Stau. Peter Hastig verlässt den Frühstückstisch heute 15 Minuten früher, um rechtzeitig zur Präsentation im Büro zu erscheinen. Dass die Straßen verstopft sind, hat ihm nicht das Radio verraten, sondern das Elektroauto vor seiner Haustür. Es hat Hastig angefunkt und nebenbei eine Ausweichroute berechnet.
Hastig steigt in den Wagen. Aus den Lautsprechern ertönt das Lied, das der Unternehmer eben noch in der Küche gehört hat: Beethovens Mondscheinsonate. Seine Klassikplaylist hat Hastig in der Cloud gespeichert, das Auto lädt sie automatisch. Sitz, Rückspiegel und Temperatur hat der Stromer schon auf die Bedürfnisse von Hastig eingestellt. Er mag es kühl.
Das Auto kennt sein Ziel, es surrt selbstständig los. Hastig hat genug Zeit, über den berührungsempfindlichen Bildschirm auf dem Armaturenbrett an seiner Präsentation zu feilen.
Nachdem es seinen Fahrgast pünktlich abgeliefert hat, fährt das Auto zur Ladestation und tankt Strom. Mit der neuen Batterietechnik dauert das nicht Stunden, sondern Minuten. Nur zwei Blocks weiter sammelt es eine Ärztin auf, sie will ins Krankenhaus. Ihr Unterhaltungsprogramm, die Nachrichten des Tages, läuft bereits.
Noch viele Hürden für selbstfahrende Autos
Autopiloten sind in Flugzeugen Standard. Auch in Schiffen übernimmt zumindest außerhalb der Häfen oft der Computer das Ruder. Am Ende geht es auch beim autonomen Fahren um einen Autopiloten, der das Fahrzeug steuert. Doch der Autoverkehr ist komplex. Auf der Autobahn können die Prototypen der Industrie bereits ohne größere Probleme ohne Eingriffe des Fahrers unterwegs sein. Im Stadtverkehr wird es schon schwieriger. Halbautomatische Funktionen sind allerdings inzwischen Alltag. Ob Tempomaten, Einparkhilfen, Stauassistenten oder Abstandsregler - viele Funktionen entlasten den Fahrer bereits. Auch etwa Mähdrescher können längst eigenständig über das Feld fahren.
Eins der wichtigsten Argumente ist die Sicherheit. Die meisten Unfälle gehen auf Fahrfehler zurück. Weit oben in der Statistik: zu hohe Geschwindigkeit, zu geringer Abstand oder Abbiegefehler. Automatisch gesteuerte Autos würden solche Fehler minimieren. Denn Risikofreude, Spaß an der Geschwindigkeit und Selbstüberschätzung kennt ein Computer nicht. Er bremst, wenn der Abstand zu gering wird und nimmt nicht aus Unachtsamkeit anderen die Vorfahrt.
Die Entwicklung ist recht weit fortgeschritten. BMW etwa testet seit Jahren automatisch fahrende Autos, auch auf deutschen Autobahnen. Die Fahrzeuge können auch eigenständig überholen. Solche Tests müssen sich die Hersteller aber von Behörden genehmigen lassen. Audi ließ jüngst zur US-Technikmesse CES einen Wagen „autonom“ rund 900 Kilometer aus dem Silicon Valley nach Las Vegas fahren. Auch Daimler präsentierte auf der CES seine Vision für ein selbstfahrendes Auto der Zukunft. Der silberne Mercedes-Prototyp fuhr autonom auf die Bühne nach einer Tour durch die Wüste und die Hotel-Meile der Glücksspiel-Stadt. Zumindest für die Autobahn können sich manche Hersteller pilotiertes Fahren bereits in fünf bis sieben Jahren vorstellen.
Hier beginnen die Schwierigkeiten jenseits der Technik. Die erste Hürde ist das „Wiener Übereinkommen für den Straßenverkehr“ von 1968, das die Basis für die meisten Verkehrsregelungen ist. Darin gibt es zwar Hinweise zu Zugtieren, aber von selbstfahrenden Autos ist nicht die Rede. Dafür aber davon, dass jedes Auto einen Fahrer braucht, der am Ende verantwortlich ist. Dass Autofahrer am Ende Verantwortung und Kontrolle völlig abgeben werden, gilt eher als unwahrscheinlich. Noch fehlen dafür aber Regeln und Gesetze. Bei den bisher fahrenden Prototypen auf normalen Strecken müssen in Deutschland die Fahrer darauf geschult sein.
