Saudi Arabien schwimmt im Öl. So sehr, dass sich das Königreich am Persischen Golf sogar leistet, 60 Prozent seines Stroms aus dem wertvollen Rohstoff zu produzieren. Doch jetzt will das Land die grüne Kehrtwende. Bis 2032 soll ein Drittel der Elektrizität des Landes aus Solarstrom kommen und rund 41.000 Megawatt an Solarkraftwerken entstehen.
In den nächsten 20 Jahren will der Wüstenstaat 109 Milliarden Dollar in den Ausbau der Solarindustrie investieren. Geld, das vor allem von privaten Unternehmern kommen soll.
König Abdullah höchstselbst hatte das Forschungsinstitut King Abdullah City for Atomic and Renewable Energy (K.A.CARE) damit beauftragt, den Plan für die nachhaltige Zukunft Saudi-Arabiens auszuarbeiten. Für die Regierung geht es jetzt darum, rasch Expertise in grünen Technologien aufzubauen.
Wie ambitioniert das Projekt ist, wird beim Blick auf die aktuelle Lage der Solarindustrie des Landes klar. 2012 hatte das Königreich gerade einmal Solaranlagen mit drei Megawatt Leistung installiert – also nicht einmal ein Tausendstel der nun angestrebten Leistung. Damit lag Saudi Arabien einem Bericht der Bloomberg New Energy Finance noch hinter Tunesien, Algerien, Marokko, Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Jetzt will König Abdullah eine internationale Vorreiterrolle einnehmen.
Immerhin, der erste Schritt in Richtung erneuerbare Energien wurde gemacht: Symbolträchtig entsteht in der religiösen Pilgerstadt Mekka der erste große Solarpark. Im Januar begannen die Bauarbeiten, die 2015 abgeschlossen werden sollen. 100 Megawatt Stromleistung wird das Kraftwerk haben. Das entspricht ungefähr einem Zehntel der Leistung eines Kohlekraftwerks.
Saudi-Arabien treibt innovative Technologien voranAllerdings lief der Start in die Solar-Zukunft des Ölimperiums langsamer als erhofft. „Es kam zu Verzögerungen, weil die Details für das Progamm, wie Kriterien für die Zulassung von Solarparks, noch nicht geklärt sind“, sagt Logan Goldie-Scot, Analyst bei der Bloomberg New Energy Finance aus London. Zudem gebe es noch keine Vorgaben für Strombezugsverträge. Die Strombezugverträge regeln unter anderem, zu welchen Preisen und unter welchen Bedingungen private Investoren Energie in öffentliche Stromnetze einspeisen.
Nun will das Königreich das Projekt Sonnenstaat voranbringen: Auf dem Solar Arabia Summit, einer Konferenz von Unternehmern und Regierungsvertretern, die demnächst in der Hauptstadt Riad stattfindet, will sie Investoren für Solarparks gewinnen.
Bevor es aber zu einem umfassenden Ausbau von Solarparks kommt, untersucht das Institut K.A.CARE 70 mögliche Standorte auf ihre Eignung zur Stromproduktion. Denn strahlender Sonnenschein garantiert bei 50 Grad in arabischen Sommern nicht gleich höchste Erträge. Einige Solarpanels sind bei solch hohen Temperaturen weniger effizient als bei 30 Grad, sagt Analyst Goldie-Scot.
Dennoch: Der Solar-Vorstoß Saudi Arabiens könnte die Entwicklung neuartiger Solarzellen beschleunigen, die auch unter Extrembedingungen viel Strom erzeugen. So will etwa der saudische Chemiekonzern Tasnee umgerechnet bis zu 14 Millionen Euro in das australische Solar-Startup Dyesol investieren, das neuartige Farbstoff-Solarzellen entwickelt, die auch bei großer Hitze nicht an Leistung einbüßen.
Öl bleibt wichtigste EinnahmequelleGrüne Energien sollen nicht nur den heimischen Strommarkt umkrempeln, sondern auch die Ölexporte des Königreichs steigern. „Die Petroleumindustrie und die Solarpläne Saudi Arabiens gehen Hand in Hand", sagt Analyst Goldie-Scot. "Die Sonnenenergie soll helfen, dass Öl, das bisher auf dem heimischen Markt gebraucht wird, zu ersetzen.“ Das Öl könne dann auf anderen Märkten verkauft werden.
K.A.CARE zufolge spare Saudi Arabien jährlich 583.000 Barrel Öl auf dem heimischen Markt, wenn es ein Drittel seines Stroms aus erneuerbaren Energiequellen schöpft. Der Solarboom - so ökologisch er klingen mag - wird also nicht dazu führen, dass Saudi-Arabien weniger Öl fördert.
Im Gegenteil: Für die Zukunft muss sich König Abdullah keine Gedanken um seine fossilen Quellen machen. Die US Geological Survey schätzt die Reserven auf 86 Milliarden Barrel Öl und mehr als 9,5 Billionen Kubikmeter bisher unentdeckter Gasquellen – nur Venezuela hat größere Reserven.