Hi-Fi Kleine Spieler mit klangvollen Namen

Die Riesen der deutschen Unterhaltungselektronik sind nur noch kleine Spieler und versuchen vom Glanz alter Tage zu leben. Manchen gelingt das.

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Historische Fernseher Quelle: dpa

Es waren einmal Zeiten, da gaben die Menschen in Deutschland Hi-Fi-Geräten märchenhafte Namen. Schneewittchensarg. Für eine Truhe, die offiziell auf den Namen SK4 hörte. Ihre namensgebende Schönheit und ausgewogene Form verdankt sie Dieter Rams und Hans Gugelot, die sie 1959 für den Hersteller Braun entwarfen und damit ein Design schufen, das bis in dieses Jahrtausend funktioniert und noch immer Einfluss ausübt auf Gestalter in aller Welt, wie etwa Apple-Chefdesigner Jonathan Ive.

Es waren die Zeiten, in denen die großen Namen der deutschen Unterhaltungselektronik und Fotoindustrie mit ebenso märchenhaften Zahlen die Menschen in Deutschland beeindruckten: Umsätze in Milliardenhöhe, Tausende von Mitarbeitern. Säulen des Wirtschaftswunders, Pioniere der Technik und Erfinder – Telefunken, Grundig, Nordmende, Saba, Leica, Rollei.

Dann kam der große böse Wolf. Er rückte an aus Fernost, wo die Löhne geringer und die Ingenieure schneller waren. Und aus den großen Märkten für Unterhaltungselektronik und Fotografie riss er sich immer größere Stücke, bis die Riesen der Branche schmerzhaft erlebten, dass sie bald nur noch Zwerge waren. Wenn sie clever waren, mussten sie, wie Braun, nur unter Tränen ihre Hi-Fi-Sparte schließen, um sich fortan erfolgreich auf Rasierer oder Küchengeräte zu konzentrieren.

Andere fanden über Insolvenz den Weg in die Geschichtsbücher und Markenregister. Dort fielen einige in eine Art Winterschlaf, manche Marken nur noch als Name, der von einem Konzern zum anderen herumgereicht wurde. Dann kamen scheinbar Prinzen, um sie für ein Revival wachzuküssen, was anmutet ein wie Zwergenaufstand. Aber mit Aussicht auf Erfolg, wie Markenberater Klaus Brandmeyer sagt.

Die harten Zeiten gut überstanden haben Spezialisten wie Sennheiser und Beyerdynamic, beides Hersteller von Kopfhörern und Mikrofonen – beides Unternehmen in Familienbesitz. Auch der fränkische Fernsehgerätehersteller Metz trotzte der allgemeinen Entwicklung und fertigt neben Blitzgeräten auch Flachbildfernseher in Deutschland – auch er in Familienbesitz. Erfolgreich sind auch Hi-Fi-Schmieden wie T+A Elektroakustik und Burmester, die sich mit Innovationen und hochwertigen Produkten stets ihre Fangemeinde erhielten.

Steigende Zahlen

Aber wenn kommenden Freitag die IFA in Berlin ihre Pforten öffnet, dann geben dort andere Unternehmen als die großen deutschen Marken den Ton an – von der einstigen Größe sind sie eh weit entfernt. Trotz steigender Zahlen in der Branche. Die Nürnberger Marktforscher von der GfK verzeichneten im zweiten Quartal 2010 ein Wachstum von 14,6 Prozent mit einem Volumen von 2,5 Milliarden Euro in der Unterhaltungselektronik – auch dank der Fußball-WM und zunehmendem Absatz von Fernsehern. Den Löwenanteil holen sich aber kaum noch die Duals oder Grundigs, auch wenn Letztere als Tochter der türkischen Beko-Holding 40 Prozent Steigerung bei Flachbildfernsehern vermeldet.

Ganz so rund lief es für viele einst stolze Marken nicht. Doch sie leben. „Und wir sind erfolgreich“, sagt Christoph Homberg. „Seit acht Jahren.“ Er ist Geschäftsführer der DGC GmbH in Landsberg am Lech. Ihr gehören die Markenrechte für Dual. Das Unternehmen war früher bekannt für seine Schallplattenspieler, die im Schwarzwald gefertigt wurden und bis in die Siebzigerjahre erfolgreich waren.

Bunter Strauß an Produkten

Der Konkurrenz aus Fernost war das Unternehmen, das 1906 gegründet wurde, nicht gewachsen, und die Markenrechte gingen nach der Insolvenz 1982 glücklos auf Wanderschaft von der französischen Thomson-Gruppe über die Schneider Rundfunkwerke bis zu Karstadt, bevor sie schließlich bei Christoph Homberg landeten, einem ehemaligen Mitarbeiter von Schneider.

Heute vertreibt Homberg wieder einen bunten Strauß an Produkten, vom CD-Spieler bis zu digitalen Bilderrahmen. Vertrieben werden die Lizenzprodukte in großen Handelsketten von Real bis Rewe. In der Schweiz ist man beim Verkauf für digitale Rundfunkgeräte sogar an zweiter Stelle. Und Plattenspieler gibt es auch noch, Einsteigermodelle, die Hombergs DGC in Asien fertigen lässt. Und teure aus Deutschland, für die Homberg an den ehemaligen Dual-Mitarbeiter Alfred Fehrenbacher eine Lizenz vergeben hat, die im Schwarzwald noch immer in kleiner Stückzahl gebaut werden. Knapp 20 Millionen Euro Umsatz macht Hombergs Team heute. Dual hätte mehr machen können, ist sich Homberg sicher: „Die damaligen Inhaber haben die CD einfach verpennt.“

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