Acht Millionen Tonnen Plastikmüll landen jedes Jahr im Meer, PET-Flaschen, Folien oder Tragetaschen. Ihre Zersetzung kann mehrere hundert Jahre dauern, die Folgen sind bekannt: Vögel und Meeressäuger verenden qualvoll, Mikropartikel setzen sich im Wasser ab und können über die Fische auch in die menschliche Nahrungskette gelangen.
Die meisten dieser Plastikabfälle kommen vom Land – Müll, der vermieden werden könnte, wenn er richtig entsorgt oder weiterverwendet würde. Eine Idee, wie man diese Abfälle wiederverwerten und so das Müllaufkommen reduzieren könnte, kommt aus England: Der Londoner Daniel Edwards hat einen 3D-Druckstift erfunden, der ausgediente Kunststoffflaschen, -tüten und -folien nutzt.
Der von ihm entwickelte "Renegade" druckt nicht mit dem üblichen Kunststoff-Filament, sondern mit altem Plastik, das er schmilzt. Das flüssige Plastik kann dann als Druckmaterial verwendet werden, mit dem man Formen und Silhouetten nachfahren kann. Temperatur sowie Druckgeschwindigkeit lassen sich über einen Regler manuell einstellen.
Zwei PET-Flaschen ersetzen 120 Liter Rohöl
Erfinder Daniel Edwards beschäftigt sich beruflich schon länger mit 3D-Duck. Auf die Idee für den Renegade haben ihn, so erzählt er, die Preise für die 3D-Filamente gebracht. Die Kunststoffdrähte, die normalerweise für den 3D-Druck verwendet werden, sind in seinen Augen extrem überteuert. Gleichzeitig gibt es Unmengen an Kunststoff, die die Umwelt vermüllen. Das Plastik ist mit dem Filament-Rohstoff identisch. "Der Renegade ist also das perfekte Werkzeug, mit dem man überteuerte Filamente vermeiden und die Umwelt schützen kann, indem man alltäglichen Plastikmüll für den 3D-Druck verwendet" so Edwards.
Die Plastikbänder, die der "Renegade" benutzt, kann man entweder online kaufen oder selbst herstellen – mit dem ChupaCut, einem eigens von Edwards entwickelten Gerät, das PET-Flaschen schreddert. Nachdem man den Boden der Plastikflasche abgeschnitten hat, setzt man sie auf den ChupaCut. Eine kleine Säge, die auf dem runden Kopf des Gerätes sitzt, schneidet die Flasche dann in unterschiedlich breite Plastikstreifen.
Diese können dann als Druckmaterial für den Renegade verwendet werden. Zwei 1,5-Liter-Plastikflaschen würden dadurch 25 Standard-Filamente ersetzen und 120 Liter Rohöl sparen, so der Erfinder Daniel Edwards. Keine ganz neue Idee (über den Recyclebot, der ähnlich funktioniert, haben wir bereits hier geschrieben), aber eine praktische Ergänzung zum Stift.
Verschiedene Kunststoff-Abfälle nutzbar - wenn die Dicke stimmt
Ein häufiges Problem beim 3D-Druck aus Abfällen ist das Ausgangsmaterial. Nicht jeder Kunststoff ist geeignet, eingeschmolzen und neu geformt zu werden. Der "Renegade" verspricht, neben PET-Kunststoffen auch Polymilchsäuren, ABS (aus dem Lego-Steine bestehen) und Nylon einschmelzen zu können. Das passiert übrigens gleich im Stift - bei Temperaturen von 50 bis 320 Grad wird der Kunststoffstreifen dort um einen Drill gefahren. Neben der Temperatur lässt sich auch die Geschwindigkeit einstellen.
Am Ende erscheint das fertige Filament. Damit eine gleichbleibende Größe möglich ist, müssen die Plastikstreifen, die dazu als Grundlage dienen, zwischen fünf und sieben Millimeter breit sein. Die Dicke darf ein Drittel-Millimeter nicht überschreiten - womit viele der oben genannten Kunststoffe im Alltag kaum nutzbar sein dürften.
Die Kunstwerke, die mit dem 3D-Stift erschaffen werden sollen, müssen dabei nicht mit freier Hand entstehen. Ein Onlinetool wandelt 2D-Vorlagen in 3D-Schablonen um, die der Renegade dann nutzt. Für Käufer des Stiftes ist die Software kostenlos. Über die Crowdfunding-Plattform Kickstarter kann der Renegade inklusive des ChupaCuts aktuell für rund 100 Euro vorbestellt werden. Ausgeliefert werden soll er ab Februar 2017. Das Produktvideo des Herstellers können Sie sich hier anschauen.