MacWorld 2008 Steve Jobs wird Videohändler

Das dünnste Notebook der Welt, einen Online-Videoverleih und namhafte Software-Updates für iPhone und iPod touch - Apple-Chef Steve Jobs hat die Fans mit seiner Eröffnungsrede auf der MacWorld in San Francisco nicht enttäuscht. Was bei Apple-Kunden für Begeisterung sorgte, konnte Anleger und Investoren überhaupt nicht überzeugen. Nach der Rede verlor die Apple-Aktie deutlich.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Apple-Chef Steve Jobs präsentierte das dünnsten Notebook der Welt Quelle: rtr

SAN FRANCISCO. Das dünnste Notebook der Welt, einen Online-Videoverleih und namhafte Software-Updates für iPhone und iPod touch. Apple -Chef Steve Jobs hat seine Fans am Dienstag in San Francisco nicht enttäuscht. Aber seine traditionelle Überraschung "one more thing" am Ende der Rede zur Eröffnung der MacWorld 2008 ließ er diesmal ausfallen. Die Quittung folgte auf dem Fuß: In einem generell schwachen Markt verlor die Apple -Aktie mit über sechs Prozent überproportional.

Die wohl wichtigste Ankündigung war allgemein bereits erwartet worden: Apple steigt mit Macht in den Markt für Online-Videovermietung ein. Mit der Unterstützung aller namhaften Hollywood-Studios startet im Februar "iTunes Movie Rentals" in den USA. Der weltweite Start ist für den weiteren Jahresverlauf geplant. Gleichzeitig wird die bislang erfolglose Apple TV-Box völlig überarbeitet. Jobs räumte ein, dass das ursprüngliche Konzept nicht von den Kunden angenommen worden sei. "Wir haben gelernt", sagte er.

"Wir haben bislang sieben Millionen Filme über iTunes verkauft. Das war mehr als jeder andere im Markt, aber das war uns nicht genug", erklärte Jobs in der ihm eigenen bescheidenen Art zum Start des Online-Dienstes. Die Kinofilme sollen zwischen 2,99 Dollar und 4,99 Dollar (High Definition) kosten.

Sie müssen innerhalb von 30 Tagen nach Kauf aktiviert und dann innerhalb von 24 Stunden angeschaut werden. Als Innovation ermöglicht Apple den Transfer von "Restlaufzeiten" auch auf andere Geräte. Ein auf dem Flachfernseher im Wohnzimmer begonnener Film kann auf den iPod übertragen und unterwegs weitergeschaut werden.

Neben normaler DVD-Qualität wird Apple auch Filme in HD-Qualität liefern. Jim Gianopulos, Chairman und CEO von 20th Century Fox: "Online-Videovermietung ist nichts Neues. Aber Movie Rentals wird den Markt verändern." Gleichzeitig präsentierte Gianopulos die erste DVD seines Unternehmens, die eine zusätzliche digitale Kopie des jeweiligen Films enthält. Sie kann in die iTunes-Bibliothek auf einem Mac oder PC geladen und von da auf iPods oder iPhones überspielt werden kann.

Die neue Apple-Settop -Box wird mit 229 Dollar deutlich billiger als die alte Version (299 Dollar) sein. Alte Apple -TV sollen kostenlos per Software auf die neuen Funktionen aufgerüstet werden. Apple TV wird ohne PC oder Mac nutzbar sein und direkten Zugang zum iTunes-Mediashop per Internet gewähren oder Bilder von Webdiensten wie dem Yahoo -Dienst Flickr auf dem Fernseher anzeigen. Mit dem neuen Dienst und der Box nimmt Apple erneut den Kampf mit Microsoft auf. Microsoft -Unterhaltungschef Robbie Bach hatte vergangene Woche Internet-TV und Video-Downloads zu Kernbereichen erklärt und mehrere neue Inhaltepartner für den Online-Dienst Xbox live vorgestellt.

Die meiste Begeisterung unter den rund 4000 Apple -Fans, die die Keynote im Moscone-Center in San Francisco verfolgten, löste das neue Notebook "MacBook Air" aus. Jobs zog das an seiner dicksten Stelle gerade mal 1,9 cm starke Notebook publikumswirksam aus einem normalen Hauspostumschlag. Das Gerät mit 13,3-Zoll-Bildschirm, vollwertiger Tastatur und Aluminiumgehäuse, besitzt 2 GB Ram und einen Intel Core 2 Duo Prozessor. Allerdings nicht den üblichen Prozessor, sondern eine um 60 Prozent verkleinerte Extraanfertigung für Apple, wie Intel -Chef Paul Otellini verkündete. Über ein Jahr habe man daran gearbeitet.

