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Schulden Ökosteuern können Eurokrise entschärfen

Wirksames Rezept für EU-Krisenstaaten: Klimasteuern helfen am besten gegen die Löcher in den Haushalten, sagt eine neue Studie.

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Weil die Europäische Union gerade genügend eigene Probleme hat, scheint das Schicksal der Welt zweitrangig. Griechenland steht am Abgrund, die Portugiesen bekommen die volle Härte der Haushaltskürzungen zu spüren, in Spanien explodiert die Jugendarbeitslosigkeit.

Wer erwartet angesichts dieser Probleme, dass die EU auf dem Klimagipfel in Doha jetzt noch mit starker Stimme auftritt? Und überhaupt: Wer will sich den Klimaschutz noch leisten, wenn Deutschland und die reicheren EU-Staaten erst einmal für die Schuldenländer haften müssen?

Wirtschaftsforscher aus London haben auf diese Fragen jetzt eine Antwort gegeben: Höhere Umweltsteuern und ein strengerer Emissionshandel wären ein sehr gutes Mittel gegen Staatsdefizite, zeigt eine Studie des Centre for Climate Change Economics and Policy und des Grantham Instituts. Ihr Titel: "Less Pain, more Gain: the potential of carbon pricing to reduce Europe’s fiscal deficits". Eine Medizin gegen den Klimawandel, an der Staaten auch noch verdienen.

„Steuern auf Kohlendioxid oder eben der Emissionshandel haben das Potenzial, eine große Rolle in der Fiskalpolitik zu spielen“, schreiben die Autoren. Lange seien diese Maßnahmen nur als Instrumente der Umweltpolitik betrachtet worden. „Angesichts der Schuldenkrise in Europa ist es Zeit, das zu überdenken“, notieren sie weiter.

Mit Kohlendioxid-Steuern könnten Staaten viel Geld verdienen. Dass eine Erhöhung der Umweltabgaben die Wirtschaft weniger beeinträchtigt, als höhere Einkommen- oder Mehrwertsteuern, zeigt auch eine von der OECD in diesem Jahr veröffentlichte Studie. Dort heißt es: „Steuern auf Verschmutzung einzuführen oder zu erhöhen, ist eine potenzielle Win-Win-Option." Weil viele Staaten zudem ihre Emissionen reduzieren wollen, sei die Zeit günstig, Umwelt- und Steuerpolitik zusammen zu denken: Haushaltssanierung und Klimaschutz aus einem Guss.

Milliardenbonus mit UmweltsteuernDie Autoren von „Less Pain, more Gain“ schauen sich Spanien, Polen und Ungarn genauer an und schnüren für jedes Land ein Paket aus völlig neuen und erhöhten Umweltsteuern. Spanien dient dabei als Beispiel für ein großes EU-Land mit hohen Schulden, Ungarn als kleines Gegenstück mit ebenso großen Haushaltsproblemen, und Polen als Land, das wenig von Energieimporten abhängt.

Die Ergebnisse sind erstaunlich: Gezielte Maßnahmen, beispielsweise mit höheren Steuern auf Treibstoffe, könnten Spanien Einnahmen von zehn Milliarden Euro pro Jahr bescheren – mehr als ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Ein ähnliches Paket würde die Steuereinnahmen in Polen um fünf Milliarden, in Ungarn um eine Milliarde pro Jahr erhöhen.

Für die EU als Ganzes modellieren die Forscher einen strengeren Emissionshandel. Es gibt weniger Zertifikate und das Emissionsziel wird auf minus 30 Prozent bis 2020 verschärft (derzeit liegt es bei minus 20 Prozent). Auch hier fallen die Nachteile für die Wirtschaft geringer aus, als wenn die EU an anderer Stelle Abgaben erhöhen würde. Immerhin rund 30 Milliarden Euro pro Jahr könnten so zusammenkommen.

Zugegeben: Bei dem gewaltigen Schuldenberg, der auf den EU-Staaten lastet, ist das wenig. Einen Beitrag zum Schuldenabbau könnten die Maßnahmen aber durchaus leisten -  und Entlassung von Lehrern oder Schließung von Kitas verhindern.

„Steuererhöhungen sind teuer – deshalb sollte das Steuerportfolio stärker in Richtung von Steuern bewegt werden, die am Günstigsten sind“, resümmieren die Forscher. Warten wir ab, ob die Haushaltssanierer in der EU die Studie lesen werden.

Die gesamte Studie gibt es hier als pdf.

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