Wie steht es um kommerzielle Nutzungsmöglichkeiten?
Es gibt schon Versuchsanlagen, etwa in Israel und den Niederlanden, in denen Wasserlinsen angebaut werden - hier geht es vor allem um Biomasse-Produktion, weil Wasserlinsen so wahnsinnig schnell wachsen. Es sind die am schnellsten wachsende Blütenpflanze überhaupt. Wie wirtschaftlich es ist, Wasserlinsen in großem Stil zu züchten, müssen allerdings andere beurteilen. Der wichtigste Aspekt ist Wasser, sowohl Qualität als auch Menge. Vor allem in warmen Ländern muss die Verdunstung möglichst gering gehalten werden - aber das ist eine Aufgabe für Ingenieure. Wir betreiben die Grundlagenforschung im Labor.
In Sachen Ernährung gibt es zum Beispiel eine israelische Firma, Green Onyx, die ein etwa kaffeemaschinengroßes Gerät vertreibt. Darin können Sie Ihre eigenen Wasserlinsen für den Hausgebrauch ziehen.
Das klingt, als könnte das für Vegetarier und Veganer hierzulande das neue große Ding sein.
Auf jeden Fall. Selbstgezogene Wasserlinsen sind so grün, bio und vegan, dass es schlimmer nicht geht. (lacht)
Alternative Ernährungsformen
Flexitarier sind Menschen, die gesundheitsbewusst leben und sich auch so ernähren. Für sie gibt es nicht unbedingt grundsätzliche Bedenken, Fleisch zu konsumieren. Das kommt bei Flexitariern nämlich durchaus auf den Teller - aber nur selten. Und wenn, dann stammt das Tier meist aus artgerechter Bio-Haltung, wenn möglich aus der näheren Umgebung. Flexitarier sind nämlich oft unter den sogenannten Lohas* zu finden. Neben dem Wissen, dass eine einseitig fleischlastige Ernährung für den modernen Stadtmenschen ungesund ist (und manchmal auch der zelebrierten Vorfreude auf den Sonntagsbraten als etwas Besonderem!) sind sich Flexitarier auch der Umweltschädlichkeit extensiven Fleischkonsums bewusst.
*Menschen, die einen gesundheitsbewussten und nachhaltigen Lebensstil pflegen (Lifestyle of Health and Sustainability)
Freeganer zeichnen sich weniger durch strenge Regeln der Form "Das darf ich essen - das darf ich nicht essen" aus, als durch den Willen, mit dem Ort ihres Nahrungsmittelbezugs ein Zeichen zu setzen. Freeganer gehen nicht in den Supermarkt, sondern dahinter. Sie holen sich ihr Essen aus dem Müll der Supermärkte und Discounter und setzen sich damit gegen die Wegwerfgesellschaft und Lebensmittelverschwendung ein.
Frutarier pflegen eine besonders strenge Form der pflanzenbasierten Ernährung. Die Ernte der von ihnen gewählten Pflanzen(-bestandteilen) darf den Gesamtorganismus der Pflanze weder beschädigen noch seinen Tod zur Folge haben. Manche Frutarier verzehren Äpfel beispielsweise nur als Fallobst. Knollen etwa (wie Kartoffeln) sind nicht erlaubt: Sie sind der Energiespeicher der Kartoffelpflanze und daher für sie auf Dauer lebenswichtig.
Lacto-Vegetarier nehmen keine Eier zu sich. Milchprodukte dürfen neben Lebensmitteln nicht-tierischen Ursprungs aber verzehrt werden.
Ovo-Lacto-Vegetarier praktizieren eine relativ weit verbreitete und im täglichen Leben eher unkomplizierte Form des Vegetarismus. Neben rein pflanzlichen Produkten wie Obst oder Gemüse nehmen Ovo-Lacto-Vegetarier auch Eier und Milchprodukte zu sich, also Lebensmittel, für deren Gewinnung keine Tiere geschlachtet werden müssen.