Als Besonderheit wird das Touchpad des Notebooks eine Gestensteuerung nach Art des iPhones erhalten. Bilder verschieben, vergrößern oder oder weiterblättern ist nun dank der Multitouchoberfläche mit ein- oder zwei Fingern möglich. Das Gerät soll für 1 799 Dollar, respektive 1 699 Euro in den Handel kommen.

Das iPhone hat im dritten Quartal 2007 in den USA bei den Smartphones mit fast 20 Prozent Marktanteil einen fast so großen Anteil wie Motorola, Palm und Nokia zusammen, zitierte Jobs Erhebungen von Gartner. Nur Blackberry mit 39 Prozent ("die machen einen großartigen Job") liege noch in Front. Vier Millionen der Telefone seien bislang verkauft worden und das vierte Quartal werde "noch besser als das dritte", so Jobs.

Zu den markantesten Verbesserungen des iPhones zählt die Möglichkeit bis zu neun personalisierte Startseiten einrichten zu können. Per Fingerbewegung lassen sich diese Seiten anwählen, auf denen jetzt auch persönliche Icons (zum Beispiel Lieblingswebseiten) ablegen lassen.

Die massivste Aufwertung erhält der iPod touch. Neben einer Web-Anwendung für Aktienkurse bekommt er nun auch E-Mail spendiert und Google Maps mit Lokalisierung per Wi-Fi. Damit fehlt dem Musikplayer eigentlich nur noch die Telefonfunktion, um mit dem iPhone gleichzuziehen. Als Jobs verkündete, dass das Update allerdings 20 Dollar für ältere Geräte kosten werde, gab es das einzige Mal lautes Murren im Saal.

Die Börse reagierte zurückhaltend auf die Keynote, vor allem aber belastet das wirtschaftliche Umfeld. Die Investmantbank Bear Stearns hatte schon am Motag die Kursziele für eine Reihe von Technologieunternehmen gesenkt, darunter Apple und Research in Motion. Die Bedenken der Investmentbanker drehten sich dabei weniger um verschärften Wettbewerb, sondern um die generelle wirtschaftliche Entwicklung in den USA und Japan, heißt es zur Begründung. Die jüngsten Anzeichen einer nachlassenden Verbraucherkonjunktur könnte die Märkte für Notebooks und Smartphones treffen, heißt es. Beides Bereiche, in denen heute die markantesten Neuerungen angekündigt wurden.

Für Apple wurde das Kursziel auf Jahressicht von 249 Dollar auf 233 Dollar gesenkt, RIM (Research in Motion) werden auf Sicht von zwölf Monaten jetzt bei 150 statt 160 Dollar gesehen. Für alle betroffenen Aktien, darunter auch Dell, IBM oder Seagate wurden jedoch die bisherigen Ratings ("outperform")an sich beibehalten.

Die Senkung des Kursziels bei Apple trifft auch zusammen mit Medienberichten, nach denen China Mobile die Gespräche über die Einführung des iPhones in China abgebrochen hat und der Getränkeriese Pepsi mit Rückendeckung der Musikindustrie eine gezielte Attacke gegen Apples Musikshop iTunes fahren wird. Pepsi soll angeblich planen eine Milliarde Lieder als Marketingaktion über den Amazon-Online -Musikshop zu verschenken, berichtet die New York Times. Bei der letzten Aktion dieser Art hatte Pepsi noch den Apple Shop iTunes benutzt. Amazon hat allerdings jetzt aufgeholt und als einziger Online-Shop überhaupt Musik aller großen Plattenfirmen ohne Kopierschutz im Angebot. Apple hat es bislang nicht geschafft außer von Emi Online-Musik ohne Kopierschutz zu bekommen. Auch am Dienstag konnte Jobs keinen weiteren Musikkonzern als Partner präsentieren.

Zum Hintergrund heißt es, dass der Musikindustrie die Marktmacht von Apple immer unheimlicher werde. iTunes repräsentiert mittlerweile gut 80 Prozent des weltweiten Download-Marktes für Musik. Analysten vermerkten am Dienstag auch auf der Negativseite, dass Jobs in seiner Keynote mit keinem Wort auf das erwartete iPhone mit 3-G-Technik (UMTS) eingegangen ist. Die langsame Internetanbindung gilt als größte Schwachstelle des Telefons.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%