Recycling-Vorbild Israel Vom Wüstenland zum Wasserweltmeister

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Start-up-Innovationen als Motor

Die Start-up-Dichte Israels kann selbst mit dem Silicon Valley mithalten. So konnte sich das Land auch dem Wasserproblem mit Technik-Know-how und kreativem Erfindergeist widmen. Das israelischstämmige Unternehmen Desalitech – heute in Massachusetts ansässig – ist gerade für seine energieeffiziente Entsalzungsmethode international als "Breakthrough Water Technology Company of the Year" ausgezeichnet worden. Mehrere Fortune 500-Unternehem nutzen laut Preisgeber die Desalitech-Technik, darunter Coca-Cola.

Mit den Wasser-Start-ups knüpft Israel an seine Wurzeln an. Denn schon die ersten Zionisten wollten von stigmatisierten "blassen Geistlichen" zu körperlich arbeitenden "Muskeljuden" werden, indem sie ihre Äcker selbst bewirtschaften. Doch aus Mangel an landwirtschaftlicher Erfahrung studierten sie agrarwissenschaftliche Texte - die Landwirtschaft ist daher eher mit Innnovation als mit Tradition verbunden. Und die Felder verbrauchen - wie in anderen Ländern auch - das meiste Wasser.

Best-Practice Beispiel für andere Länder

Durch die Kombination der verschiedenen Wassermanagement-Methoden hat Israel es geschafft, die Frischwassernutzung seit der Jahrtausendwende um 15 Prozent zu reduzieren, pro Kopf sogar um 36 Prozent.

Diese Erfolge zu betonen und als Vorbild anzupreisen, wird das Land nicht müde. Länder wie Indien und Australien und US-Bundesstaaten wie Kalifornien und Arizona schicken Repräsentanten gen Tel Aviv und Jerusalem, um sich die Techniken vor Ort zeigen zu lassen. Angesichts des Klimawandels stellen sich heute viele Länder die Fragen, die sich Israel bereits vor 20 Jahren gestellt hat. Drei von fünf OECD-Ländern reformieren gerade ihre Wasserwirtschaft, so eine OECD-Umfrage.

Denn auch die Wirtschaft ist stark an H20 gebunden: Laut Wasserentwicklungs-Report der Vereinten Nationen hängen drei von vier Arbeitsplätzen in der Welt direkt von der Wasserverfügbarkeit ab. "Nachhaltiges Wassermanagement ist ein grundlegender Treiber grünen Wachstums", heißt es im Report.

Noch nicht aller Probleme Ende

Im Gaza-Streifen ist die Wasserversorgung immer wieder problematisch - das wiederum verstärkt politische Konflikte. Quelle: AP

Alle Wasserprobleme hat Israel aber noch nicht lösen können. Forscher der Universität Jerusalem haben kürzlich herausgefunden, dass Verbraucher vermehrt pharmazeutische Wirkstoffe zu sich nehmen, wenn sie Obst und Gemüse essen, das mit recyceltem Wasser gegossen wurde. Auch ein deutsch-jordanisches Forscherteam hat vor zwei Jahren bei Wasseruntersuchungen in Israel erhöhte pharmazeutische Rückstände festgestellt. Offenbar funktioniert die Filterung noch nicht gut genug. "Die potentiellen Auswirkungen auf Menschen mit viel Obst- und Gemüse-Konsum sind unbekannt", schreiben die israelischen Wissenschaftler. Allerdings ist Israel mit dem Problem nicht alleine: "Die Lebensmittelverunreinigung durch Abwassernutzung wird sich in den meisten Regionen der Welt vermutlich verstärken", sagt die OECD voraus.

Auch die Entsalzung scheint nicht ohne Nachteile. Da entsalztes Wasser weniger Magnesium ausweise als herkömmliche Süßwasserquellen, würde es zu mehr Herzkrankheiten kommen, vermuten Forscher aus Tel Aviv. Und nicht zuletzt birgt das fortschrittliche Wassermanagement politischen Konflikt: Es bedeutet weitere Überlegenheit Israels gegenüber den palästinensischen Gebieten, beziehungsweise dem, was noch davon übrig ist.

Lesetipp: Seth M. Siegel (2015). Let There Be Water - Israel's Solution for a Water-Starved World. Thomas Dunne Books/St. Martin's Press.

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