Innovationspreis Die Sieger: Impfung gegen Krebs, innovative Handy-Chips und Dichtungen gegen Gifte

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Infineon: Handyelektronik auf einem Chip

Infineon-Innovatoren Kutter, Eul, Butz (von links): Experten zweifelten, dass die Chips funktionieren Quelle: Simon Koy für WirtschaftsWoche

Man kann vieles anstellen mit modernen Mobiltelefonen: telefonieren natürlich, SMS verschicken, E-Mails bearbeiten, Fotos schießen, filmen und Musik hören. All das ist für aktuelle Handys längst Alltagsarbeit. Aber mit 80 Sachen gegen Betonwände, Holzstapel oder Leitplanken krachen und weiter funktionieren – das ist selbst für die mobilen Tausendsassas Neuland.

Spätestens 2012 jedoch soll in jedem Neuwagen ein Funkchip stecken, der bei einem Crash selbstständig via Mobilfunk eine Unfallmeldung samt Positionsangabe an die nächste Notrufzentrale absetzt. E-Call heißt das System, an dem EU-Kommission, Autohersteller, Mobilfunkbetreiber und Chipproduzenten arbeiten.

„E-Call ist ein perfektes Beispiel für neue Einsatzformen von Mobilfunktechnik, die vor ein paar Jahren noch undenkbar waren“, sagt Christoph Kutter, Chef der Mobilfunkentwicklung beim Chipspezialisten Infineon. Seit Jahren ist der einstige Siemens-Ableger aus Neubiberg bei München einer der größten Zulieferer von Mikrochips für die Handybranche.

Chip für extrem günstige Handymodelle

Ihre Entstehung verdanken die ultrarobusten und dennoch preiswerten Mobilfunkchips einer ursprünglich für einen anderen Markt konzipierten Kombination aus Innovationskraft, Ingenieurleistung und unternehmerischem Mut. Das Ergebnis ist ein Chip, nur etwa halb so groß wie ein kleiner Fingernagel, der alle Handykernkomponenten vereint: Recheneinheit, Stromversorgung, Arbeitsspeicher und Hochfrequenz zur Funkübertragung. Sein Name: X-Gold 101.

Ausgerechnet eine drohende wirtschaftliche Schieflage war Auslöser für die 2004 begonnene Entwicklung dieser in der Mobilfunkindustrie einzigartigen Elektronikbauteile: „Wir mussten wegen der absehbaren Marktanteilsverluste unseres damaligen Großkunden Siemens/BenQ im Handygeschäft unbedingt neue Kunden gewinnen“, erinnert sich Infineon-Technologievorstand Hermann Eul.

Wachstumspotenzial versprach die absehbare Nachfrage nach extrem preisgünstigen Mobiltelefonen für die Märkte in Asien und Afrika. Das Problem: Existierende Chipsätze waren zu teuer, die hohe Integration der Technik auf einem preisgünstigeren Chip völliges Neuland. „Vor allem die Experten hatten große Zweifel, ob sich die Komponenten auf dem Chip nicht gegenseitig stören“, so Stefan Butz, Projektleiter für Mobilfunkchips. „Bei den notwendigen hohen Investitionen in Forschung und Entwicklung war die Entscheidung, den Chip zu realisieren, ein ziemliches Risiko“, erinnert sich Entwicklungschef Kutter.

Infineon hat den Schritt dennoch gewagt – und gewonnen. Die aktuellen X-Gold-Handy-Chips sind nicht nur rund 30 Prozent günstiger und etwa 75 Prozent kompakter als alle alternativen Systeme. Sie haben sich auch als De-facto-Standard für die neue Gerätekategorie der sogenannten Ultra-Low-Cost-Handys etabliert und wurden inzwischen weltweit bereits über 100 Millionen Mal verkauft.

Und das ist, wie das neue Einsatzgebiet E-Call zeigt, wohl nur der Anfang: „Warum sollten die Ein-Chip-Handys in Zukunft nicht auch Computer, Fahrkartenautomaten, Navigationssysteme oder gar Hausschlüssel vernetzen?“, fragt Projektleiter Butz und hofft auf weiteres Wachstum.

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