Studie Ampel auf Essen macht Menschen gesünder

Verpackungshinweise zur Gesundheit von Lebensmitteln ändern das Einkaufsverhalten. Wo also bleibt die "Nährwertampel"?

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In welche Studie man auch blickt: Sonderlich gesund ernähren sich die Deutschen nicht. Ungebremst fahren sie ihre Einkaufswagen durch die Supermärkte und laden ein, was schmeckt. „Eine Lebensmittelampel soll her“, forderten Experten deshalb schon vor Monaten: Gemeint sind damit grüne, gelbe und rote Punkte auf den Verpackungen, die den Nährwertgehalt von Nahrungsmitteln markieren.

Ex-Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner lehnte die Ampel im Juli aber ab.

Die Markierungen würden den Verbrauchern eine Orientierung nicht gerade erleichtern, sagte ihr Sprecher damals gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Einer aktuellen Studie des „Massachusetts General Hospitals“ in den USA zufolge, tun sie das doch:

In der Krankenhaus Cafeteria markierten Forscher alle Lebensmittel mit grünen, gelben und roten Punkten. Grün klebte auf mehr, rot und gelb auf weniger Nährwerthaltigem. Die Gäste wurden sowohl in den Monaten vor der Ampel-Einführung als auch danach befragt.

Das Ergebnis: Nachdem die Produkte gekennzeichnet worden waren, gaben mehr als doppelt so viele der Befragten an, dass sie bei ihrer Kaufentscheidung auf den Nährstoffgehalt geachtet hätten. Außerdem stieg die Anzahl derer, die angaben Gesundheit und Ernährung als wichtig zu erachten, von 46 auf 61 Prozent an.

Leitet die Ampel, oder leitet sie fehl?

In der Realität ist die Nährwertampel in England bereits umgesetzt. Angesichts der körperlichen Verfassung der Deutschen gibt es auch hierzulande viele Befürworter. Nach Angaben des statistischen Bundesamtes galt 2009 rund die Hälfte der über 18-Jährigen als übergewichtig. Das könnte sich mit der Ampel ändern, findet unter anderem die Verbraucherzentrale.

„Die Farben bieten eine einfache Orientierungshilfe“, sagt Nora Dittrich, Sprecherin der Verbraucherzentrale NRW. Nach englischem Vorbild sollen auf den Lebensmitteln Ampelfarben in vier Kategorien verteilt werden: Fett, gesättigte Fettsäuren, Zucker und Salz.

Kritiker bemängeln, dass eine solche Kennzeichnung irreführend sei, da beispielsweise Cola light einen grünen Punkt in Sachen Zuckergehalt bekäme - Bio-Apfelsaft dagegen wäre rot markiert. Sinnvoll sei die Ampel trotzdem, heißt es von Seiten der Verbraucherzentrale.

Diese traut den Konsumenten durchaus ein Grundwissen über Nahrungsmittel zu: „Die Ampel soll vor allem bei stark verarbeiteten Produkten Hilfestellung geben“, sagt Dittrich und ergänzt: „Nur wenige wissen beispielsweise, dass in manch einer Wurst ganz schön viel Zucker ist.“

"Sinnloses Farbenspiel"

Auf dem Internetportal Ampelcheck macht die Verbraucherzentrale vor, wie eine Ampelregelung für Lebensmittel auf dem deutschen Markt aussehen würde. Dort können Konsumenten beispielsweise erfahren, dass als „Salzige Heringe“ bezeichnete Lakritze ausgerechnet beim Zuckergehalt einen roten Punkt hat.

Ein „sinnloses Farbenspiel“ sei das, wettert dagegen der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde auf seiner Internetseite. Nährwert-Tabellen und sogenannte GDAs - kurz für Guideline Daily Amounts, Richtwerte für die Tageszufuhr - würden „gut verstanden und richtig interpretiert“. Diese sind schon heute auf den Verpackungen aufgedruckt.

Aber in Wahrheit sind die Angaben wie sie bisher auf den Packungen zu finden sind, wohl eher wie Zebrastreifen in Italien auf dem Weg zur gesunden Ernährung: Der Verbraucher muss sich angesichts komplizierter Prozentangaben und geschickt gewählter Portionsgrößen genau umgucken, um zu wissen, was gut oder sicher für ihn ist.

Auch wissen die Supermarktkunden wohl, dass Bio-Apfelsaft aus Äpfeln gemacht wird. Wie hoch der Salzgehalt in einem Lebensmittel ist, ist dagegen schon schwieriger zu erkennen. Klar scheint deshalb: Wenn der Donut für Übergewichtige auch hierzulande zum „Do not“ werden soll, reichen GDAs und Co. nicht aus. Dann müssen Nährwert-Ampeln her, die den Einkaufswagen-Verkehr in den Supermärkten regeln.

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