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Tesla-Debatte Taugen Elektroautos schon für die Langstrecke?

Ein Test des Tesla Model S hat eine Leserdebatte darüber angestoßen, wie alltagstauglich E-Autos schon sind.

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2013 hat sich die Zahl der zugelassenen Elektroautos in Deutschland verdoppelt. Das sind gute Nachrichten für die Hersteller, obwohl sich die Verkaufszahlen mit 6051 Autos immer noch auf einem sehr niedrigen Niveau bewegen. Vor allem drei Dinge halten die Kunden derzeit noch ab, vermehrt zu den Stromern zu greifen: Der hohe Preis, die verglichen mit herkömmlichen Autos geringe Reichweite und das löchrige Netz an öffentlich zugänglichen Ladestationen.

Die Fragen, die sich viele Autofahrer stellen: Kann ich mit einem Elektroauto schon längere Strecken zurücklegen? Wenn nicht an der heimischen Steckdose, wo lade ich den Wagen auf? Und was mache ich, wenn mir unterwegs der Sprit ausgeht?

Mit diesen Fragen befasste sich auch ein Testbericht des Tesla Model S, der gestern hier auf WiWo Green veröffentlicht wurde. Der Autor und Mobilitäts-Blogger Christian Sauer beschreibt darin eine Langstreckenfahrt mit dem Wagen - rund 350 Kilometer von Wiesbaden in den Harz. Was folgte, war eine Odyssee: Unterwegs ging dem Wagen zwei Mal der Saft aus, das Finden von Ladesäulen gestaltete sich schwierig, am Ende musste das Auto sogar vom ADAC abgeschleppt werden.

Als Reaktion auf den Text schrieben Dutzende Leserinnen und Leser E-Mails mit Kritik, sie kommentierten unter dem Artikel und auf Facebook. Der Tenor: Der Autor sei selbst schuld an der Katastrophenfahrt und sträflich schlecht vorbereitet gewesen. Weder Tesla noch die Elektromobilität als solches treffe hier eine Schuld.

Im Februar vergangenen Jahres hatte eine ebenso ernüchternde Tesla-Testfahrt eines Reporters der New York Times eine ganz ähnliche Reaktion (auch von Tesla-Chef Elon Musk persönlich) in den USA ausgelöst. Auch in Deutschland unternahmen zwei Reporter des Manager Magazins im Dezember eine 900 Kilometer lange Testfahrt von München nach Amsterdam. Ihr Fazit wiederum: Das Auto ist für Langstrecken durchaus geeignet.

Allerdings hat Tesla auf der Strecke München-Amsterdam schon einige seiner hauseigenen Ladestationen - Supercharger genannt - installiert, so dass der Wagen zwischendurch immer wieder vergleichsweise schnell Strom tanken kann. Diese Möglichkeit gibt es auf der Strecke von Wiesbaden in den Harz noch nicht.

Im Tesla-Fahrtest der WirtschaftsWoche mit dem ehemaligen Formel-1-Profi Heinz-Harald Frentzen kam der Reporter allerdings zu dem Schluss: "Bei defensiver Fahrweise und viel Stadtverkehr sind sogar Distanzen von fast 400 Kilometern ohne Ladepause drin."

Wir wollen an dieser Stelle die einzelnen Kritikpunkte der Leserinnen und Leser an der Tesla-Testfahrt nocheinmal aufgreifen. Sie geben auch Aufschluss darüber, wie alltagstauglich die Elektromobilität in Deutschland tatsächlich schon ist.

1. Der Autor sei schlecht vorbereitet gewesenViele Kommentatoren bemängelten, der Autor habe nicht ausreichend recherchiert, wo sich zugängliche Ladestationen befinden und wer sie nutzen könne. Außerdem habe er die falschen Ladekabel mitgenommen.

Ein Leser schrieb dazu (auf der Seite von griin.de): "Für eine Langstrecke in Deutschland benötigt man auch mit einem Model S etwas mehr Planung, zumindest aktuell Stand Dezember 2013. Dann hätten Sie die Tour ohne Probleme mit einem passenden Typ2-Ladekabel, den passenden RFID-Karten zum Freischalten (der Ladestationen, Anm. d. Red.) und etwas mehr Reserve in der Reichweite geschafft."

