Es klingt allzu paradox, was der Flughafen Stuttgart sich auf die Fahnen geschrieben hat. Man wolle die Nachhaltigkeitsstrategie ausbauen und mittelfristig zu einem der leistungsstärksten und nachhaltigsten Flughäfen Europas werden, kündigt das Management an. Der Umweltschutz sei als strategisches Unternehmensziel verankert worden, Überschrift: „fairport“.
Ein Ort, an dem jeden Tag bis zu 400 Flugzeuge starten und landen, darunter viele Billigflieger, ein Ort des Material- und Treibstoffverbrauchs und eine gigantische Müllquelle – geht das zusammen mit dem Begriff Nachhaltigkeit? Wohl kaum, könnte man meinen.
Der Internationale Controller Verein (ICV) sieht das anders und hat dem Flughafen deshalb den diesjährigen Green-Controlling-Preis verliehen. In Unternehmen kümmern sich die Controller (von engl. „control“ regeln, steuern) um die Geschäftsprozesse, sie überwachen und optimieren, wie in Konzernen das Geld ausgegeben wird. Wenn sich eine Firma Umweltziele setzt und eine Strategie wie der Stuttgarter Flughafen entwickelt, kommt den Controllern eine Schlüsselrolle zu.
Neuland für die Controlling-ExpertenIhre Nachhaltigkeitsziele hat der Flughafen Stuttgart in seinem "fairport-Kodex" definiert. Um sie auch anzuwenden, müssen diese Ziele in die strategische operative Planung integriert werden, Investitionen müssen dem Kodex entsprechen und die interne Berichterstattung muss auf die Einhaltung der Ziele achten. Und damit sich die ökologischen Kriterien in allen Unternehmensbereichen wiederfinden, achten die Controller auf diesen Prozess.
Für die Controller ist das den ICV-Experten zufolge Neuland: Die Controlling-Abteilung des Flughafens habe den Horizont des eigenen Aufgabenbereichs um ökologische Informationen erweitert, heißt es in der Begründung der Jury. „Die Weiterentwicklung unseres Controllings bringt ein noch stärkeres Bewusstsein für ökologische und soziale Themen in allen Unternehmensbereichen mit sich“, sagt Georg Fundel, Geschäftsführer der Flughafen-Betreibergesellschaft.
So abstrakt die im Kodex verankerte Nachhaltigkeitsstrategie daherkommt, so greifbar sind bisweilen die Auswirkungen: Jüngst hat der Flughafenbetreiber angekündigt, von den Airlines ab 2014 erstmals Gebühren für Schadstoffbelastungen zu verlangen – für einen Airbus A-319 etwa muss eine Airline dann 30 Euro für Stickoxide und Kohlenwasserstoffe abführen. Auch die Lärmentgelte sollen zum kommenden Jahr steigen. Alte, laute Flugzeuge werden damit systematisch benachteiligt.
Minus 23 Prozent Emissionen pro JahrEin weiteres Beispiel ist das Blockheizkraftwerk auf dem Flughafengelände: Mit dessen Betrieb sinke der CO2-Ausstoß des Flughafens jährlich um rund 23 Prozent, schreibt die Betreibergesellschaft. Ab dem kommenden Jahr will das Management einen jährlichen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen. Die Fluggäste können an Computer-Terminals die durch ihre Reise verursachten Emissionen berechnen und sie in Klimaschutzprojekten der Organisation atmosfair ausgleichen.
Weitere Nachhaltigkeitsthemen wie Solarenergie und Recycling stellt der Flughafen auf dem Rundgang „fairport STR“ vor. Flughäfen und Nachhaltigkeit passen nicht wirklich zusammen. Aber ein konsequentes Umweltmanagement ist ein Schritt in die richtige Richtung.