Stadt der Zukunft In welchen Häusern wir wohnen werden

Jede Woche halten wir Ausschau nach einem spannenden Konzept für die Stadt der Zukunft. Diesmal: In welchen Häusern wir wohnen werden.

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In welchen Häusern werden wir in Zukunft wohnen? Wer eine Antwort auf diese Frage sucht, kann in den Norden der Republik fahren, nach Norderstedt in Schleswig-Holstein . Denn dort sollen schon zu Heiligabend die ersten Bewohner ihr neues Zuhause im Solardorf Müllerstraße beziehen. Die Siedlung hat ihr eigenes intelligentes Stromnetz und ist damit zu fast 100 Prozent energieautark.

Das Ökodorf verbindet geschickt drei Bereiche der Energiewende miteinander: Die Erzeugung von Energie, eine intelligente Netzinfrastruktur und Elektromobilität. Denn die 27 Haushalte der neu entstandenen Siedlung verpflichten sich zum Kauf eines Elektroautos. Der Nissan Leaf dient den Bewohnern nicht nur als kohlenstoffarme Alternative zum herkömmlichen Spritschlucker, sondern fungiert zugleich als Stromspeicher.

Jedes einzelne Haus in der Müllerstraße hat zudem eine mindestens 25 Quadratmeter große Photovoltaik-Anlage auf dem Dach. Und neben einem innovativen Speichersystem, das überschüssige Solarenergie über Nacht für den Betrieb beispielsweise der Waschmaschine nutzt, wird eben auch der Nissan als Zwischenspeicher geladen. Das System lässt auch eine vorausschauende Planung zu: Wer übermorgen eine längere Strecke mit dem Elektroauto vor sich hat, muss sich keine Sorgen darüber machen, dass der Akku nicht geladen ist. Das System lässt sich vorprogrammieren.

Die Wärme- und Stromversorgung der Siedlung erfolgt zusätzlich über ein nahe liegendes Blockheizkraftwerk. Eine separate Heizungsanlage ist nicht nötig. Das spart dem Bauherrn enorm viel Geld. Dazu kommt der Energiestandard 70 nach den Kriterien der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Dabei dürfen die Häuser maximal 70 Prozent der Energie eines vergleichbaren Gebäudes verbrauchen. Über steigende Energiepreise müssen sich die Bewohner erstmal keine Gedanken machen - Weder fallen Netzentgelte an, noch die Mineralölsteuer.

Statt Einspeisung lieber EigenverbrauchMit diesen Maßnahmen macht sich das Solardorf Müllerstraße weitgehend unabhängig von der Energieversorgung. Stromerzeugung und -bedarf werden zu jeder Zeit intelligent geregelt. Dabei ist das Solardorf Müllerstraße nur eines von derzeit 4 Projekten in Norderstedt, die auf dieses Konzept setzt. Schon in zwei Jahren sollen sie alle miteinander verbunden sein und so ein noch größeres, unabhängiges Versorgungsnetz schaffen.

Einen ganz anderen Blick auf die Zukunft des Wohnens erhalten Besucher im Stadtteil Wilhelmsburg in Hamburg. Dort sind im Rahmen der Internationalen Bauausstellung vier Fallstudien für die Stadt der Zukunft geprobt worden. Die teils futuristisch wirkenden Gebäude zeigen Lösungen zu Baumaterial, Kostensenkungen, Energieeffizienz und Wassermanagement.

Smart Material Houses - gebaut mit innovativen MaterialienAlgen sind für gewöhnlich nicht die Art von Rohstoff, an den beim Bauen von Häusern gedacht wird. Beim BIQ Algenhaus ist das anders. Das Gebäude ist mit einer zusätzlichen Fassade ausgestattet, in der Grünalgen in Wasser zirkulieren. Angereichert mit einer Nährlösung und mit Kohlenstoffdioxid versorgt, betreiben die Algen Photosynthese. Ist das Wachstum abgeschlossen, können die Algen geerntet und zur Produktion von Biogas genutzt werden. Zusätzlich nutzt eine solarthermische Anlage die Sonne zur Erzeugung von Wärme. Die lässt sich fürs Heizen oder die Warmwasseraufbereitung nutzen. Überschüssige Energie wird geothermisch zwischengespeichert - mit Hilfe von Erdwärmesonden die mit Sole gefüllt sind. Die grell-grünen Fassaden in denen ständig Luftblasen auf- und absteigen versperren dabei keineswegs den Blick nach draußen, sondern sind optimal in die Gebäudestruktur integriert.

Smart Price Houses - kostengünstiges und effizient BauenIm Kinderzimmer ist ein Haus schnell gebaut: Legosteine lassen sich zusammenstecken wie es der Fantasie gerade passt. Das Prinzip übernimmt die Fallstudie der Smart Price Houses in Wilhemsburg gerne. Wie bei einem Baukasten lassen sich einzelne Bauelemente und vorgefertigte Konstruktionen zusammensetzen. Ob vertikal oder horizontal, das Stecksystem passt immer. Die Bewohner entscheiden, ob es eine Maisonette- oder Etagenwohnung sein soll. Zwei Zimmer oder lieber vier? Der Grundriss lässt sich vollkommen offen gestalten. Der wichtigste Rohstoff dabei ist Holz, denn das lässt sich kostengünstig montieren. Ein Gebäude mit vier Geschossen lässt sich in vier Wochen aufbauen.

Hybrid Houses - angepasst an die Bedürfnissen der BewohnerNoch wird das igs-Zentrum hauptsächlich als Ausstellungshalle genutzt. Ende des Jahres wird sich das möglicherweise radikal verändern. Denn die flexible Bauweise des Gebäudes erlaubt den einfachen und schnellen Umbau. Wohnungen, Büros oder ein Mehrgenerationenhaus - die hybride Gestaltung ermöglicht eine Vielzahl von Nutzungsmöglichkeiten. Die Stützpfeiler sind mobil, ebenso wie weitere Teile des Gebäudes. Wird dann irgendwann statt einer Wohnung wieder ein Büro benötigt, ist das kein Problem.

Water Houses - für die clevere WassernutzungEin Hausboot mitten in der Stadt. Zumindest für viele Hamburger ein Traum. Die Water Houses von Wilhelmsburg werden auf Pfählen gebaut - mitten auf einem 4000 Quadratmeter großen Wasserbecken. Daran zeigt sich auch die Anpassungsmöglichkeit zukünftiger Gebäude an steigende Meeresspiegel. Hier wird das Becken allerdings von Regenwasser gespeist. Die Wohnungen des Hauses haben alle einen Balkon mit Blick aufs Wasser. Hinzu kommen Bootsstege, schwimmende Terassen und sogar Unterwassergärten. Eine Geothermie-Pumpwasseranlage temperiert das Gebäude je nach Bedarf mit dem vorhandenen Wasser.

In energieautarken Ökosiedlungen und anhand von futuristischen Techniklösungen liegt also die Zukunft des Wohnes - und das schon Heute.

Die Ökosiedlung Müllerstraße und die Gebäude der IBA Hamburg-Wilhemsburg sind Teil einer Artikelserie, in der wir bei WiWo Green regelmäßig ein Projekt für die nachhaltige Stadt der Zukunft vorstellen. Letztes Mal haben wir über den Tag des Passivhauses berichtet.

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