
Dass Einwegbecher für Kaffee zum Mitnehmen eine Umweltsünde sind, hat sich inzwischen herumgesprochen. Aber die Müllprobleme durch Essen und Trinken sind damit längst nicht am Ende. Unzählige Restaurants, Snackbars, Bäckereien und Supermärkte in Deutschland bieten Salate, Sushi, Burger, Fruchtjoghurts und andere kleine Mahlzeiten in Einwegbehältern. Und das sind nur die stationären Geschäfte - hinzu kommt der Liefer-Boom beim Essen, der die Verpackungsmüll-Flut noch verschärft.
Dahinter stecken veränderte Bedürfnisse der hungrigen Kundschaft: Viele wollen ihr Essen schnell, unkompliziert und möglichst ohne sich die Finger schmutzig zu machen. Einfach aufreißen und reinbeißen heißt dabei die Devise. „Essen war nie bequemer, aber auch nie unökologischer“, sagt Thomas Fischer, Experte für Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe. „Es gibt einen regelrechten Boom, was vorverpacktes Essen angeht.“
Auch Bioläden machen da keine Ausnahme. Das bringe den Händlern und Verpackungsherstellern satte Gewinne, denn die Vorportionierung müsse teuer bezahlt werden, kritisiert Fischer. „Kleine Salate in einer Hartplastikschale kosten schnell bis zu fünf Euro, und auch ein einfaches Sandwich kostet in der Hartplastikschale für den Hunger für unterwegs vier Euro oder mehr. Ressourcenverschwendung lohnt sich also“, so der Experte.
So funktioniert der Supermarkt ohne Verpackung
Wir machen zu viel Müll, glauben die Unterstützer und Gründer der verpackungslosen Supermärkte und verschmutzen damit die Umwelt. Supermärkte ohne Verpackung versuchen den Müll so weit wie möglich zu minimieren. Die Lebensmittel werden nicht abgepackt angeboten, sondern in großen Behältern präsentiert, aus denen sich die Kunden selbst bedienen können.
Im "Unverpackt Kiel" werden die Lebensmittel in großen Spendern, so genannten "Bulk-Bins", aufbewahrt. Auf Knopfdruck kann der Kunde aus ihnen die Ware abzapfen. Andere verpackungslose Supermärkte setzten auf ähnliche Modelle. Weil in der EU eine Kennzeichnungspflicht gilt, müssen die Händler zudem Informationen zu den Inhaltsstoffen bereithalten.
Für Supermärkte ohne Verpackung gelten die gleichen Hygienevorschriften, wie für den normalen Lebensmittelhandel. Die abgeschlossenen Spender garantieren dabei die saubere Lagerung der Produkte. Bislang gibt es von offizieller Seite keine Beanstandung gegen diese Art der Aufbewahrung. Die bisherigen Anbieter verzichten aus Sorge um die Hygiene aber weitgehend auf frische tierische Produkte wie Fleisch und Milch.
Discounter-Preis-Niveau können weder Marie Delaperrière noch ihre Mitstreiter bieten. Im Schnitt liegt der Produktpreis der unverpackten Ware aber etwa auf Augenhöhe mit normalen Supermärkten oder sogar leicht darunter. Zum einen drückt der Verzicht auf die Umverpackung die Kosten. Und zum anderen können Kunden genau bestimmen, wie viel sie kaufen wollen. Das senkt die Kosten für weggeworfene Lebensmittel.
Mehrwegboxen für Lieferdienste
Eine Lösung könnten aus seiner Sicht Mehrwegsysteme sein: „Kunden bestellen Essen auf Rädern in pfandpflichtigen Mehrwegboxen und lassen sie bei der nächsten Bestellung über den Anbieter wieder mitnehmen“, schlägt Fischer vor. Gerade für Menschen, die regelmäßig bei Online-Lieferdiensten bestellen, komme das in Frage.
Dafür müssten allerdings auch politische Rahmenbedingungen angepasst werden. Neben steuerlichen Anreizen beim Einsatz von Mehrweggeschirr könne auch eine Ressourcensteuer für das Inverkehrbringen von Verpackungen helfen, die Abfallberge schrumpfen zu lassen.
Eine Mehrweg-Initiative für das Essen zum Mitnehmen gibt es bereits, und zwar in Stuttgart: Dort hatten sich neun Gastronomiebetriebe zusammengeschlossen, die ihren Kunden wiederverwendbare Behälter für verschiedene Gerichte sowie Becher für Müsli und Getränke anbieten. Das Geschirr kann man in einem der Partnerrestaurants abgeben oder wieder befüllen lassen.