Europas größter Versicherer, die Allianz, würde auch selbstfahrende Autos versichern. Allerdings würde sich die Risikoeinschätzung ändern, denn das Risiko verlagere sich vom menschlichen Fehler des Fahrers zum Entwickler der Autopiloten. Allerdings glauben die Versicherer nicht daran, dass es vollständig selbstfahrende Auto geben wird. Ein Fahrer werde auch künftig einen Führerschein brauchen, und das Gefährt im Notfall oder in Situationen wo es nötig ist, kontrollieren zu können.
Sicherlich auch, um Kunden mit immer ausgereifteren Extras zu locken. Doch daneben spielt auch die mögliche Konkurrenz durch andere Spieler eine Rolle. So arbeitet etwa auch der Internetkonzern Google seit einigen Jahren an selbstfahrenden Autos.
Elektrisch, selbstfahrend, besitzerlos, personalisiert, vernetzt: So ähnlich wie in dem fiktiven Beispiel könnte Mobilität bald aussehen. Vieles deutet darauf hin, dass auch der Technologieriese Apple ein wichtiger Protagonist in diesem Szenario sein will. Laut Informationen des Wall Street Journal (WSJ) wollen die Kalifornier schon 2019 mit einem eigenen Elektroauto in den Markt starten.
Was ist an den iCar-Gerüchten dran?
Apple äußert sich naturgemäß dazu nicht offiziell. Laut WSJ lässt Apple allerdings das Team, das an dem geheimen Auto-Projekt mit dem Codenamen Titan arbeitet, von 600 auf 1800 Personen verdreifachen. Wie die britische Tageszeitung Guardian kürzlich berichtete, habe es zudem im August Gespräche zwischen Apple und dem kalifornischen Verkehrsministerium (DMV) gegeben. Darin sei es um Regelungen für selbstfahrende Autos gegangen. Schon im Mai soll der iKonzern ein Gelände in der Nähe von San Francisco offiziell angefragt haben, um dort Autos zu testen.
Mit 178 Milliarden Dollar könnte Apple...
… IBM übernehmen, Coca Cola, AT&T oder Procter&Gamble – oder Boeing, McDonald’s und Nike zusammen.
… ein Jahr lang die gesamten Forschungs- und Entwicklungsausgaben der 25 F&E-stärksten Konzerne der Welt finanzieren – darunter Volkswagen, Samsung, Intel, Microsoft, Roche, Novartis, Toyota, Johnson&Johnson sowie Google.
… mehr als 400 Airbus A380 Jets zum Listenpreis kaufen (428 Millionen Euro) – mehr als das Zweieinhalbfache der bisher überhaupt ausgelieferten Zahl dieser Riesenjets.
… Siemens, Daimler und die Lufthansa kaufen – oder die 14 am niedrigsten bewerteten Dax-Konzerne.
… das Jahresbudget des UN-Kinderhilfswerks Unicef in Höhe von 3,86 Milliarden Dollar (Stand 2013) für die nächsten 45 Jahre vorab begleichen.
… im Haushaltsjahr 2015 die Etats von Bundesarbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles (125,5 Millionen Euro) sowie Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (32,9 Milliarden Euro) zu finanzieren.
… gut die Hälfte des gegenwärtigen griechischen Bruttoschuldenstandes von rund 318 Milliarden Euro auf einen Schlag tilgen.
… der Bundesbank gut eineinhalb Mal ihre komplette Goldreserve im Wert von 105 Milliarden Euro (Stand 11/2014) abkaufen.
Die traditionellen Automobilhersteller beobachten ganz genau, was bei Apple vor sich geht. Denn Daimler, BMW, Volkswagen und Co. wollen nicht hinten anstehen, sollte Apple mit einem eigenen Fahrzeug auch über Straßen rollen. Das gilt umso mehr, seit die Dieselgate-Affäre die Glaubwürdigkeit der Branche erschüttert hat.
