Windanlagen-Forschung Neue Kunststoffe für ultraleichte Rotorblätter

Tschüss Kohlenstoff: Fraunhofer-Forscher setzen auf thermoplastische Kunststoffe, um robuste und extrem leichte Rotorblätter herzustellen.

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Sieht fast aus wie aus Holz: neuartige Rotorblätter. (Foto: Fraunhofer ICT)

Offshore-Windräder werden immer größer und schwerer. Windräder mit bis zu 80 Meter langen Rotorblättern und einem Rotordurchmesser von über 160 Metern sollen für maximale Energieausbeute sorgen. Bis zu 58 Tonnen wiegt dabei ein einzelnes Rotorblatt. Transport, Installation, Abbau und Entsorgung stellen die Betreiber vor neue Herausforderungen.

Windanlagenhersteller Adwen plant mit einer Länge von 88,4 Meter das größte Rotorblatt der Welt einzusetzen. Da die Länge der Blätter durch ihr Gewicht begrenzt wird, gewinnen leichte Systeme mit großer Materialfestigkeit eine immer größere Bedeutung. Ein geringeres Gewicht erleichtert die Montage, den Abbau sowie die Stabilität der Anlagen auf See.

Neue Kunststoffe sollen insbesondere den Bau von Offshore-Windrädern deutlich vereinfachen. (Foto: Fraunhofer ICT)

Fraunhofer-Forscher entwickeln jetzt gemeinsam mit Industriepartnern Materialien, die die Blätter leichter und langlebiger machen. Außerdem können sie noch recycelt werden. Etwa sechs Tonnen leichter ist ein 80 Meter langes Rotorblatt mit den neuen Materialien der Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie ICT im Vergleich zu den Giganten aus herkömmlichen Materialien.

Neue Kunststoffe für robuste Rotorblätter

Die meisten Rotorblätter bestehen aus kohle- und glasfaserverstärkten Kunststoffen, die nicht geschmolzen und damit nur sehr bedingt recycelt werden können. Bisher spielt das für Offshore-Rotorblätter noch keine Rolle. Rund 20 Jahre halten sie an Land – dass sie über einen so langen Zeitraum auch auf hoher See durchhalten, müssen sie allerdings noch beweisen.

Im EU-Projekt WALiD (Wind Blade Using Cost-Effective Advanced Lightweight Design) verfolgen die Projektpartner ein völlig neues Blattkonzept. "Wir wechseln die Materialklasse und verwenden für Rotorblätter erstmals thermoplastische, schmelzbare Kunststoffe, die wir mit Hilfe von automatisierten Fertigungsanlagen effizient verarbeiten können", erklärt Florian Rapp, Wissenschaftler am ICT. Der Kunststoff kann anschließend wiederverwendet werden – wenn auch nicht als neues Rotorblatt.

An Prototypen wurden die neuen Kunststoffe bereits getestet. (Foto: Fraunhofer ICT)

Für die Außenhülle des Rotorblatts sowie für Segmente der inneren Tragstruktur verwenden die ICT-Forscher Verbundwerkstoffe aus faserverstärkten Kunststoffen und thermoplastischen Schäumen, die in Sandwichbauweise miteinander verschweißt werden – eine Kombination, die die mechanische Festigkeit, die Leistungs- und Widerstandsfähigkeit sowie die Langlebigkeit des Rotorblatts verbessert. "Mit unseren thermoplastischen Schäumen beschreiten wir neue Wege", so der Forscher.

Für die Industrie sind Kunststoffe mit thermoplastischer Matrix das reinste Wundermaterial. Denn sie sind nicht nur leichter, sie ermöglichen neue Verarbeitungsmöglichkeiten wie das Verschweißen und neue Schneidetechnologien. Interesse haben fast alle Branchen: von der Luftfahrt über den Automobilbau bis zum Maschinenbau. Denn Thermoplaste lassen Taktzeiten von rund einer Minute zu. Bei den bisherigen Materialien dauert das Aushärten der notwendigen Harze oft Stunden. Außerdem können thermoplastische Teile allein durch Erwärmung immer wieder umgeformt werden.

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