Keine Milchprodukte, aber Eier (und pflanzliche Speisen) dürfen Ovo-Vegetarier zu sich nehmen. Unter anderem eine Lösung etwa für Vegetarier, die kein moralisches Problem mit dem Verzehr von Eiern haben, aber an einer Lactose-Intoleranz leiden.
Pescetarier sind Menschen, deren Ernährungsplan Fisch (je nach Ausprägung auch Weichtiere, Milch und/oder Eier) und vegetarische Kost kombiniert. Pescetarismus ist oft, wie andere alternative Ernährungsformen auch, mit einem Unbehagen der Massentierhaltung gegenüber verbunden.
Vegane Ernährung bedeutet: Weder Fisch noch Fleisch, noch Eier oder Milchprodukte stehen auf dem Speiseplan. Stattdessen gibt es Obst und Gemüse. Für die Eiweißversorgung nutzen Veganer (wie viele andere Vegetarier übrigens auch) pflanzliche Proteine, enthalten etwa in Tofu (Sojaeiweiß) oder Seitan (Weizeneiweiß - Gluten). Strengen Veganern ist der Veganismus aber mehr als eine Ernährungsform: Sie lehnen die Nutzung von Tieren (und daher auch tierischer Produkte) ab. Das heißt für einen strengen Veganer: Neben den oben aufgezählten Produkten meidet er auch Honig und Wachsprodukte, Kosmetika mit tierischen Inhaltsstoffen sowie Leder. Wer streng vegan orientiert ist, kann im Supermarkt nicht einfach zu Fertig-Produkten greifen - oft verstecken sich in der langen Zutatenliste solcher Gerichte Milchpulver, Butterreinfett oder Hühnerei-Eiweißpulver. Ein strenger Veganer braucht daher ein gewisses Maß an Durchhaltevermögen und Akribie.
Könnte es also bald Entengrütze-Smoothies im Supermarkt geben?
Nein, zumindest nicht in naher Zukunft. Für europäische Länder, in denen man Wasserlinsen ja nicht traditionell verzehrt, gibt es eine große Hürde: Die Novel Food Verordnung aus Brüssel.
Welche bürokratischen Hürden tun sich da auf?
Wasserlinsen werden als "neuartiges Lebensmittel" klassifiziert. Das bedeutet, dass die gleichen Untersuchungen durchgeführt werden müssen, die auch für gentechnisch veränderte Pflanzen vorgeschrieben sind. Das sind aufwändige, teure Untersuchungen. Das kann kein kleines Start-up leisten. In Wageningen in den Niederlanden gibt es eine Forschungsgruppe, die versucht, die geforderten Analysen anzufertigen. Sie wollen herausfinden, ob es irgendetwas gibt, was die Verwendung als menschliches Nahrungsmittel stören könnte. Mit den Kollegen stehen wir im engen Austausch. Ich kann es mir ehrlich gesagt nicht vorstellen: Seit Hunderten von Jahren wird die Pflanze in anderen Ländern gegessen; wenn da irgendetwas wäre, hätte man das gemerkt - auch ohne teure Analysen. Aber gut, da müssen wir jetzt durch.
Wie geht es weiter mit Ihrer Forschung?
Jetzt konzentrieren wir uns auf die Gattung Wolffia und all ihre Arten in der menschlichen Ernährung. Alle beteiligten Kollegen haben schon ihre Zustimmung gegeben und wollen weiter forschen. Man muss sich klar machen: Bisher haben wir nur Pflanzen gesammelt. Es hat ja noch gar keine Züchtung stattgefunden, wie wir es etwa seit Jahrtausenden bei Getreide haben. Das steht uns alles in wesentlich kürzerer Zeit bevor und kann die Eigenschaften der Pflanze massiv verändern. Nehmen Sie zum Beispiel Zuckerrüben: Noch vor 50 Jahren war da nicht mal die Hälfte des heutigen Zuckergehalts drin. Wir können also noch eine Menge erwarten.