Doch klar ist auch: Das iCar müsste einiges bieten, um den Etablierten Marktanteile abzujagen. Ob die Branche einen ähnlich grundlegenden Wandel durchlebt wie der Handymarkt beim Launch des ersten iPhones, ist fraglich. Doch warum sieht Apple gerade in diesem schwierigen Markt Potenzial?
Im Automobilmarkt wähnt Apple fette Beute
„Sicher nicht aus reiner Liebe zum Automobilbau“, bewertet Peter Fintl, Automobilexperte der französischen Innovationsberatung Altran, Apples Ambitionen. „Apple hat viel Geld mit Produkten wie dem iPod oder dem iPhone gemacht. Im Smartphonebereich habe Apple 90 Prozent der Profite abgegriffen, schätzt auch Wolfgang Bernhart, Partner im Automobilkompetenzzentrum bei der Beratung Roland Berger. Viel mehr sei nicht zu holen.
Sein Portfolio will Apple daher nun um smarte Dienste im Mobilitätssektor erweitern. Ende August lag der Börsenwert des Unternehmens bei 480 Milliarden Euro – das entspricht dem geschätzten Wert aller deutschen und US-amerikanischen Fahrzeughersteller zusammen. „Um diese Bewertung zu rechtfertigen, muss Apple weiter so stark wachsen“, sagt Bernhart.
In der Autobranche wittern die Kalifornier fette Beute. Zu Recht. Automobiler Transport und Mobilität machen mit etwa zehn Billionen Dollar etwa 15 Prozent des globalen Bruttoinlandsproduktes aus. Der Umsatz der Hersteller aus Fahrzeugproduktion und Verkauf beträgt weltweit fast zwei Billionen Dollar jährlich – bei einem Rekordgewinn von etwa 180 Milliarden Dollar im Jahr 2014.
Wie gut Autokonzerne auf Angriffe von Apple & Co. vorbereitet sind
Vernetzung
Gutes Angebot mit Connected Drive, DriveNow-Carsharing, Kooperation mit chinesischer Suchmaschine Baidu
Elektromobilität
Innovatives Angebot mit eigener Elektro-Modelllinie i3, i8
Autonomes Fahren
Testmodelle für autonomes Fahren, erste Features ab 2016 in der nächsten 7er-Reihe
Fazit
Viel Erfahrung mit E-Mobilen, Kooperation mit Toyota, wenig Chancen für Apple und Google
Quelle: eigene Recherche, Statista
Vernetzung
Umfangreiches Angebot mit Comand-System, Car2Go -Carsharing per Smartphone
Elektromobilität
Lange Erfahrung mit Elektromobilität (vollelektrisch, Plug-in-Hybride, Brennstoffzelle); Kooperation mit Tesla
Autonomes Fahren
S-Klasse und C-Klasse bereits in Serie teilautonom unterwegs; autonome Trucks
Fazit
In allen Bereichen sehr gut aufgestellt; Kooperation mit Apple oder Google allenfalls punktuell
Quelle: eigene Recherche, Statista
Vernetzung
Blue&Me-Entertainment (mit Microsoft entwickelt), Carsharing-Dienst Enjoy in Mailand und Rom
Elektromobilität
Sehr überschaubares Angebot: ein E-Modell (Fiat 500e); Jeep stellt Hybridmodelle in Aussicht
Autonomes Fahren
Keine konkrete Ankündigung
Fazit
Finanziell angespannte Lage, könnte bei E-Mobilität, Vernetzung und autonomem Fahren starke Partner brauchen
Quelle: eigene Recherche, Statista
Vernetzung
Befriedigendes Angebot mit Ford Sync-System (mit Microsoft entwickelt); stark in den USA, in Europa im Aufbau
Elektromobilität
Überschaubares Angebot: Focus Electric Drive; C-Max Plug-in-Hybrid, Mondeo Hybrid
Autonomes Fahren
Bremsassistent im Test, Parkassistent im Focus; neues Forschungszentrum im Silicon Valley
Fazit
Aktuell noch Schwächen beim autonomen Fahren, aber starke Investitionen in das Thema, Partner sind denkbar
Quelle: eigene Recherche, Statista
Vernetzung
Befriedigendes Angebot mit GM On Star Infotainment
