Innovationen Die Zukunftsmacher: Hightech aus Deutschland

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Die Lustgewinner

Neurobiologe Bernd Sommer Quelle: Simon Koy für WirtschaftsWoche

Der Pharmakonzern Boehringer will mit einem Medikament für Frauen an den Erfolg von Viagra anknüpfen.

Um den Unterschied zwischen der Sexualität von Mann und Frau zu illustrieren, greift der Neurobiologe Bernd Sommer auf das Vokabular eines Stereoanlagenverkäufers zurück: „Es gibt so vereinfachte Darstellungen. Die zeigen bei Männern einen einfachen Verstärker mit Ein-/Aus-Schalter und bei Frauen eine hochkomplexe Anlage.“

Sommer muss es wissen. Der 52-Jährige und sein Team haben für Deutschlands – nach Bayer – zweitgrößten Pharmahersteller Boehringer Ingelheim die Sexualität der Frau erforscht. Das Ergebnis ihrer Arbeit könnte ein weltweiter Kassenschlager werden, eine Art Viagra für die Frau.

Milliardengewinne scheinen realistisch

Flibanserin ist ein Mittel, das Frauen bei deutlich nachlassender sexueller Lust helfen soll. „Es geht nicht darum, ihnen eine neue Krankheit einzureden“, sagt Sommer. „Unsere Pille ist ein Angebot an Frauen, die stark unter ihrem verminderten sexuellen Verlangen leiden.“ „Etwa zehn Prozent aller Frauen vor den Wechseljahren leiden darunter“, sagt die Aachener Sexualwissenschaftlerin Ulrike Brandenburg – „manchmal auch dann, wenn die Beziehung stimmt.“

Entsprechend groß ist das Interesse an den neuen Pillen. Boehringer Ingelheim hat in den vergangenen Jahren etliche innovative Medikamente auf den Markt gebracht und arbeitet aktuell an einer Vielzahl neuer Präparate gegen Krebs, Diabetes und Schlaganfall. Laut Europäischem Patentamt hat kein anderes deutsches Unternehmen mehr Medizin-Patente angemeldet.

Die Lustpille für Frauen könnte bald das bekannteste Mittel des Konzerns aus dem rheinland-pfälzischen Ingelheim sein. Flibanserin hat das Potenzial, eine der wichtigsten Medizin-Innovationen made in Germany zu werden. Ein solches Medikament gibt es noch nicht; Milliardenumsätze scheinen realistisch. Zum Vergleich: Knapp zwei Milliarden Dollar hat Pfizer im Jahr 2008 mit Viagra erwirtschaftet.

Die Einnahmen werden aber frühestens ab 2010 fließen. Ende dieses Jahres will Boehringer die Ergebnisse der klinischen Studien präsentieren. Vor zwei Jahren begannen die klinischen Tests. In Zeitungsannoncen ließ Boehringer nach Frauen suchen, deren Lust auf Sexualität nachgelassen hat, die aber Lust genug hatten, das neue Präparat zu testen. Bisher sind die Forscher auf keine bedenklichen Nebenwirkungen gestoßen, nur erhöhte Müdigkeit fiel in manchen Studien auf. Ansonsten ist zu hören, die Ergebnisse seien vielversprechend.

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