Fazit: Ganz unbescholten sollte man die Langstrecke mit einem Elektroauto also nicht angehen.

Das zeigt aber auch: Den Komfort eines Benzin- oder Dieselfahrzeugs in regelmäßigen Abständen überall problemlos tanken zu können, bietet die Elektromobilität noch lange nicht. Was also tun? Um Ladestationen zu finden, wurde von den Lesern die Online-Plattform Lemnet empfohlen. Dort findet man auch Informationen zu den benötigten Ladekabeln und ob die Stationen spezielle Kundenkarten oder einen Zugangscode benötigen. Denn verschenken will seinen Strom kaum ein Betreiber der Stromzapfsäulen.

Wie eine Langstreckenfahrt ohne Problem ablaufen kann, beschreibt einer unserer Leser auf Facebook: "Ich bin erst vor kurzem von Stuttgart nach Hannover gefahren. Klar, ohne die SuperCharger ist es noch etwas aufwendig, aber es hat alles super geklappt. Im Vorfeld die Karte der Stadtwerke Kassel organisiert, mitten in der Stadt umsonst geladen und geparkt... Besser geht es nicht..."

2. Die Reichweite sei leichtfertig überschätzt wordenTesla ist ein US-amerikanisches Auto. Es verwundert deshalb nicht, dass die Reichweite von 480 Kilometern in der Beschreibung für eine Durchschnittsgeschwindigkeit von knapp 90 km/h angegeben ist. Viel schneller sind Autofahrer in den Staaten selten unterwegs. In Deutschland sieht das allerdings anders aus.

Wie ein Leser dazu kommentierte: "Das Bergauffahren (nahe Kassel, Anm. d. Red.) und das “Überholen mit 150 km/h” hat die Reichweite erwartungsgemäß schrumpfen lassen."

Fazit: Wie auch bei herkömmlichen Autos, sind die Verbrauchsangaben der Hersteller mit Vorsicht zu genießen. Wer keine Erfahrung mit dem Verbrauch eines Elektroautos hat, kann da schnell in Schwierigkeiten kommen. Wie ein anderer Leser schreibt: "Windrichtung und -Geschwindigkeit sind auch wichtig."

3. Mit einem Diesel- oder Benzinauto gebe es ähnliche ProblemeDas stimmt wohl. Wer nicht darauf achtet, wie voll oder leer sein Tank ist, kann mit jeder Art Auto auf der Strecke liegen bleiben. Auch der Verbrauch steigt und fällt je nach Fahrweise, Wetterbedingungen und Terrain. Allerdings fehlen den meisten Autofahrern bisher die Erfahrungswerte, wie sich das bei einem Elektroauto auswirkt.

4. Was können Autofahrer daraus lernen?Eigentlich selbstverständlich: Wer sich ein Elektroauto zulegt oder leiht, sollte sich vorher genau mit der Technik vertraut machen und auch in entsprechenden Foren über die Reichweite bei unterschiedlichen Fahrweisen (zum Beispiel im Tesla-Forum) und die Ladeinfrastruktur informieren. Bei einem Stromer ist das allerdings noch etwas mehr Aufwand als bei einem herkömmlichen Wagen, der beinahe überall tanken kann.

Einfach reinsetzen und losfahren - das gilt für moderne E-Autos auf einer unbekannten Langstrecke (noch) nicht. Wenn dann noch die wenigen verfügbaren Ladestationen zugeparkt sind, wie es beim Tesla-Test von Christian Sauer der Fall war, kann es durchaus zu Problemen kommen. Daran ist dann aber tatsächlich nicht Tesla oder die Elektromobilität als solches schuld - sondern es ist wohl einfach Pech.

Wenn Sie schon Erfahrungen mit der Nutzung von E-Autos auf der Langstrecke gemacht haben, posten Sie diese gerne unter den Text!

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