Vietnam Neues Abwasser-System liefert Gas, Wärme und Dünger

Von der Unterdrucktoilette zur Biogasanlage ist es in Da Nang künftig ein kurzer Weg. Das spart Wasser.

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Abwasser ist zunächst einmal ein wenig eklig. Allerdings stecken im menschlichen Unrat wichtige Nährstoffe, die zum Beispiel für die Landwirtschaft sehr wertvoll sind.

Nicht zuletzt steckt im Abwasser auch eine Menge Energie. (Über die Umwandlung von Klärschlamm zu Kohle berichteten wir bereits.) Deshalb wird es in Vietnam künftig dazu genutzt, Strom und Dünger für die Landwirtschaft zu produzieren.

DEUS 21 heißt das System, das zusätzlich den Wasserverbrauch senken soll. Zentrales Element ist eine Unterdrucktoilette. Statt jedes Mal drei bis neun Liter Wasser ins Kanalnetz zu spülen, wie es bei normalen WCs üblich ist, werden die Fäkalien bei dieser Technik abgesaugt. Das System ähnelt dem von Toiletten in Flugzeugen und Zügen.

Weniger Abwasser, mehr EnergieDer Wasserverbrauch pro Spülgang sinkt so auf weniger als ein Liter. Das geht nur, weil die Fäkalien nicht durch einen Kanal fließen, sondern direkt in einer Biogasanlage landen – direkt neben den Küchenabfällen nahe gelegener Hotels.

Beim Vergären entsteht ein brennbares Gas, dessen Nutzung noch nicht endgültig geklärt ist. Es könnte in einem Motor verbrannt werden, der einen Generator zur Stromversorgung antreibt, oder direkt per Nahgasleitung zu Verbrauchern geleitet werden, beispielsweise in die Hotels, welche die Küchenabfälle liefern.

Das Wasser, das die Biogasanlage verlässt, ist noch so warm, dass es sich lohnt, diese Energie mit einer Wärmepumpe zu nutzen. Zudem ist es reich an Nährstoffen für Pflanzen. Es soll, nachdem es von Feststoffen befreit ist, zur Bewässerung und Düngung von Feldern genutzt werden. Hier spart das System zum zweiten Mal Wasser ein, denn die Landwirte können auf einen Teil des Grundwassers verzichten, dazu noch auf teuren Dünger.

Start mit 500 MenschenErstmals wurde das Dezentrale Urbane Infrastruktur-System (daher das Kürzel DEUS) vor einigen Jahren im baden-württembergischen Knittlingen nahe Pforzheim realisiert. Jetzt schafft es den Sprung nach Fernost.

Zunächst werden 110 Grundstücke in der vietnamesischen Stadt Da Nang angeschlossen, auf denen rund 500 Menschen leben. Die Abwässer von Wasch- und Spülmaschinen, aus Duschen, Küchen und Bädern werden wie bisher in normalen Abwasserleitungen gesammelt und derzeit noch einfach auf Sickerfeldern entsorgt.

Die Forscher des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) in Stuttgart, die DEUS 21 entwickelt haben, optimierten auch die Biogasherstellung. „Mit unserer Lösung lässt sich etwa doppelt so viel Biogas produzieren wie in herkömmlichen Kläranlagen in Deutschland“, sagt Gruppenleiter Marius Mohr vom IGB.

Um die Qualität des Wasserdüngers noch zu verbessern, könnten die Biogasreaktoren mit einer Membranfiltration gekoppelt werden, um zusätzlich Bakterien abzutrennen. Das ist in Da Nang aus Kostengründen allerdings nicht vorgesehen.

DEUS 21 ist vor allem für Regionen geeignet, die unter starkem Wassermangel leiden. Da ein doppelt ausgelegtes Abwasserrohresystem nötig ist, ist es nur bedingt zur Nachrüstung geeignet. Besser ist die Einführung in einem Neubaugebiet wie in Knittlingen, weil dann geringere Installationskosten anfallen.

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