Schneller als ein Frühstücksei Forscher bauen Akku, der in zwei Minuten auflädt

Forscher aus Singapur haben einen Schnelllade-Akku entwickelt. Er soll in Rekordzeit auf den Markt kommen.

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Forscher der Technischen Universität Nanyang (NTU) in Singapur glauben nicht nur das Material gefunden zu haben, das die Ladezeit von Akkus epochal verkürzen wird. Es soll auch die Lebensdauer von Batterien auf 20 Jahre erhöhen. Titandioxid, ein Pulver, das die Lebensmittelindustrie als weißen Farbstoff einsetzt, könnte die Elektromobilität demnach auf die Überholspur bringen.

Doch der Reihe nach. Klassische Lithium-Ionen-Batterien, bislang die Hoffnungsträgern bei den E-Autos, haben je eine Elektrode aus Graphit und aus einem Metalloxid. Das funktioniert bestens, hat aber zwei Nachteile.

Zum einen dauert der Ladevorgang sehr lange, weil die Werkstoffe den einströmenden Elektronen Widerstand entgegensetzen. Zum anderen wird die Kapazität, die theoretisch möglich wäre, bei weitem nicht erreicht. Deshalb suchen Forscher in aller Welt nach geeigneterem Elektrodenmaterial.

So setzt Siemens, das eine Produktionslinie für derartige Batterien entwickelt, auf Lithiumtitanat und Lithiumeisenphosphat. Forscher der Stanford University in Kalifornien und des benachbarten Teilchenbeschleunigers SLAC haben sich für Silizium entschieden. Damit reduziert sich die Ladezeit und die Kapazität verbessert sich. Doch auch hier gibt es einen Haken: Siliziumelektroden zerbröseln schon nach wenigen Ladezyklen, was durch Beschichten verhindert wird.

In zwei Minuten ist der Akku fast vollDie NTU-Wissenschaftler gehen nun einen ganz anderen Weg. Sie ersetzen das Anodengrafit, also den negativen Pol der Batterie, durch ein Gel aus Titandioxid. Diesem Material haben die Wissenschaftler um den Werkstoffspezialisten Chen Xiaodong die Form von Nanotubes gegeben, das sind Röhrchen, die nur ein paar Millionstel Millimeter groß sind.

Mit der neuen Elektrode, die vom Isolator zum Leiter wird, erzielen die Forscher gleich mehrere Effekte, wie sie sagen. Weil die Elektronen ungebremst einströmen können, lässt sich die Batterie innerhalb von nur zwei Minuten zu 70 Prozent aufladen. Außerdem soll sie unzählige Lade- und Entladevorgänge unbeschadet überstehen. Die Lebensdauer geben die Wissenschaftler mit 20 Jahren an, das ist viermal mehr als die Haltbarkeit heutiger Lithium-Ionen-Batterien. Allerdings: Über die Leistung ihres Akkus sagen sie nichts. Bei einer sehr kleinen Batterie sind Ladezeiten von zwei Minuten keine Besonderheit.

Bereits in zwei Jahren soll der neue Akkutyp serienreif sein, weil die Forscher einen einfachen und technisch machbaren Weg gefunden haben, das Nanogel herzustellen. Sie vermischen Titandioxid und Natriumhydroxid – beides weiße Pulver. Bei erhöhter Temperatur – wie hoch, wollen die Forscher aber nicht verraten – rühren sie kräftig um. Weil der Prozess so einfach ist, lasse er sich leicht in existierende Produktionslinien integrieren, versichern sie.

Als nächstes soll ein Prototyp folgenOb die Batterie in der Praxis tatsächlich so sensationelle Eigenschaften hat, muss sich noch zeigen. Bisher gibt es nur Laborergebnisse. Jetzt wollen die Wissenschaftler einen großen Prototypen bauen. NTU-Professor Rachid Yazami, einer der Erfinder der Lithium-Batterie vor 30 Jahren, glaubt, dass seine jungen Kollegen einen großen Sprung gemacht haben. „Es gibt aber noch Verbesserungsmöglichkeiten.“

Ein Akku, der schnell lädt, könnte der Elektromobilität einen großen Dienst erweisen. Denn aktuell müssen Fahrzeiten penibel geplant werden, wenn es keine langen Pausen an Stromtankstellen geben soll. Mit der neuen Batterie ginge es genauso flott wie beim Tanken von Benzin oder Diesel.

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