Künstliche Intelligenz Computer mit Gefühlen

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Roboter sollen gegen Einsamkeit helfen Quelle: Stefan Kröger für WirtschaftsWoche

Die neue Empfindsamkeit der Elektrohirne nutzen auch Gesundheitsexperten. Haushaltsroboter sollen es alten Menschen ermöglichen, länger in ihrer vertrauten Umgebung zu leben. So haben Forscher am Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung in Rostock mit Diatrace ein Sensor-System entwickelt, das den Gefühls- und Aktivitätszustand von Menschen überwacht. Wie in einer Art privatem Facebook-Netzwerk lassen sich die Informationen an Verwandte oder den Arzt übermitteln.

Ein spezieller Sensorhandschuh erfasst Hautwiderstand, Körpertemperatur sowie den Puls und leitet daraus Emotionsänderungen und den Gesundheitszustand ab. Bei Bedarf fungiert Diatrace sogar als elektronisches Über-Ich: Wenn sich der Träger länger nicht bewegt, lässt das System das Telefon klingeln – als sanfte Erinnerung an Herrn oder Frau Senior, sich mal wieder die Beine zu vertreten.

In Japan sorgen spezielle Robo-Robben bereits für die elektronisch-emotionale Ansprache bei Altenheimbewohnern. Die Paro genannten Tiere fungieren als Mega-Tamagotchi. Sie reagieren unter anderem mit wohligem Bellen auf Kraulen und kuscheln sich an den Träger. Dieser Kontakt und die Beschäftigung mit dem autonom scheinenden Computerwesen helfen vielen Senioren gegen das Gefühl der Vereinsamung, haben japanische Forscher festgestellt. Dabei muss der Einsatz von Computern kein Nachteil sein. Das zeigen Studien aus den USA. Danach reagierten Demenzkranke nicht minder positiv, wenn sie Zeit mit Sonys Roboterhund Aibo verbrachten, als wenn sie mit echten Vierbeinern spielten.

Roboter als Motivator für Astronauten

Computerkopf Flobi, finanziert mit Mitteln der Exzellenzinitiative von Bund und Ländern sowie der Deutschen Forschungsgemeinschaft, könnte in Zukunft gar Astronauten als Motivator dienen. Ab diesem Sommer wollen Experten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Köln untersuchen, ob die Mimik-Maschine auf der Internationalen Raumstation ISS oder bei künftigen Raumflügen als Fitness-Coach agieren könnte.

Grundlage eines glaubwürdigen digitalen Seelenlebens ist ein komplexes Geflecht von Software-Komponenten. Sie reichen von der optischen und akustischen Wahrnehmung menschlicher Emotionen über deren Interpretation bis zur adäquaten Reaktion mithilfe spezieller Computerstimmen, die menschlich klingen und auf Wunsch sogar einen emotionalen Unterton annehmen.

An einer der wichtigsten Baustellen arbeitet Christian Küblbeck. Der Bildsensorik-Spezialist entwickelt am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen in Erlangen sozusagen den Sehnerv der Cyber-Wesen. Seine Software Shore kann Menschen in Bildern oder Videos identifizieren. Mithilfe der Technik misst etwa der Potsdamer Videoanalyse-Spezialist Vis-a-pix, wie viele Kunden in Supermärkten auf Werbebotschaften schauen.

Neben Geschlecht und Altersklasse der Menschen kann die Software zudem deren Stimmung bestimmen. Die Bilderkennung analysiert Punkte wie Augen, Nase oder Mundwinkel und wie sich ihre Position verändert – etwa wenn ein Mensch die Stirn in Falten legt. Das Programm errechnet, „mit welcher Wahrscheinlichkeit der Betrachter froh ist, traurig oder überrascht“, sagt Küblbeck.

Die Technik wollen der Nürnberger GfK-Verein, Mehrheitsaktionär des Marktforschers GfK, und die Fraunhofer-Forscher bis 2011 marktreif machen. Das System soll Gefühlsregungen von Probanden automatisch auswerten, die beim Blick auf Werbebilder, -videos oder Produkte – vom Rasierer bis zum iPad – fotografiert oder gefilmt werden. 250 000 Euro stecken schon im Projekt, „und es kommen noch ein paar Hunderttausender dazu“, sagt Raimund Wildner, Geschäftsführer des GfK-Vereins. „Aber dann haben wir ein weltweit einmaliges Werkzeug.“

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