Intelligente Netze Kampf um das Stromnetz 2.0

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Investitionen in intelligente Netze und Komponenten

Die veraltete Energie-Infrastruktur der USA ist dringend erneuerungsbedürftig: Allein 2009 kam es zu rund 100 großflächigen Stromausfällen, die mitunter mehrere Tage dauerten und laut Energieministerium alleine bei den US-Konsumenten Schäden von rund 150 Milliarden Dollar verursachten. Das Förderprogramm für den Aufbau des Smart Grids ist nur der Anfang. Nach Berechnungen des Beratungshauses Brattle Group muss die US-Stromwirtschaft bis 2030 gigantische 1,5 bis 2,0 Billionen Dollar in die Renovierung der Energie-Infrastruktur stecken.

Für die US-Regierung bietet der Umbau der Stromnetze aber auch die Chance, eine völlig neue Industrie im eigenen Land zu etablieren. Die staatlichen Investitionen sollen auch Anschub sein für Unternehmen, die die Technik für intelligente Stromversorgung produzieren. Die Vision ist, die USA zur weltweit führenden Nation in dem Segment zu entwickeln.

Das soll den USA auch auf dem Schlüsselmarkt China die technologische Führung verschaffen. Die Pekinger Regierung will in den nächsten zehn Jahren eines der modernsten Stromnetze der Welt aufbauen – und die USA wollen den Großteil der Technik dafür liefern. Schon in diesem Jahr wird China nach Schätzungen der Zpryme-Analysten 7,3 Milliarden Dollar in den Stromnetzausbau stecken – mehr als jedes andere Land der Erde.

Duell der Industrien

Dabei müssen deutsche und europäische Unternehmen nicht leer ausgehen – im Gegenteil. Roland Bent, Chef des Automatisierungsspezialisten Phoenix Contact im nordrhein-westfälischen Blomberg, weiß aus vielen Geschäftskontakten, wie sehr die chinesische Führung die Kooperation mit Europa sucht. Die knapp 10.000 Beschäftigten des weltweit tätigen Unternehmens erwirtschafteten 2009 mehr als 950 Millionen Euro mit Schaltern, Sensoren und Steuerungen.

Neben dem Kampf der Wirtschaftsblöcke zeichnet sich auch ein Duell der Industrien um die Vormacht im Megamarkt der neuen Netztechnik ab. Dabei stehen den etablierten Netzausrüstern wie Siemens, ABB und General Electric (GE) Größen der Computer-Welt gegenüber wie Cisco, IBM und SAP.

Das Strom-Internet soll sich einst steuern lassen wie heute das World Wide Web. Da wähnt sich die Rechnerfraktion wegen ihrer Erfahrungen mit großen Datenmengen und IT-Infrastruktur klar im Vorteil. Der deutsche Softwareriese SAP etwa hat bereits rund 100 US-Stromversorger in der Kundenliste.

Investition in eine sichere Energiezukunft

Doch kampflos werden die traditionellen Anbieter das Feld nicht räumen, betont Reinhold Achatz, der Chef der zentralen Siemens-Forschung: „Wir sind Marktführer bei Energieautomatisierung und Steuerungstechnik für die Netze und wollen auch bei der Aufrüstung der Netze mit Intelligenz ganz vorn dabei sein.“ Ob die Hoffnung aufgeht, ist noch völlig offen.

Und nicht minder unklar ist bisher, ob die Kunden für die Integration der erneuerbaren Energien in die Stromversorgung am Ende draufzahlen oder ob sie womöglich gar über niedrigere Stromrechnungen profitieren. Siemens-Forschungschef Achatz allerdings hält diese Frage ohnehin für die falsche Diskussion. Der Umbau der Stromnetze sei kein Sparprogramm, sondern eine Investition in eine sichere und klimaverträgliche Energiezukunft. Und am Ende müsse die Kilowattstunde Strom dabei nicht einmal teurer werden. Seine Begründung: „Die Technik der erneuerbaren Energien steht erst am Anfang. Da gibt es noch ein ungeheures Potenzial zur Effizienzsteigerung.“

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