Die Vereinten Nationen sehen es so, Ökonomen sind sich in dieser Sache ausnahmsweise einig: Wer keinen Zugang zu bezahlbarer Energie hat, ist in der Regel sehr arm – und hat kaum Chancen, die Armut zu überwinden. Besonders akut ist das Problem in so genannten „Off-Grid Communities“, jenen Gemeinschaften in ländlichen Gebieten und Slums, die an kein Netz angeschlossen sind. 1,4 Milliarden Menschen betrifft das weltweit, schätzen die UN.
Kein Wasser, keine Wärme, kein Strom – das ist nicht nur unwürdig, sondern auch lebensgefährlich. Jahr für Jahr sterben geschätzte vier Millionen Menschen an den Folgen häuslicher Luftverschmutzung. Die entsteht durch schmutzige Öllampen und offene Feuerstellen, auf denen Menschen so kochen wie im Mittelalter. Das betrifft beinahe 20 Prozent der Weltbevölkerung. Zwischen 0,8 und 1,2 Millionen Totgeburten kommen so nach Schätzungen im Jahr zustande.
In einer neuen Studie, die in den Environmental Research Letters erschienen ist, haben Forscher des Internationalen Instituts für angewandte Systemanalyse (IIASA) genau aufgeschlüsselt, was es kosten würdem alle Menschen mit moderner Energie zu versorgen. Sie schätzen, dass Investitionen zwischen 65 und 86 Milliarden US-Dollar pro Jahr ausreichen würden, um das Problem der Off-Grid-Communities bis 2030 zu beseitigen. Das klingt viel, beträgt aber nur drei bis vier Prozent der aktuellen jährlichen Investitionen im globalen Energiesystem.
Lösbare Aufgabe – wenn jemand zahlt„Unsere Analyse zeigt, dass ohne neue Politkmaßnahmen und Anstrengungen kein universeller Zugang zu moderner Energie bis 2030 machbar sein wird”, sagt Shonali Pachauri, der für das IIASA and er Studie mitgearbeitet hat. „Dabei sind die Investitionskosten aus globaler Sicht gering“, so Pachauri weiter.
Die Forschergruppe gibt an, dass zusätzliche Kapazitäten zur Stromerzeugung zwischen 21 und 28 Gigawatt ausreichen würden, um wenigstens ein bisschen Energie in alle länlichen Haushalte zu bringen. Das ist weniger, als China pro Jahr an zusätzlicher Kapazität aufbaut. Dieses Minimum an Energieversorgung wäre der Studie zufolge sogar mit 180 bis 250 Milliarden Dollar in den kommenden 20 Jahren zu stemmen – passende Politikmaßnahmen inclusive.
Warum gerade 2030? Die Vereinten Nationen hatten 2012 zum „Jahr der nachhaltigen Energie für jedermann“ ausgerufen. Das Ziel der Initiative: Bis 2030 soll jeder Mensch Zugang zu sauberer Energie haben. Armutsbekämpfung fängt demnach beim Strom an, oder zumindest beim sauberen Gasherd. Obendrein tut das dem Klima gut.
Geht es nach der aktuellen IIASA-Analyse, wird das Wusnchdenken bleiben. Mit den modellrechnungen schätzen die Forscher, dass ohne weitere Maßnahmen und Investitionen bis 2030 mindestens 600 bis 850 Millionen Menschen genauso mittelalterlich kochen müssen wie heute.
Im Video erklärt die Forscherin Shonali Pachauri die Ergebnisse: