Bisher war der Chemiekonzern Dow-Deutschland eher für seine rauchenden Schlote bekannt und dafür, dass er nach der Deutschen Bahn einer größten Stromverbraucher im Land ist. Außerdem geriet das Unternehmen kürzlich in die Schlagzeilen, weil es an seinem Standort in Stade ein Mischkraftwerk plant, das auch mit Kohle betrieben werden soll. Dass das Unternehmen auch für die Energiewende etwas tun will, zeigt sich am neuesten Projekt des Chemieriesen.
Denn laut Ralf Brinkmann, Chef von Dow-Deutschland, plant das Unternehmen einen unterirdischen Wasserstoffspeicher in Stade nahe Hamburg. Wie das funktionieren soll, erklärt Brinkmann im Gespräch mit WiWo Green so:
"Wasserstoff ist ein ausgezeichneter Energieträger und lässt sich mit Strom aus Wasser erzeugen. Das geschieht per Elektrolyse - einem in der Chemieindustrie seit Jahrzehnten praktizierten Verfahren. Jetzt haben wir uns mit Industriepartnern zusammengetan, um zu prüfen, wie wir diesen Prozess bald auch mit überschüssigem Windstrom aus Norddeutschland und künftig auch Offshore-Windparks betreiben können. Der so erzeugte Wasserstoff lässt sich dann bei Bedarfsspitzen in Brennstoffzellen oder Gasturbinen in Strom zurückverwandeln."
Die Idee, Wasserstoff als Speichermedium für überschüssigen Windstrom zu nutzen, ist keineswegs neu. Schon seit Jahren propagieren Technikvordenker wie Jeremy Rifkin gar eine "Wasserstoff-Ökonomie". Rifkin geht davon aus, dass Wasserstoff der perfekte Energieträger der Zukunft ist, eben wegen seiner Vielseitigkeit. Er kann zu Strom und Wärme werden, oder auch zu Treibstoff.
Kavernen, groß wie der Kölner DomBisher bemängeln viele Experten aber den geringen Wirkungsgrad der Umwandlung von Strom in Wasserstoff und wieder zurück. Rund 70 Prozent der Energie gehen in diesem Prozess verloren. Ralf Brinkmann dazu:
"Was ist die Alternative? Derzeit müssen die Betreiber Windparks vom Netz nehmen, wenn die Nachfrage zu gering ist. Trotzdem erhalten sie Vergütung für den nicht erzeugten Strom. Statt die Energie verpuffen zu lassen, sollte man sie besser speichern - auch wenn dabei ein großer Teil der Energie verloren geht."
Zur Lagerung des Wasserstoffs sollen riesige Salzstöcke dienen, aus denen Dow derzeit Sole für seine chemischen Prozesse fördert. Im Laufe der Zeit sind so unterirdische Kavernen entstanden, deren Volumen etwa dem des Kölner Doms entspricht. Wird nur eine dieser Kavernen mit Wasserstoff gefüllt, genügt das laut DOW, um 480 000 Haushalte einen Monat lang mit Strom zu versorgen.
Aber ist das ganze Projekt auch wirtschaftlich? Brinkmann dazu:
"Wir sind noch in der Entwicklungsphase, aber refinanzieren lässt sich so ein Speicher nur über Börsenstrompreise kaum. Mit der Sicherung der Netze und der Stromversorgung bieten wir aber einen extra Nutzen. Der sollte entsprechend vergütet werden. Da ist wiederum die Politik gefragt."
Technisch sei so ein Speicher heute schon möglich, sagt Brinkmann. Einzig die Wasserstoffelektrolyse müsse für diese konkrete Anwendung noch ausgelegt werden. Denn bisher ist die Umwandlung von Wasser in Wasserstoff ein kontinuierlicher Prozess - soll aber überflüssiger Strom genutzt werden, muss das System schnell auf Schwankungen reagieren können und sich an- und abschalten lassen.
Eine der Kavernen ist dagegen jetzt schon Einsatzbereit, denn Dow nutzt sie derzeit als Gasspeicher. Schon 2018 soll dort dann der erste Wasserstoff lagern. Die Pilotphase für das Projekt soll 2014 beginnen.