Recycling Wie aus Kaffeesatz Kleidungsstücke werden

Tagtäglich landen tonnenweise Kaffeesatz im Abfall. Die Krümel sind ein kostbarer Rohstoff. Unternehmen verarbeiten ihn zu Trikots, Teppichen oder Briketts.

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In diesem Jahr haben mit Susanne Donner und Susanne Kutter zwei Autorinnen der WirtschaftsWoche den Deutschen Journalistenpreis in der Kategorie Innovation und Nachhaltigkeit gewonnen. Ihr Thema: Wie aus Kaffeesatz, der täglich zu tausenden Tonnen im Müll landet, Kleidungsstücke, Teppiche und andere Gebrauchsgüter werden. Hier der Text:

Um die Jahrtausendwende stand der taiwanische Textilfabrikant Jason Chen kurz vor der Pleite. Seine Firma Singtex Industrial hatte sich auf moderne und innovative Stoffe spezialisiert. „Doch jedes Mal, wenn wir eine neue Textilart produzierten, haben uns Hersteller in Südostasien kopiert und billiger produziert“, erinnert sich der Singtex-Chef.

Das ist vorbei. Inzwischen hat Chen die Billigkonkurrenz weit hinter sich gelassen – und sich zu einem der weltweit führenden Anbieter von Funktionstextilien entwickelt. Das Geheimnis des Erfolgs ist dunkelbraun und krümelig – und landete bisher auf dem Müll: mikroskopisch klein zermahlener Kaffeesatz, den Chen zu fünf Prozent in die Textilgarne mischt.

Die ungewöhnliche Zutat verleiht T-Shirts, UnteCvere Ideen rwäsche und Sportklamotten der Produktlinie S.Café ganz neue Eigenschaften: Sie trocknen schneller und miefen nicht, denn der Kaffeesatz absorbiert Feuchtigkeit und schlechte Gerüche – vom Achselschweiß bis zum Zigarettenqualm. Die Idee für das inzwischen patentierte Verfahren hatte Chens Frau, als sie mit ihrem Mann bei Starbucks saß.

Den Kaffeebecher in der Hand, fiel ihr ein altes Hausmittel ein: Ein Schälchen Kaffeesatz in den Kühlschrank gestellt, saugt die Gerüche auf. Da regte sich Chens Geschäftssinn. Wenn der Kühlschrank damit besser riecht, sollte nicht auch Kleidung mit Kaffee frischer duften? Noch am selben Tag prüfte er, ob ein Patent auf einen derart geruchsabweisenden Stoff existiert.

Dass sich mit Kaffeesatz viel mehr anfangen lässt, als bloß die Zukunft daraus zu lesen, spricht sich herum, auch weit über die Grenzen der Textilbranche hinaus: Lebensmittelmultis wie Nestlé, Pflanzenkohlehersteller wie Swiss Biochar oder Pilzzüchter wie die Berliner Gründung Chido’s Mushrooms sehen in dem Abfall den perfekten Rohstoff. Sie lassen darauf Pilze wachsen, stellen aus der braunen Masse Dämm- und Verpackungsmaterial, Trikots, Krawatten und Teppiche her. Oder sie machen daraus Kohlen und Briketts, die besser brennen als Holz.

Der Abfallstrom an Kaffeesatz scheint dabei fast unerschöpflich. Etwa 8,5 Millionen Tonnen Bohnen produzierten Bauern weltweit im Jahr 2012. Über eine Million Tonnen Kaffee führte Deutschland im selben Jahr ein. Jeder trank im Schnitt knapp einen halben Liter täglich. Doch nur zwei Promille des Kaffees landen in der Tasse: 99,8 Prozent davon enden im Müll. (Um weiter zu lesen, folgen Sie bitte diesem Link).

 

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