Textil-Revolution Startup färbt Stoffe ohne Wasser und Chemie

Kleidung zu färben, ist eine riesen Umweltsauerei. Ein Startup bietet nun eine Alternative. Adidas und Nike folgen.

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Im China fließt besonders viel von der giftigen Plörre. Chemikalien und Färbemittel aus Textilfabriken laufen dort oftmals ungeklärt in die Gewässer. Laut Greenpeace sind über zwei Drittel der Flüsse und Seen im Reich der Mitte verschmutzt.

China leidet weltweit unter der schlimmsten Wasserverschmutzung. Doch auch Länder wie Bangladesch, Thailand, Vietnam oder Indien sind betroffen. Denn die Sweatshirts und Jeans, die wir tragen, werden überwiegend in Asien gefertigt.

Die Textilbranche ist nicht allein für Gifte in Böden und Trinkwasser verantwortlich. Sie ist aber ein wichtiger Verursacher und dabei besonders durstig. Um ein Kilo Textilien zu färben, verbraucht sie zwischen 100 und 150 Liter Wasser. Für ein einziges T-Shirt fallen zwischen 25 und 30 Liter an.

Flüssiges CO2 statt Wasser

Dem Verbrauch der knappen Ressource setzt das holländische Startuo Dyecoo jetzt eine neue Technologie entgegen. Gemeinsam mit Studenten der Universität Delft hat Dyecoo eine Maschine entwickelt, die die Bekleidungs-Branche revolutionieren soll.

Die Holländer verwenden flüssiges Kohlenstoffdioxid, um Fasern einzufärben und verzichten damit komplett auf Wasser. Zusammen mit dem Farbstoff leiten sie das CO2 in ihre Färbe-Maschine, in der sich eine Textilrolle befindet. Der Druck darin ist mit 250 Bar so hoch, dass die Farbe tief in die Stofffasern eindringt. Ist das Material vollständig eingefärbt, wird das CO2 ausgeleitet und gereinigt. Es ist zu 95 Prozent wiederverwertbar.

Die Methode kommt nahezu ohne Chemikalien aus und hinterlässt statt Tanks voll toxischer Suppe kaum Abfallprodukte. Laut Dyecoo spart die Anwendung Zeit und ist so effizient, dass sich auch der Energieverbrauch und der Einsatz von Färbemitteln deutlich reduzieren.

Damit unterscheidet sich Dyecoo fundamental von Levi's "Less Water"-Initiative (WiWo Green berichtete), die nicht ohne Wasser auskommt. Auch zwei weitere Startups, darunter Color Zen aus New York, lösen das Wasserproblem auf kreative Weise. Color Zen verändert die Molekül-Struktur von Baumwolle, so dass sie Färbemittel rascher aufnimmt. Nach Angaben von Color Zen sind so 90 Prozent weniger Wasser, 95 Prozent weniger Chemikalien und nur die Hälfte an Farbstoffen nötig.

Auch das US-Startup AirDye verzichtet nahezu komplett auf Wasser. Es nutzt ein Wärmeverfahren, um Farbstoffe aus Papierträgern auf Stoffe zu übertragen.

Nike bringt "wasserfreies" Shirt auf den Markt

Die Innovation aus Holland hat bereits das Interesse einiger Branchenriesen, darunter Adidas und Nike, geweckt. Der US-Sportartikelhersteller ist im Februar 2012 bei Dyecoo eingestiegen und verwendet die CO2-Technologie in Taiwan. Im Juni 2014 hat Nike mit seinem „ColorDry“ Polo-Shirt erstmals in der Firmengeschichte eine Produktreihe auf den Markt gebracht, die kein Wasser beim Färben verwendet.

Ob die CO2-Technologie tatsächlich eine Textilrevolution auslösen kann, bleibt abzuwarten. Bislang kostet eine Färbe-Maschine zwischen zweieinhalb und vier Millionen US-Dollar – zu teuer für die meisten Unternehmen.

Die Verfahren von Dyecoo und AirDye haben einen weiteren Nachteil: Sie funktionieren nur mit Kunststoff, nicht mit Baumwolle. Die Molekül-Kur von Color Zen ist vielversprechend, aber ebenfalls teuer und mit einem hohen logistischen Aufwand verbunden.

Chinesische Textilunternehmen leiten indes weiterhin zweieinhalb Billionen Liter Abwässer pro Jahr in ihre Flüsse wie ein Bericht des “Institute of Public & Environmental Affairs“ zeigt.

Gerade deshalb sind Startups wie Dyecoo mehr als Hoffnungsschimmer am Cleantech-Horizont. Ob sie reüssieren, hängt mitunter davon ab, ob sich Unternehmen bald an Umweltkosten beteiligen müssen. Denn dann wird es schnell sehr teuer, Industriemüll in die Natur zu pumpen.

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