Start-up "Supermeat" Fleisch einfach zuhause züchten

Das israelische Start-up "Supermeat" will Fleisch selbst züchten - das spart Wasser, senkt Emissionen und rettet Millionen Tierleben.

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Frühes Laborfleisch: Dieser Burger ist von niederländischen Wissenschaftlern 2013 gezüchtet worden. Die Methode ist mit der von

Massentierhaltung ist weder für die Tiere, noch für uns Menschen oder die Natur gesund. Deshalb hat ein israelisches Start-up hat eine alternative Methode der Fleischproduktion entwickelt. Supermeat, also Überfleisch, will die Massentierhaltung abschaffen, ohne auf Fleisch zu verzichten.

Das Team des jungen Unternehmens ist sich bewusst, dass die Mehrheit der Weltbevölkerung nicht auf Fleisch verzichten möchte. Und die Nachfrage würde ohne Massentierhaltung kaum zu bewältigen sein, gerade bei einer weiterhin steigenden Bevölkerungszahl. Außer, man züchtet das Fleisch und lässt es in Zellkulturen heranwachsen.

Genau das will Supermeat – mit einer neuartigen Technologie, durch die kein Tier leidet und keine Antibiotika oder tierischen Seren verwendet werden müssen. Sie ermöglicht es, eine kleine Biopsie-Probe aus der Haut eines Huhns zu entnehmen und in Zellen zu trennen, die sich in Kulturen vermehren.

"Fleischmaschinen" für den Haushalt

Aus den Zellen bilden die Wissenschaftler unter der Leitung von Yaakov Nahmias, Professor an der Hebrew Univerversity of Jerusalem und Pionier im Bereich Bioengineering, winzige Gewebe und lassen sie organisch in vollwertige Gewebe wachsen.

Dies geschieht in einer Umgebung, die die Physiologie eines Huhns imitiert. Deshalb nutzt die Methode kein tierisches Serum von Kälbern, sondern Pflanzen, die in der Wachstumsumgebung vorhanden sind. Daniela Kurz von Supermeat bestätigt, dass es Nahmias bereits gelungen ist, die Zellen ohne tierische Bestandteile zu vermehren.
Der Prozess laufe dabei in kleinen "Fleischmaschinen" ab. Damit setzt das Start-up der Massentierhaltung die dezentrale Produktion entgegen, könnten die Geräte doch in Haushalten, Restaurants und Lebensmittelgeschäften untergebracht werden. Dort "werden die Zellen innerhalb von acht bis 20 Tagen zu einem ganzen Fleischgewebe wachsen", sagt Kurz. Teuer wird das Endprodukt nach ihrer Aussage nicht: "Wir schätzen, dass das Preisschild fünf US-Dollar pro Kilo zeigen wird."

Vorerst nur Hühnerfleisch

Zuerst soll das neue Verfahren mit Hühnerfleisch getestet werden. Denn "fast alle Tiere, die jährlich weltweit geschlachtet werden, sind Hühner“, erklärt Kurz. In Deutschland allein waren es 2012 fast 628 Millionen, weltweit im Jahr 2011 58,11 Milliarden, wie aus dem sogenannten Fleischatlas hervorgeht, den Heinrich-Böll-Stiftung, BUND und Le Monde diplomatique herausgeben.

"Dies führt nicht nur zu Tierleid, sondern auch Pandemien und Problemen der öffentlichen Gesundheit. In den Vereinigten Staaten werden rund 80 Prozent der verkauften Antibiotika für die Fleisch- und Geflügelproduktion hergestellt. Diese Situation führt zu Antibiotika-resistenten Bakterien", verdeutlicht Kurz.

Israel liegt in einer trockenen Region und hat trotzdem genug Wasser, um sogar Lebensmittel zu exportieren. Denn die Wasser-Industrie ist hochinnovativ.
von Vanessa Köneke

Dazu kommen noch der Wasserverbrauch der Massentierhaltung, der Landverbrauch und sowohl die direkt entstehenden Treibhausgase als auch jene, die beim Transport der Tiere erzeugt werden. Und die Fleischmärkte wachsen.

Extrem geringer Wasserverbrauch

Supermeat will mit seiner Methode der Fleischerzeugung 99 Prozent weniger Landnutzung und jeweils 96 Prozent weniger Treibhausgasausstoß und Wasserverbrauch ermöglichen. Eine Crowdfunding-Kampagne auf Indiegogo zeigte, dass die Idee ankommt: Sie erreichte mit über 210.000 US-Dollar mehr als das Doppelte des gesetzten Ziels.

Wie gut die Werbekampagne allerdings auch gemacht war, zeigt dieses Video:

Ob Supermeat die besonders überzeugten Vegetarier und Fleisch-Fans erreicht, ist hingegen fraglich. Schließlich ist es nicht der erste Versuch, Fleisch künstlich zu züchten - alle Varianten hatten mit Vorbehalten zu kämpfen. Doch der Grundstein für ein potentielles Umdenken in der Fleischindustrie scheint gelegt.

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