Innovationen Die Zukunftsmacher: Hightech aus Deutschland

Seite 8/12

Das brachte den Wissenschaftler auf die Idee, es mal mit Cellulose zu versuchen, einem beinahe unlöslichen Bestandteil von Pflanzen, aus dem unter anderem Papier hergestellt wird. Cellulose ist auch Ausgangsmaterial für eine Faser zum Weben glänzender Stoffe, Innenfutter von Jacketts zum Beispiel. Um das widerstandsfähige Material aufzulösen, sodass es zu Fäden versponnen werden kann, sind schwerste chemische Geschütze und Unmengen Wasser nötig. Aus zehn Tonnen Ausgangsmaterial entsteht nur eine einzige Tonne Viskose. Der Rest ist stark verunreinigtes Wasser.

Ersetzt man die Chemikalien durch eine ionische Flüssigkeit, sieht die Bilanz besser aus. Aus 1,6 Tonnen Einsatzmaterial entstehen eine Tonne Viskosefasern sowie 0,6 Tonnen Abfälle. Das Verfahren versucht BASF nun in alle Welt zu vermarkten.

Möglichkeiten für die Solarindustrie

Massonne präsentiert stolz eine dicke Papprolle, auf die eine kilometerlange Faser aufgewickelt ist. „Die Qualität ist vergleichbar mit der herkömmlich hergestellter Fasern“, versichert Massonne. Auch wenn es bisher noch keine industriellen Anwender gibt, ist er sicher: „Wir werden die Welt der Viskosefasern nachhaltig verändern.“

Auch Solarzellenentwickler sind von der neuen Flüssigkeit angetan: Zum Transport der von der Sonne erzeugten elektrischen Ladungsträger brauchen sogenannte Farbstoffsolarzellen einen Elektrolyten. Das ist bisher eine organische Flüssigkeit, die unter Licht- und Wärmeeinfluss schnell zerfällt. Die Folge: Der Wirkungsgrad sinkt schon nach wenigen Jahren.

Korrosionsresistent durch Supersalze

Das Unternehmen G24 Innovations aus dem walisischen Cardiff setzt statt organischer Flüssigkeiten bereits flüssige Salze aus Ludwigshafen ein, die gegenüber Licht und Wärme völlig unempfindlich sind. Die Waliser bauen die auf Kunststoff gedruckten und daher hochflexiblen Zellen bereits in Serie.

Die neuen Supersalze könnten auch ein Problem der Hersteller von Offshore-Windstromanlagen lösen. Alle Bauteile sind wegen des Kontakts mit Salzwasser von Rostfraß bedroht. Absolute Korrosionsfestigkeit bietet nur aluminiumbeschichteter Stahl. Der wurde bislang oft unter Einsatz von Chemikalien hergestellt, die sich selbst entzünden können. Ionische Flüssigkeiten funktionieren genauso gut, sie sind aber unbrennbar, sodass teure Sicherheitsvorkehrungen überflüssig sind.

Für Massonne hat sich der Kreis mittlerweile geschlossen. Fotoinitiatoren für die Lackindustrie, die Massonne am Anfang seiner BASF-Karriere entwickelte, stellt der Chemieriese am Rhein jetzt auch mithilfe von flüssigen Salzen her. Das spart die Hälfte der bisher benötigten Ausgangsstoffe ein. Abfälle gibt es praktisch nicht mehr. 

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%