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Plan für Hunderte neue Stromtankstellen Berlin bald Paradies für E-Autos?

In Berlin soll sich die Zahl der Ladesäulen für Elektroautos verdreifachen. Auch die Abrechnung an den Säulen wird einfacher.

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Dass Deutschland nicht gerade ein Paradies in Sachen Stromzapfsäulen für Elektroautos ist, zeigt ein Blick auf die Karte von Chargemap.com, eine Plattform, die öffentliche Steckdosen für E-Autos weltweit listet: Während in Deutschland rund 3000 Ladestellen für Stromerfahrer zur Verfügung stehen, sind es im wesentlich kleineren Nachbarland Niederlande schon mehr als 5.500.

So ist es nicht nur die oftmals geringe Reichweite der Elektroautos, die viele vom Kauf eines Stromers abhält, sondern auch die Sorge, mit einem leeren Akku im Nirgendwo stehen zu bleiben, die nächste zugängliche Stromquelle kilometerweit entfernt.

Bis 2020 dreimal so viele Ladepunkte wie heuteDiese Sorge will das Bundesland Berlin seinen Bürgern jetzt nehmen und plant einen massiven Ausbau der Ladeinfrastruktur. Während aktuell rund 500 Stromtankstellen in der Stadt zur Verfügung stehen, sollen bis 2016 weitere 400 Lademöglichkeiten hinzukommen, außerdem sind rund 20 neue Punkte geplant, an denen die Stromer mittels Gleichstrom in Minutenschnelle aufgeladen werden, berichtet die Berliner Zeitung.

Mit dem Ausbau schafft das Bundesland Berlin ein Novum: Erstmals wird von öffentlicher Hand ein großangelegtes Projekt zum Ausbau der Ladeinfrastruktur finanziert. Nach einer öffentlichen Ausschreibung mit 28 Bewerbern erhielt das deutsch-niederländische Konsortium Alliander kürzlich den Zuschlag zum Bau und Betrieb der Anlagen, zunächst bis 2020.

Außerdem ist vertraglich geregelt, dass Alliander bei entsprechendem Bedarf bis zu 700 weitere Ladepunkte errichten und in Betrieb nimmt. Im Gegenzug kann der Konzern mit seinen beiden Projektpartnern TheNewMotion und der Allego auf bis zu 6.5 Millionen Euro an öffentlichen Zuschüssen zählen, wie die Berliner Morgenpost berichtet. Das bedeutet im Extremfall: Bis 2020 hat Berlin rund 1.600 Ladepunkte, mehr als dreimal so viele wie heute.

Auch zwei Berliner Startups sind an dem Großprojekt beteiligt. Die Firmen Ebee und Ubitricity bieten Technik an, die Laternenpfähle zu Ladepunkten umfunktioniert. „Sie dürfen auf eigene Kosten, ohne Zuschüsse vom Land, zu Testzwecken jeweils bis zu 100 Ladepunkte an Straßenleuchten einrichten", erklärt Verkehrs-Staatssekretär Christian Gaebler (SPD) gegenüber der Berliner-Zeitung. Jedoch seien viele Straßenlaternen Berlins technisch nicht für solch eine Umrüstung ausgelegt, außerdem dauere das Laden recht lange, heißt es weiter von Seiten des Senats.

Dass Berlin die beiden Jungunternehmen aus der Stadt nicht mehr fördert, sondern ihnen nur gönnerhaft  "erlaubt", ihre Technik einzusetzen, kann durchaus als größte Verfehlung des Plans gelten (wo sich doch die Stadt immer als Startup-Mekka präsentiert). Denn ihre patentierte Technik könnte künftig im Ausland zum Kassenschlager werden.

Laden an Laternenpfählen hin oder her: Das "Berliner Modell" könnte ein Vorreiter in Sachen Ladeinfrastruktur in Deutschland werden. Ein Grund ist die vertragliche Regelung, die eine einheitliche Bezahlmöglichkeit garantiert und auch Drittanbietern ermöglicht, sowohl von Ladeinfrastruktur wie auch E-Autos, das neue Netz zu nutzen.

Einheitliche Bezahlmöglichkeit festgelegtSo könnten Anbieter anderer Ladenetze ein Teil der neuen Berliner Ladeinfrastruktur werden, gleichzeitig könnten Automobilhersteller auf "ver­trag­li­cher Grund­lage ihren Kun­den Zugang zu allen Lade­ein­rich­tun­gen die­ser ein­heit­li­chen Ber­li­ner Infra­struk­tur ermög­li­chen", berichtet Der Energieblog.

Besonders das einheitliche Bezahlsystem, das mittels speziellen Chipkarten, sogenannten RFID-Karten, möglich sein soll, hat Charme. So könnte auch das Nahverkehrsticket des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg in eine Karte zum Stromerladen umfunktioniert werden. Bus- und Bahnfahren und mit der selben Karte das E-Auto laden - das klingt nach einem ersten Schritt in Richtung intelligenter Verknüpfung von Verkehrsmitteln.

Die neuen Ladepunkte sollen vornehmlich im Ballungszentrum Berlins, innerhalb des S-Bahnrings, entstehen. Außerdem soll das gesamte System ausschließlich mit Strom aus regenerativen Quellen betrieben werden.

Bereits im März ist BaubeginnMit der neuen, öffentlich bezuschussten Ladeinfrastruktur hofft man in Berlin auf frischen Schwung für die E-Mobilität. "Fehlende Ladeinfrastruktur kann künftig kein Hemmnis mehr sein, sich ein Elektroauto anzuschaffen“, erklärt Burkhard Horn, Leiter der Verkehrsabteilung in der Berliner Senatsverwaltung gegenüber der Berliner Zeitung. Jedoch gehe man davon aus, dass die neuen Ladepunkte vor allem die gewerbliche Nutzung von E-Autos verstärken dürfte, private Nutzer würden später nachziehen.

Jetzt wartet man im Berliner Senat noch auf ausstehende Genehmigungen, im März soll der Bau der neuen Ladepunkte dann beginnen. "Ich bin optimistisch, dass im Sommer eine nennenswerte Zahl von neuen Ladesäulen nutzbar ist", sagt Verkehrs-Staatssekretär Gaebler gegenüber der Berliner-Zeitung.

Derzeit sind weniger als 700 Elektrofahrzeuge in Berlin gemeldet. Demnächst hat also jedes E-Auto in der Stadt seine eigene Tankstelle. Berlin gibt zwar vor, arm zu sein – das wäre aber tatsächlich Luxus. Ob das gleichzeitig der Durchbruch für Elektroautos in Berlin ist, bleibt fraglich. Attraktiver werden sie mit dem Plan auf jeden Fall.

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