Es tut sich etwas in der Welt des großen Geldes. Kurzfristige Gewinne, hohe Renditen, maximales Wachstum zu Lasten der Umwelt: Das sind noch immer die wesentlichen Treiber des Kapitalmarkts, auf dem Anleger, vom privaten Kleinanleger bis zum milliardenschweren Fonds, ihr Geld vermehren wollen.
Doch seit einiger Zeit ändert sich das Verständnis von Rendite. Die Gefahren des Klimawandels werden langsam offensichtlich. Unternehmen beginnen daher, ihre Geschäfte auf Umwelt- und Sozialverträglichkeit zu überprüfen. Und nicht mehr nur Öko-Banken und nachhaltige Fonds achten inzwischen auf mehr als nur Umsatzwachstum. Wer heute langfristig in ein Unternehmen investieren möchte, muss sich fragen, wie haltbar die Gewinne in der Zukunft noch sind.
Wer hat am Ende die Nase vorn: der Bergbaukonzern, der so viele Rohstoffe wie möglich unter egal welchen Bedingungen fördert – oder der Elektronikhersteller, der beim Einkauf seiner Rohstoffe auf Umweltverträglichkeit achtet und seine Recyclingprozesse optimiert?
Zwar halten selbst Experten für nachhaltige Investments ihren Einfluss für überschaubar. Mittlerweile zeigen aber auch empirische Studien, dass bei Kapitalanlagen neben Verkaufszahlen, Gewinnen und Wachstumsaussichten auch die Nachhaltigkeit eines Geschäfts in den Fokus rücken. Und dass genau dieser Prozess in Zukunft bedeutsamer wird.
Anleger verändern, wie Unternehmen tickenEine Erhebung der Nachhaltigkeits-Ratingagentur Oekom Research (PDF), die WiWo Green vorab vorliegt, kommt zu diesem Schluss. 199 Unternehmen haben einen Fragebogen der Agentur beantwortet. Von diesen Unternehmen sagen 97 Prozent, das Thema „nachhaltige Entwicklung“ habe eine sehr hohe oder hohe Bedeutung für die künftige Unternehmensentwicklung.
Offensichtlich sind es nicht die Unternehmen selbst, sondern in erster Linie Kunden und Anleger, die von Unternehmen verlangen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Mehr als 65 Prozent der befragten Unternehmen geben an, Nachfragen von Kunden hätten sie veranlasst, sich mit der Nachhaltigkeit zu befassen. Knapp 60 Prozent nennen die Anforderungen von nachhaltigen Investoren als Grund. „Die Studie zeigt klar, dass der Hebel funktioniert“, sagt Oekom-Chef Robert Haßler.
Auch die Rating-Agenturen wie Oekom selbst spielen eine Rolle: Mehr als 60 Prozent der Unternehmen nennen die Anforderungen von Ratings als Grund dafür, sich mit Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen.
So geht es bei der Frage weiter, welche Akteure künftig die größte Bedeutung für das Thema nachhaltige Entwicklung im unternehmen haben. Nachhaltige Kapitalanleger kommen dabei auf Platz fünf – mehr als vier Fünftel der Befragten nennen sie als Treiber. Weit mehr als 90 Prozent der Unternehmen erwarten zduem, die Kommunikation mit nachhatigkeitsorientierten Finanzmarkt-Akteuren werde künftig weiter an Bedeutung gewinnen.
Nachhaltiges Investment als globaler TrendDie Oekom-Autoren schränken allerdings selbst ein, dass von allem angeschriebenen Unternehmen vor allem jene geantwortet haben, die sich ohnehin mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen.
Andere, umfassendere Studien zeigen jedoch in die gleiche Richtung: Die Menge an nachhaltig investiertem Geld wächst, und sie übt zunehmend Einfluss auf die Unternehmenspolitik aus. Die erst vor Kurzem gegründete Global Sustainable Investment Alliance, ein Zusammenschluss der sieben weltgrößten Verbände für nachhaltige Geldanlagen, fand in einer Studie heraus, dass mindestens 13,6 Billionen Dollar des weltweit professionell verwalteten Vermögens ethische, soziale und Corporate-Governance-Aspekte berücksichtigen – immerhin mehr als ein Fünftel des Gesamtvermögens.
Was „nachhaltige Geldanlage“ bedeutet, bleibt dabei vage. Deshalb kommen andere Analysten wie Cary Krosinsky, Direktor des Network for Sustainable Financial Markets, auch zu dem Schluss, dass tatsächlich viel weniger Geld nachhaltig angelegt ist.
Es wird noch viele Diskussionen geben darüber, ob eine Investition nachhaltig ist oder nicht, welche Ausschlusskriterien die richtigen sind und wie viel Geld tatsächlich nachhaltig investiert ist. Fest steht: Nachhaltigkeit wächst von einer grünen Worthülse zu einer Sammlung harter Zahlen heran, nach denen Unternehmen heute bewertet werden. Und das wird sich noch verstärken.