Solarstraße "Made in Germany" RWTH Aachen entwickelt Fotovoltaik-Module für Fahrbahnen

In Frankreich und den Niederlanden werden bereits stromerzeugende Solar-Straßen getestet - nun zeigt eine deutsche Hochschule ihren Gegenentwurf.

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Sie wollen Fotovoltaikzellen in die Oberfläche von Straßen integrieren – RWTH-Professor Markus Oeser, Donald Müller-Judex der Solmove GmbH und Diplomingenieur Lukas Renken der RWTH.

Kaum ein Thema ist so umstritten wie Solarstraßen. Doch die langweilige Asphaltfläche durch widerstandsfähige Solarzellen zu ersetzen und so Strom zu gewinnen ist nicht nur möglich, sondern für viele Forscher auch sinnvoll: "In Deutschland gibt es rund 1,4 Milliarden Quadratmeter horizontale Flächen. Diese könnten für die Erzeugung von Strom genutzt werden, beispielsweise für das Betreiben von 20 Millionen Elektroautos", sagt etwa Lukas Renken vom Institut für Straßenwesen der RWTH Aachen.

In Krommenie, einem Dorf nordwestlich von Amsterdam, wird bereits ein Stück Fahrradweg mit Fotovoltaikzellen im Boden getestet. Frankreich will in den kommenden fünf Jahren 1000 Kilometer Straße mit Fotovoltaik-Elementen versehen. Das Wattway getaufte System hatte die Firma Colas, eine auf Verkehrsinfrastruktur spezialisierte Tochter des französischen Baukonzerns Bouygues, im vergangenen Herbst erstmals vorgestellt. Diese Zellen sammeln Solarenergie über einen hauchdünnen Film aus polykristallinem Silizium, der die Erzeugung von Strom ermöglicht. 20 Quadratmeter Wattway-Fläche soll laut Colas ausreichen, um einen Haushalt mit Strom zu versorgen.

Frankreichs Umweltministerin Segolene Royal im März bei der Einweihung einer Solarstraße bei Marseille. Quelle: REUTERS

In Deutschland sind die Entwicklungen noch nicht so weit. Denn ganz so einfach ist die Umsetzung nicht. Es werden Module benötigt, die horizontal liegen, bruch- wie rutschfest sind und das Licht optimal zur Energiegewinnung nutzen. Eine knifflige Aufgabe, die Renken in einem Verbund mit sechs weiteren Partnern versucht, zu lösen.

Deutsche Module sollen belastbar, rutschfest und sauber sein

Die aus Glas bestehenden Module müssen zum einen belastbar sein und auch einen Lkw aushalten. Zum anderen müssen sie absolut rutschfest sein, was der Diplomingenieur der RWTH Aachen mit einer Art Mini-Noppen lösen will, die ausschließlich von den Rädern der Fahrzeuge berührt werden.

Damit ist zusätzlich sichergestellt, dass die zur Energieeinspeisung benötigte Fläche nicht abgenutzt und beschmutzt wird und somit den Energieertrag verringert. Wie hoch der ausfällt und welchen Wirkungsgrad die einzelnen Module haben werden, ist aber noch offen. Das ist abhängig von dem verwendeten Glas, das zurzeit noch erforscht wird.

Die Solar-Module sind etwa fünf bis sechs Millimeter dick und bestehen aus zusammensetzbaren Elementen, die - industriell vorgefertigt - wie ein Fliesenteppich ausgelegt werden sollen. Jedes Modul besteht aus mehreren Glasschichten, in deren Zwischenräumen sich die Photovoltaik-Folie befindet, auf die das einfallende Licht gelenkt wird.

Beliebig zusammensetzbares System

Im Gegensatz zu den ausländischen Konzepten können die Einzelteile beliebig zusammengesetzt und an die Gegebenheiten angepasst und einfach auf die Straße aufgebracht werden. Eingesetzt werden sollen sie vor allem auf wenig frequentierten Flächen wie Zufahrtsstraßen oder Fußgängerüberwege, damit sie möglichst viel Strom erzeugen.

Sind die Probleme gelöst, ist das System vielversprechend: "Wenn 15 Prozent der Verkehrsflächen mit den Solar-Modulen ausgestattet werden, sind in Deutschland keine Atomkraftwerke mehr notwendig", erläutert Donald Müller-Judex von der Solmove GmbH, der die Idee zu den Solarmodulen hatte und die ersten zu Demo-Zwecken in Berlin verlegen will. Pläne gibt es auch für einen Radweg. Von einer Verlegung auf Straßen ist Solmove aber noch weit entfernt.

In den Modulen integrierte LED-Lampen lassen die Seitenstreifen nachts leuchten oder der erzeugte Strom wird für Ampeln verwendet. Außerdem sollen Zwischenspeichersysteme die überschüssige Energie speichern. Halten soll das System zudem 25 Jahre – länger als konventioneller Asphalt, der in der Regel nach 20 Jahren grundsaniert werden muss. Zusätzlich kann das Glas mit einer Titan-Dioxidschicht versehen werden, die fotokatalytische Effekte hat und Schadstoffe wie Stickstoffmonoxid abbauen kann.

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