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Studie Radfahrer fahren mit E-Bikes häufiger und weiter

Der Unterschied zwischen klassischem und elektronischem Rad ist größer als gedacht: Mit E-Bikes fährt man mehr und länger, zeigt eine neue Studie.

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Es ist paradox: Ein konventionelles Fahrrad benötigt nur Muskelkraft, um in Gang zu kommen, moderne E-Bikes lechzen dagegen nach Strom, um ihre Pferdestärken auszufahren. Doch gerade deshalb könnten die Räder mit elektrischem Hilfsmotor die umweltbewusstere der beiden Zweirad-Varianten sein. Das legt eine aktuelle Studie aus Norwegen nahe.

E-Bikes, auch unter dem Namen Pedelec unterwegs, finden sich in den vergangenen Jahren immer häufiger auf europäischen Straßen und Radwegen. Allein zwischen 2006 und 2012 haben die jährlichen Verkaufszahlen in Europa von 100 000 auf eine Million Elektroräder zugelegt. Gleichzeitig fördert auch die Politik das Fahrradfahren insgesamt.

Die EU-Kommission hat schon 2011 beschlossen, die Fortbewegung auf zwei Rädern zu unterstützen, und die norwegische Regierung hat sich sogar zum Ziel gesetzt, das Verkehrswachstum in Städten komplett mit nachhaltigen Transportformen aufzufangen. Im Jahr 2023 soll für acht Prozent aller Transporte das Fahrrad genutzt werden. Dafür muss der Anteil in dem skandinavischen Land allerdings noch deutlich steigen, momentan liegt er bei fünf Prozent und sinkt.

E-Biker radeln häufigerAslak Fyhri und Nils Fearnley vom norwegischen Institute of Transport Economics haben nun in einer aktuellen Studie das E-Bike als vielversprechendes Mittel identifiziert, den Zweirad-Anteil am Verkehr deutlich zu erhöhen. Die beiden Forscher – der eine Psychologe, der andere Transportökonom – haben für die Untersuchung 66 Norwegern aller Altersklassen aus der Metropolregion Oslo/Akershus Pedelecs zur Verfügung gestellt.

Für zwei beziehungsweise vier Wochen konnten die Probanden die Räder nutzen und mussten parallel ein Rad-Tagebuch über den Zweck ihrer Fahrten und deren Länge führen. Zur Sicherheit wurden die zurückgelegten Distanzen auch elektronisch gemessen. Es sollte geprüft werden, ob sich das Fahrrad-Verhalten der Testpersonen im Vergleich zur Zeit davor, als sie noch auf konventionellen Drahteseln unterwegs waren, ändern würde.

Eine Kontrollgruppe, die mit normalen muskelkraftbetriebenen Rädern im gleichen Zeitraum beobachtet wurde, sollte ausschließen, dass externe Faktoren abseits der E-Bikes das Nutzungsverhalten beeinflussen.

Die Ergebnisse sind deutlich: Die E-Biker fuhren deutlich häufiger und sehr viele weitere Strecken mit ihren modernen Zweirädern als sie es zuvor getan hatten. Mit dem elektronischen Helfer am Rahmen nahmen die Probanden das Fahrrad für durchschnittlich 1,4 Fahrten am Tag, zuvor waren es nur 0,9 Touren.

Die zurückgelegten Distanzen wurden außerdem deutlich größer. Mit einer Steigerung von 4,8 Kilometer auf 10,3 Kilometer sind die Strecken mehr als doppelt so lang wie vorher. Der Anteil des Fahrrads an allen genutzten Transportmitteln stieg von 28% auf 48%, also auf knapp die Hälfte. Bei der Gruppe, die mit purer Muskelkraft vom Fleck kommen musste, waren in der gleichen Periode keine Unterschiede zu beobachten.

Vor allem Frauen profitieren vom MotorDie Forscher stellten außerdem fest, dass die Effekte für weibliche Testpersonen größer waren. Frauen nutzten durchschnittlich für noch mehr Trips pro Tag das Rad als ihre männlichen Pendants. Eine Erklärung könnte sein, dass Frauen aufgrund ihrer geringeren Muskelkraft besonders von den Unterstützungsmotoren profitieren, schreiben die Forscher.

Männer wiederum hätten tendenziell noch mehr Kilometer gemacht, wenn sie einmal auf dem E-Rad saßen, als Frauen, heißt es in der Studie. Die Unterschiede seien hier allerdings nicht groß genug, um eine statistisch relevante Aussage zu treffen, schreiben die Autoren einschränkend.

Unklar sind sich Fyhrin und Fearley auch darüber, in welchem Bereich der weiten Radfahrwelt die Effekte in Zukunft am deutlichsten hervortreten werden: So ist der auf die E-Bikes zurückzuführende Rad-Anteil an der zurückgelegten Distanz im Pendelverkehr deutlicher gestiegen als der im Freizeit-Bereich. Anderseits haben die Spaßtouren in absoluten Zahlen an Länge gewonnen. Der Anteil, der auf den Transport entfällt, ist wiederum deutlicher gestiegen als der im sportlichen Trainingsbereich.

„Es ist schwer zu sagen, ob der gesellschaftliche Hauptbeitrag der E-Bikes darin besteht, den motorisierten Verkehr zu reduzieren oder einen aktiveren Lebensstil von Büroarbeitern zu fördern“, schreiben die beiden Autoren in ihrem Aufsatz. Wahrscheinlich werde es zwar beide Effekte geben, zum jetzigen Zeitpunkt erwarteten sie aber mehr Auswirkungen auf den Verkehr als auf die Gesundheit.

Doch Wechselwirkungen sind nicht ausgeschlossen, im Gegenteil. Die Wissenschaftler konnten einen Lerneffekt identifizieren: Je länger die Probanden ihre E-Bikes zur Verfügung hatten, desto intensiver nutzten sie sie.

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