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Studie Fleischkonsum steigt weltweit an

Eine Studie bestätigt jetzt: Der Fleischkonsum steigt weltweit an. Einige Länder fallen dabei aber aus dem Rahmen - positiv wie negativ.

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Der weltweite Fleischkonsum steigt. Vor allem in den aufstrebenden Schwellenländern China und Indien nimmt die Nachfrage besonders stark zu. In vielen europäischen Ländern ist der Konsum dagegen eher rückläufig. Französische Wissenschaftler haben der Weltbevölkerung auf die Teller geschaut und diese Trends ausgemacht. Ihre Studie erschien in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS). So weit, so bekannt - mag man meinen.

Spannender ist: Erstmals errechneten die Forscher dabei auch das sogenannte trophische Niveau der Menschen. Dieser Wert verrät den jeweiligen Platz in der Nahrungskette. Pflanzen und Algen stehen auf der ersten Stufe, Pflanzenfresser wie Hasen auf der Zweiten und die weiteren Ebenen gehören den Fleischfressern.

Nach dieser Einordnung stehen Eisbären und Orkas an der Spitze der globalen Nahrungskette. Sie haben selbst keine natürlichen Fressfeinde und ernähren sich von großen Wirbeltieren.

Wir Menschen stehen laut der Studie auf einer Stufe mit Schweinen und Anchovis. „Wir sind eher Pflanzen- als Fleischfresser. Dieses Ergebnis widerlegt unser Selbstverständnis als ein Top-Räuber des Ökosystems“, sagt Sylvain Bonhommeau vom französischen Institut für Meeresforschung in Sete.

Afrikaner sind Vegetarier-WeltmeisterIn ihrer Studie untersuchten die Wissenschaftler außerdem, wie sich die Essgewohnheiten der Menschen in den letzten Jahrzehnten verändert haben. Dafür berechneten sie das trophische Niveau der Menschen in 176 Ländern und zwar für jedes Jahr von 1961 bis 2009. Als Datengrundlage dienten dabei Statistiken der Welternährungsorganisation WHO und der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO).

Den höchsten Fleischfresser-Wert erreichten die Isländer mit ihrer traditionell sehr fisch- und fleischhaltigen Ernährung. Die meisten vegetarischen Speisen kommen dagegen in Burundi auf den Tisch. Weltweit stieg das trophische Niveau der Menschen in den letzten vier Jahrzehnten um drei Prozent.

Das mag auf den ersten Blick wenig erscheinen. Genauer betrachtet bedeutet das aber einen weltweiten Anstieg des Fleischkonsums. Besonders deutlich wird der Anstieg, wie gesagt, in Ländern wie China und Indien. Dort hat sich der Lebensstandard von Millionen von Menschen verbessert und damit auch die Verfügbarkeit von Fleischprodukten.

Aber auch in Deutschland wollen die meisten Menschen auf ihr täglich Fleisch nicht verzichten, wie der Fleischatlas der Böll-Stiftung Anfang des Jahres zeigte. Rund 240 Gramm Fleisch essen die Deutschen im Durchschnitt pro Tag. In statischer Lebenssumme kommt jeder Deutsche so auf vier Rinder, vier Schafe, zwölf Gänse, 37 Enten, 46 Schweine, 46 Puten und 945 Hühner. Ein ziemlicher Fleischberg - und dabei wissen wir eigentlich, dass der zu häufige, wenn auch genussvolle Biss in ein Stück Fleisch ungesund ist.

Nicht nur wegen Skandalen mit Dioxin oder Keimbelastungen, auch Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes-Typ 2 und sogar Dickdarmkrebs werden durch übermäßigen Fleischkonsum begünstigt. Unsere tägliche Wurstration muss dabei natürlich möglichst billig sein. Um große Mengen günstig zu produzieren, drücken wir bei der Tierhaltung und den Futtermitteln beide Augen zu.

Fleisch als KlimakillerVom potentiellen Leiden der Tiere mal abgesehen, ist auch die Produktion von Futter im Ausland alles andere als sinnvoll. Die Ackerflächen befinden sich oft in Entwicklungsländern und waren nicht selten zuvor Regenwald oder dienten dem Anbau von Grundnahrungsmitteln. Während also eine Milliarde Menschen weltweit hungert, wird der andere Teil immer dicker - ein klassisches Verteilungs- und Gerechtigkeitsproblem.

Dazu kommt noch ein hoher Energie- und Ressourcenverbrauch bei der Tierhaltung. Einer Studie der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zufolge ist die Fleischproduktion für knapp 18 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich. Das Fazit der Wissenschaftler ist klar: „Wenn wir unser trophisches Niveau senken, hat das positive Auswirkungen auf unser Ökosystem.“

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