

Pioniere versuchen schon heute, die Fragen der Wärmewende zu beantworten: Einer der Vorreiter ist die westfälische Wohnungsgesellschaft LEG.

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Mit der Energiewende hat sich Deutschland ein gigantisches Projekt vorgenommen. Bisher wird darunter vor allem die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien verstanden. Eigentlich wäre eine Wärmewende aber noch viel wichtiger. Denn fürs Heizen und den Wärmebedarf der Industrie wird in Deutschland mehr als doppelt so viel Energie verbraucht wie bei der Produktion von Strom.

Wie die Wärmewende funktionieren könnte, zeigt die Immobilienfirma LEG in Köln-Niehl. Dort sanierte sie rund 300 Wohnungen in einer Siedlung aus den 50er Jahren, die einmal für Arbeiter des Autobauers Ford errichtet worden waren.

27 Millionen Euro investierte die LEG in ein modernes Wärmekonzept. Dadurch sank der Wärmebedarf um mehr als 80 Prozent. Während die Heizkosten in Deutschland im Schnitt bei 1,16 Euro pro Quadratmeter liegen, sind es in der Ford-Siedlung heute nur noch 45 bis 50 Cent.

Am meisten aber glänzt die Siedlung bei der Reduzierung des CO2-Ausstoßes: Früher waren es rund 3000 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr, heute sind es nur noch 180 Tonnen. Das eigentliche Ziel der Energiewende, der Kampf gegen den Klimawandel, ist hier also voll erreicht.

Möglich wurde das durch eine konsequente Dämmung, neue Fenster und Türen sowie drei Technologien:  Solarthermie, Pufferspeicher und sogenannte Wohnungsstationen.

Alle Dächer der Siedlung in Köln-Niehl bekamen Solarthermie-Kollektoren auf die Pultdächer der aufgestockten Maisonette-Wohnungen. Das heiße Wasser, das sie erzeugen, wird in drei riesigen Pufferspeichern gesammelt. Sie sind in den Grünanlagen zwischen den Häuserblocks vergraben. Wenn die Kollektoren nicht genug Wärme erzeugen, springen Gas-Brennwertkessel ein.

Den Dänen fiel mehr ein als ein SonntagsfahrverbotDer Clou in der Ford-Siedlung aber sind die sogenannten Wohnungsstationen der dänischen Firma Danfoss. Um ihr Konzept zu verstehen, muss man 40 Jahre zurückblicken.

Damals, in den 70er Jahren, schockte die Ölkrise ganz Europa. Während der Regierung in Deutschland nichts anderes einfiel, als Sonntagsfahrverbote zu erteilen, beschloss Dänemark, auf Öl für Heizzwecke ganz zu verzichten und investierte massiv in den Ausbau der Fernwärme. Heute beträgt die Anschlussquote in Dänemark mehr als 60 Prozent aller Haushalte. In Deutschland sind es gerade einmal 16 Prozent.

Fernwärme ist kurz gesagt heißes Wasser, das bei der Stromerzeugung in einem Kraftwerk anfällt. Oft wird das Wasser einfach als Dampf durch einen Kühlturm in die Umwelt entlassen. Man kann es aber auch nutzen, um Häuser und ganze Stadtteile zu beheizen. So wird die Wärme nicht verschwendet.

Das Fernwärmewasser ist meist sehr heiß und mit hohem Druck unterwegs. Deshalb braucht man Übergabestationen, um die Heizkörper in Wohnungen damit zu versorgen. Es gibt große Hausstationen und kleine Wohnungsstationen. Im neuen Nahwärmenetz der LEG sind Temperatur und Druck des Heizwassers so niedrig, dass die Übergabestationen in den Wohnungen direkt angeschlossen werden können.

Weil das Wasser aber nicht so heiß ist, gibt es ein anderes Problem: Legionellen. Diese Bakterien, die beim Duschen eingeatmet und die gefürchtete Legionärskrankheit verursachen können, vermehren sich in warmem Wasser sehr schnell. Es darf also nicht direkt aus den Warmwassertanks in die Duschen oder Wasserhähne fließen.

Kurze Leitungen gegen LegionellenDeshalb wird das Trinkwasser in den Wohnungen der Fordsiedlung durch Wärmeübertragung in den Wohnungsstationen erwärmt. Aber auch hier gelten Vorschriften zur Vermeidung von Legionellen. Das Leitungsvolumen zwischen Wohnungsstation und den Zapfstellen muss weniger als drei Liter betragen. In diesem Fall, so die gesetzliche Vorschrift, brauchen die Anlagen keine regelmäßigen Legionellen-Prüfungen zu bestehen. Je nach Querschnitt der Kupferrohre kann die Länge rund 10 bis 20 Meter betragen. Das reicht, um alle Zapfstellen in einer Wohnung zu erreichen.

Insgesamt ist es also gar nicht so schwer nachzumachen, was in der Ford-Siedlung in Köln-Niehl schon geht. Die Technologien sind da – man muss sie nur nutzen.

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