Wissenschaftler sind sich nahezu einig: Kohlendioxid ist hauptverantwortlich für die Erwärmung der Erde. Doch diese Überzeugung steht im Widerspruch zur aktuellen Entwicklung. Der Ausstoß von Treibhausgasen steigt um jährlich drei Prozent, doch die Durchschnittstemperatur der Luft stagniert seit mehr als 15 Jahren - das ist Wasser auf die Mühlen der Klimawandel-Skeptiker.
Das Phänomen beschrieben Klimaforscher bisher als Erwärmungspause. Was der Grund für die ausbleibende Erwärmung ist, darüber gibt es unterschiedliche Theorien: Vulkanausbrüche könnten die Kraft der Sonne mildern, Passatwinde die Wärme aus der Luft in die Ozeane treiben.
Mit einem Debattenbeitrag will eine Forscher-Gruppe des Institute for Atmospheric and Climate Science aus Zürich und des Climate Change Research Centre aus Sydney der Diskussion um die Erwärmungspause jetzt eine ganz neue Wendung geben.
In der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature zweifeln die drei beteiligten Forscherinnen und ein Forscher das alte Denkmuster an. Sie fragen: Ist es überhaupt sinnvoll, die durchschnittliche Temperatur der Luft als Kennzahl für die Erderwärmung zu nutzen? Denn die Ergebnisse der Wissenschaftler aus Zürich und Sydney sprechen eine klare Sprache – die Erderwärmung macht gar keine Pause. Zumindest nicht, wenn man die extrem heißen Tage betrachtet.
Der Ansatz der Forscher ist folgender: Die Durchschnittstemperatur der Luft schien jahrelang ein guter Indikator für eine weltweite Erwärmung zu sein. Mit ihr konnte man zeigen, dass die Temperaturen seit der Industrialisierung steigen. Doch in den letzten 15 Jahren stagnierte die Erderwärmung laut diesen Daten fast (siehe Grafik links).
Trotzdem gab es Hinweise auf einen Klimawandel, zum Beispiel schmelzende Eisdecken an den Polen oder ein ansteigender Meeresspiegel. Daraus folgern die Autoren, dass die weltweite Durchschnittstemperatur keine gute Messgröße für Klimaveränderungen ist.
Die Wissenschaftler schauten sich also nicht die Durchschnittswerte an, sondern die Extremwerte. Genauer: Die heißesten Tage des Jahres, die oberen zehn Prozent. Für diese Tage berechneten sie anschließend die Fläche an Land, die in den letzten 15 Jahren von den extremen Temperaturen betroffen war.
Das Ergebnis: Der Anteil der Landfläche, der von extrem heißen Temperaturen betroffen ist, steigt jährlich. Deutlich wird das in dem folgenden Diagramm.
Die Landfläche, die extrem heißen Temperaturen ausgesetzt ist, wächst also jedes Jahr. Doch warum ist das nicht an der durchschnittlichen Lufttemperatur zu erkennen?
Die Erklärung der Forscher ist eher vage: Sie vermuten, dass die Prozesse, die den Anstieg der extremen Temperaturen beeinflussen, weitgehend unabhängig von jenen sind, die die Durchschnittstemperaturen betreffen.
Extremwerte haben die extremsten FolgenFür die Debatte um die Erwärmungspause ist die Studie trotzdem wertvoll. Zunächst einmal zeigt sie, dass eine Pause im Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur nicht zwangsläufig bedeutet, dass auch der Klimawandel eine Pause macht. Außerdem sind die Folgen der zunehmenden Extremhitzen für Bevölkerung, Agrarsektor, Ökosystem und Infrastruktur teilweise gravierender als eine steigende Durchschnittstemperatur – und unmittelbar zu spüren.
In diesem Video veranschaulicht die US-Raumfahrtbehörde NASA die Zunahme von Extremhitzen an Land: