Treibstoffe Bill Gates investiert 100 Millionen Dollar in Biosprit-Startup

Biosprit aus Pflanzenabfall: Das Unternehmen Kior bekommt jetzt Hilfe von Microsoft-Gründer Bill Gates.

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Mit einer 100-Millionen-Dollar-Spritze rettet Microsoft-Gründer Bill Gates das texanische Unternehmen Kior. In Columbus im US-Bundesstaat Mississippi betreibt das Startup eine großtechnische Anlage, die Bioabfälle wie Stroh, Grünschnitt, Holzschnippsel und einfache Pflanzen wie Präriegras in Rohöl, das wie Erdöl weiterverarbeitet werden kann, Koks und Gas umwandelt.

Dummerweise funktioniert das längst nicht so gut, wie es der Capital-Venture-Spezialist Vinod Khosla erhofft hat, der den Bau der Anlage in Mississippi großenteils finanziert hat. Im zweiten Quartal 2013 produzierte sie gerade mal 75.000 Gallonen Öl statt der 300.000 bis 500.000 Gallonen, die Kior-CEO Fred Cannon noch Anfang des Jahres versprochen hatte.

Jetzt springt Bill Gates ein, Microsoft-Gründer und vielfacher Milliardär. Er investiert 100 Millionen Dollar. Damit will Cannon die Bioölanlage erweitern. Allerdings fehlen noch Investoren, die mindestens genauso viel riskieren.

Ähnlich wie in einer Anlage in Kalkar am Niederrhein, in der Biomasse mittels Hydrothermaler Carbonisierung in Kohle umgewandelt wird, ahmt auch Kior einen natürlichen Prozess nach, bei dem innerhalb von Millionen Jahren Biomasse in Kohle, Erdöl und Erdgas umgewandelt wurde.

2000 LKW-Ladungen Bioabfall könnten in der Anlage landen

Und so funktioniert das Verfahren: Kior transportiert die getrocknete Biomasse dafür in einen Reaktor. Unter hohen Temperaturen und hohem Druck und mit Hilfestellung eines vom Unternehmen geheim gehaltenen Katalysators entstehen flüssige, feste und gasförmige Kohlenwasserstoffe, die Erdöl, Kohle und Synthesegas ähneln.

In einem Separator werden in einem zweiten Schritt Öl und Gas abgetrennt. Ersteres wird in eine Raffinerie gefahren und dort wie Erdöl zu Treibstoffen weiterverarbeitet. Das Gas wird verbrannt, die Abgase treiben einen Turbogenerator an, der Strom erzeugt. Der Koks, der am Katalysator klebt, wird ebenfalls verbrannt. Dabei wird der Katalysator frei, sodass er erneut genutzt werden kann (hier gibt es eine anschauliche Animation des Verfahrens).

Den Prozess hat das niederländische Unternehmen BIOeCON entwickelt. Gemeinsam mit Khosla gründete es Kior, um die Technik zu vermarkten. Problematisch dürfte der geringe Energiegehalt der eingesetzten Biomasse sein. Immerhin braucht die jetzt laufende Fabrik pro Jahr schätzungsweise 60.000 Tonnen, wenn sie ihre volle Kapazität erreicht. Das sind etwa 2000 Lkw-Ladungen, die über teilweise große Entfernungen transportiert werden müssen. Dabei wird bereits eine Menge an Energie in Form von Treibstoff verbraucht.

Verfahren mit PotenzialAm Karlsruher Institut für Technologie wird gerade Bioliq in Betrieb genommen, eine Anlage, in der ebenfalls eine Art Rohöl aus Stroh und anderer Biomasse hergestellt wird. Dieser so genannte Slurry soll, wenn das Verfahren kommerzialisiert wird, ebenfalls in große Raffinerien transportiert und in Treibstoffe umgewandelt werden.

In Karlsruhe hat man, um das Verfahren zur technischen Reife zu bringen, auf eine räumliche Trennung der Anlagenteile verzichtet. Geplant ist, den Reaktor, in dem der Slurry hergestellt wird, aus einem Umkreis von 25 Kilometer zu versorgen. Pro Jahr verarbeitet er rund 5000 Tonnen.

Ob nun aus den USA oder aus Karlsruhe kommend, der Vorteil dieser neuesten Generation von Biosprit ist klar: Wenn statt wertvoller Nahrungsmittel wie Mais, Raps und Soja Bioabfall zu Sprit wird, ist die leidige Diskussion um Tank gegen Teller beendet. Nahrungsmittel werden dann tatsächlich wieder zu Essen.

Die Frage bleibt bei all diesen Verfahren allerdings, ob überhaupt genug Bioabfall existiert, um große Mengen Biosprit herzustellen? Durchaus, antworten darauf deutsche Forscher in einer aktuellen Studie. Sie haben berechnet: Von den 30 Millionen Tonnen Stroh, die jährlich in Deutschland anfallen, könnten acht bis dreizehn Millionen zur Treibstoffproduktion genutzt werden. Vielleicht ist das Geld von Bill Gates also doch gut angelegt.

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