Tiefkühlfisch ist bei den Verbrauchern beliebt, schließlich ist er praktisch in der Zubereitung. Nach dem Auftauen ist er aber manchmal an den Rändern glasig und beim Garen verwandelt er sich in eine geleeartige Masse - dabei müsste er natürlicherweise in Segmente zerfallen. Der Grund für die Veränderung: Dem Fisch wurden Carbonate und Wasser zugesetzt, um mehr Gewicht zu erzielen.
„Der Zusatz von Carbonaten in unverarbeiteten Lebensmitteln ist in der EU verboten“, sagt Henner Neuhaus, Prüfleiter am Institut für Fische und Fischereierzeugnisse in Cuxhaven. Die Praxis wurde dennoch in Erzeugnissen auf dem niedersächsischen Markt nachgewiesen: „Bei Proben ist uns das Phänomen in den letzten Jahren vermehrt aufgefallen“, betont Neuhaus.
Deshalb geht das Fischkompetenzzentrum Nord, zu dem das Cuxhavener Institut gehört, in die Offensive: In einer Fortbildung informieren Experten am Donnerstag tierärztliche Sachverständige aus dem gesamtem Bundesgebiet, wie bei Überprüfungen der illegalen Praxis auf die Schliche gekommen werden kann. Manipuliert werden könne sowohl bei der Verarbeitung in Asien als auch hierzulande, so Neuhaus.
Die Deutschen und der Fisch
Der Pro-Kopf-Verbrauch an Fisch ist 2016 in Deutschland von 13,5 auf 14,2 Kilogramm gestiegen. Dies hat das Fisch-Informationszentrum erhoben. Insgesamt wurden in Deutschland Fisch und Meeresfrüchte mit einem Fanggewicht von circa 1,16 Millionen Tonnen verzehrt. Die im Einzelhandel verkaufte Menge ging allerdings um 8 000 Tonnen auf 412 000 Tonnen zurück.
Obwohl die im Einzelhandel verkaufte Fischmenge zurückging, gaben die Kunden mehr Geld für Fisch und Meeresfrüchte aus. Laut der Gesellschaft für Konsumforschung belief sich die Summe auf 3,8 Milliarden Euro. Im Vorjahr waren es noch 3,7 Milliarden Euro.
Der Vorsitzende des Fisch-Informationszentrums, Thomas Lauenroth, bezeichnete den steigenden Fischkonsum als erstaunlich, angesichts der exorbitanten Preisentwicklung gerade bei Lachs und Nordseekrabben. Fisch und Meeresfrüchte hätten sich nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im vergangenen Jahr um 3,3 Prozent verteuert, Lebensmittel insgesamt aber nur um 0,8 Prozent.
Trotz der hohen Preise ist Lachs weiterhin der beliebteste Speisefisch. Er hatte 2016 einen Marktanteil von 19,2 Prozent. Auf Platz zwei folgte Alaska-Seelachs mit 18,3 Prozent, der auch zu Fischstäbchen verarbeitet wird. Knapp dahinter liegen der Hering mit 17,4 Prozent und der Thunfisch mit 11,5 Prozent.
Die Deutschen kaufen ihren Fisch am liebsten beim Discounter oder in anderen Supermärkten. Der Anteil der Fischfachgeschäfte am Gesamtumsatz ging von 8,9 auf 8,1 Prozent zurück. Die Kunden greifen vor allem zu Tiefkühlfisch, Konserven und Marinaden. Allerdings wird Frischfisch und aufgetauter Fisch beliebter.
Das Institut für Fische und Fischereierzeugnisse hatte 2016 in jeder fünften Probe von tiefgefrorenem Fischfilet in Niedersachsen verbotene Carbonate entdeckt. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit beanstandete seit 2016 jede sechste Probe, weil etwa Fremdwasser nicht deklariert worden war. Eine Zunahme fehlerhafter Deklarationen sei allerdings in Bayern nicht feststellbar, sagte ein Sprecher. Auch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit kann bisher noch keinen Trend für das gesamte Bundesgebiet erkennen.
Fremdwasserzugaben in Fischfilets sind grundsätzlich auch erlaubt. „Aber wenn mehr als fünf Prozent Wasser zugesetzt werden, muss das auf der Packung gut sichtbar deklariert werden“, sagt Neuhaus. Als Zutaten mit wasserbindenden Eigenschaften dürfen beispielsweise Phosphate und Zitronensäure verwendet werden - diese müssen aber angegeben werden.
Vor einigen Jahren war der bei Verbrauchern beliebte Pangasius in die Schlagzeilen geraten, weil Gefrierfilets mit Wasser aufgepumpt wurden und dies nicht deklariert worden war. Betroffen ist aber nicht nur der Pangasius: Auch in anderen Fischereierzeugnissen wie Tintenfisch oder Garnelen wurden Carbonate gefunden, so Neuhaus. Eine Gesundheitsgefahr für den Verbraucher bestehe dadurch nicht, versichert Tiermediziner Neuhaus.
Für Silke Schwartau, Ernährungsexpertin bei der Verbraucherzentrale Hamburg, ist es allerdings ein klarer Betrug. Denn der Käufer bezahle nach Gewicht. Dieser habe sich aber offenbar schon an das Fremdwasser im Fisch gewöhnt. „Geschädigt werden auch die Hersteller, die sich an die Gesetze halten.“
Wasser in Fischfilets wird von Herstellern aber nicht nur verwendet, um den Gewinn zu erhöhen. „Fisch wird beim Gefrierprozess trockener und verliert dadurch seine Saftigkeit“, erklärt Neuhaus. Um die sensorischen Eigenschaften zu verbessern, fügten manche Hersteller dem Filet bewusst Wasser zu, das von der Muskulatur gebunden wird. „Es gibt Verbraucher, die das so lieber mögen, andere finden ihn pur besser“, sagt Neuhaus. Ein Problem gebe es, wenn Grenzwerte überschritten oder die entsprechende Kennzeichnung fehlt - und somit der Verbraucher getäuscht werde.
Häufig verwechselt wird die Fremdwasserzugabe mit der Wasserglasur um den TK-Fisch. Der Mantel diene aber als Schutz vor Gefrierbrand, so Neuhaus: „Für die Glasur darf gemäß der Leitsätze für Fische, Krebs- und Weichtiere bis zu 20 Prozent Wasser verwendet werden.“ Aber auch hier gilt: Das Gewicht des Filets muss ohne Glasuranteil angegeben werden.