Technik für sauberes Trinkwasser Fünf innovative Lebensretter

Millionen Menschen fehlt Zugang zu Trinkwasser. Solarkollektoren, Mikro-Chips oder Windräder könnten das ändern.

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Es ist das fundamentalste der menschlichen Grundbedürfnisse: sauberes Wasser. Trotzdem ist es noch nicht gelungen, jedem Erdenbürger Zugang zu Trinkwasser zu verschaffen: 780 Millionen Menschen auf der Welt leiden darunter, dass sie ihren Durst gar nicht stillen können oder schmutziges Wasser trinken müssen. 2000 Kinder sterben daran täglich.

Vor allem in Entwicklungsländern führen Durchfallerkrankungen häufig zum Tod. Sie gehen auf die Keime und Bakterien im Wasser zurück, das getrunken oder in sanitären Anlagen verwendet wird. Das Problem könnte sich künftig sogar noch verschärfen: Gerade in Sachen Wasserversorgung wäre ein Anstieg der Erdtemperatur um nur zwei Grad dramatischer als bisher angenommen. Das belegen die jüngsten Ergebnisse eines internationalen Forscherteams: Es drohen vermehrt Dürren, Stürme oder Überflutungen. Für die weltweite Wasserversorgung, für Hygiene und Gesundheit der Betroffenen wäre das eine Katastrophe.

Seit Jahrzehnten tüfteln Wissenschaftler, Unternehmen und Startup-Gründer daher an Geräten, die Wasser von Schadstoffen reinigen  - und sie haben enorme Fortschritte gemacht. Noch nie gab es so viele technische Möglichkeiten wie heute, dem Trinkwasser-Problem Herr zu werden.

Wir haben eine Auswahl innovativer und ungewöhnlicher Lösungen zusammengestellt, die das Trinkwasserproblem in Zukunft lindern könnten.

Ein Spiegel als Bakterienkillerhttp://www.youtube.com/watch?v=mldIzgpRvdo#t=11

Zwei Wissenschaftler der US-amerikanischen Purdue University haben gemeinsam mit ihren Studenten ein simples System zur Wasserreinigung entwickelt: Testweise versetzten sie Wasser mit Bakterien. Dann pumpen sie es durch eine lichtdurchlässige Röhre. Diese liegt auf einem gebogenen Parabolspiegel, der die Sonnenstrahlen einfängt, spiegelt und konzentriert auf die Röhre lenkt. Dort zerstören die UV-Strahlen die Bakterien im Wasser. Es ist gereinigt (der Trick funktioniert auch, wenn man eine Plastikflasche lange genug in der Sonne liegen lässt).

Regen bringt doppelten Segen

Der Designer Agustin Otegui Saiz weiß, wie stark die Sonne scheinen kann. Er lebt im trockenen Mexiko. Seine Entwicklung Namens Photoflow nutzt Regenwasser - und schafft daraus nicht nur sauberes Trinkwasser sondern auch Energie. Saiz hat achteckige, trichterförmige Solarmodule auf einen Wasserbehälter montiert, die das Regenwasser auffangen. Auf den Solarzellen, die den Strom erzeugen, befindet sich eine spezielle Folie, damit sich kein Schmutz auf der Oberfläche sammelt und das Wasser abperlt. Ein Filter reinigt schließlich das Wasser, bevor es in einem 400-Liter-Auffangtank landet.

Trinkwasser für alle

Oft hapert es nicht an den Ideen, sondern an den Kosten. Dort wo Trinkwasser rar ist, sind die Menschen meist arm. Für umgerechnet etwa 13 Cent im Monat könne mit ihrem Filtersystem aber eine fünfköpfige indische Familie mit sauberem Trinkwasser versorgt werden, verspricht ein Forscherteam des Indian Institute of Technology in Madras. Ihr eimerförmiger Kanister ist mit einem Nanopartikel-Filter versehen, der unter anderem mit Eisenionen arbeitet. Das Besondere daran: So können auch Schwer- und Halbmetalle wie Blei und Arsen unschädlich gemacht werden.

Der Entsalzungs-Chip

97 Prozent des Wassers auf der Erde ist Meerwasser und ohne entsprechende Aufbereitung ungenießbar - wegen des hohen Salzgehalts. Das Trickwasser-Potenzial für so manche Küstenregion ist daher immens. Nur: Noch ist die Entsalzung des Wassers extrem teuer. Ulrich Tallarek von der Philipps-Universität Marburg hat deshalb mit Kollegen der University of Texas einen futuristisch wirkenden Chip entwickelt. In winzigen Kanälen oxidieren Chlorid-Ionen zu Chlor. In einen Kanal fließt das salzhaltige Wasser - in das andere das gesäuberte. Im Gegensatz zu den herkömmlichen und sehr aufwendigen Verfahren braucht es dafür nur den Chip und eine Batterie. Ob die Innovation allerdings für großtechnische Anlagen taugt, muss die weitere Entwicklung zeigen.

Wasser aus Wüstenluft

Aber was, wenn gar kein Wasser zur Verfügung steht? Die Erfindung des Ingenieurs Marc Parent zeigt, dass eigentlich immer welches da ist und man es nur nutzen muss: Im Wüstenstaat Abu Dhabi hat er eine Windkraftanlage gebaut, die einen Teil der erzeugten Energie sofort verwendet, um Wasser zu gewinnen. Die Konstruktion hat es auf die - wenn auch geringe - Feuchtigkeit der Luft abgesehen.

Sie saugt die Luft auf und erhitzt sie. Dadurch entsteht Dampf. Das darin enthaltene Wasser wird kondensiert und in einem Kompressor gekühlt. Das Wasser wird aufgefangen und mit Filtern gereinigt. Voilà: So zaubert man laut Parent 600 bis 800 Liter Trinkwasser täglich herbei - in der staubtrockenen Wüste.

Doch diese fünf Innovationen sind bei Weitem nicht die einzigen spannenden Entwicklungen im Bereich der Wasseraufbereitung. Dem Einfallsreichtum sind keine Grenzen gesetzt: An entlegene Orte der Welt will der Segway-Erfinder Dean Kamen in Zusammenarbeit mit dem Brauseproduzenten Coca-Cola seinen rollenden Frischwasser-Kiosk fahren und eine Konstruktion auf dem Gepäckträger eines Fahrrads nutzt die Kraft, die entsteht, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Natürlich geht es auch simpler - zum Beispiel mit einem Wasserfilter zum Einstecken in Zigarrenform:

 

 

 

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