Elektromobilität
Geringes Angebot: ein Hybrid (Chevrolet Volt), ein Elektro-Auto angekündigt (Bolt)
Autonomes Fahren
Pläne für teilautonome Fahrzeuge bis 2017
Fazit
Wenig eigene Lösungen; Google oder Apple könnten zum Mitmachen verführen
Quelle: eigene Recherche, Statista
Vernetzung
Befriedigendes bis ausreichendes Angebot, Kooperation mit chinesischem Suchmaschinenanbieter Baidu
Elektromobilität
Ein Elektroauto (Kia Soul); Vorsprung bei Brennstoffzelle mit Hyundai iX 35
Autonomes Fahren
Arbeitet am teilautonomen Fahren für Autobahnen und Parkassistenz; keine Serienreife
Fazit
Stark bei neuen Antriebstechnologien, schwach bei autonomem Fahren, Aufholbedarf bei Vernetzung
Quelle: eigene Recherche, Statista
Vernetzung
Befriedigendes bis gutes Angebot mit Peugeot Connect, Carsharing Mu
Elektromobilität
Überschaubares Angebot: zwei Elektroautos Peugeot iOn, Citroën C-Zero, eine Plug-in-Studie Quartz
Autonomes Fahren
Noch im Forschungsstadium
Fazit
Finanziell angespannte Situation, wenig eigene Lösungen. PSA könnte starken Partner wie Google und Apple brauchen
Quelle: eigene Recherche, Statista
Vernetzung
Befriedigendes Angebot mit Nissan connect und Renault My Z.E. connect
Elektromobilität
Breites Angebot beider Marken an Elektroautos, Nissan Leaf ist meistverkauftes E-Auto weltweit
Autonomes Fahren
2020 will Nissan erschwingliche autonomfahrende Autos auf den Markt bringen
Fazit
Renault/Nissan sind bei der Elektromobilität mit vorne, Nissan setzt auf autonomes Fahren, Vernetzung ausbaufähig
Quelle: eigene Recherche, Statista
Vernetzung
Befriedigendes Angebot mit T-connect, Testlauf zu Vernetzung mit Elektrovehikeln in Grenoble
Elektromobilität
Hybridpionier; sehr viel Erfahrung mit Batterie-und Brennstoffzellenfahrzeugen (Mirai 2015 in Serie)
Autonomes Fahren
Testautos; bis 2017 bei Nobeltochter Lexus Autobahn- und Sicherheitsassistenten
Fazit
Stark bei Antrieben, schwach bei Konnektivität, Mittelmaß beim autonomen Fahren – Google könnte Druck machen
Quelle: eigene Recherche, Statista
Vernetzung
Wachsendes Angebot etwa durch CarNet und Audiconnect; Übernahme der Blackberry-Forschung in Bochum
Elektromobilität
Wachsendes Angebot an Plug-in-Hybriden und E-Modellen bei VW, Audi, Porsche; keine Brennstoffzellen in Serie
Autonomes Fahren
900 km Testfahrt im selbstfahrenden Audi A7, 2016 sollen A7, Q7 teilautonom fahren können; autonomes Parken
Fazit
Volkswagen-Konzern beherrscht Elektromobilität und Connectivity, Umsetzung neuer Technologie in Serie dauert
Quelle: eigene Recherche, Statista
Würde Apple nur zehn Prozent des auf 500 Milliarden Dollar geschätzten US-Automarktes erreichen, könnte das den Absatz des Konzerns nennenswert beeinflussen, rechnet Gene Munster vor, Analyst der Investmentbank Piper Jaffray.
„Apple kann in zwei Jahren eigenes Auto entwickeln“
Für den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden und Gründer von Tesla Motors, Martin Eberhard, "ist es ziemlich offensichtlich, dass Apple an einem Auto arbeitet."
Die Umsetzung sei kein großes Problem. Kaum ein Autohersteller fertige heute ein neues Modell allein. Zulieferfirmen wie Bosch, Continental oder Magna könnten das iCar unter der Leitung der Apple-Projektleiter bauen, meint der Altran-Experte Fintl. Nur um Design und Unterhaltungselektronik würde sich das Unternehmen vermutlich selbst kümmern.
Für Fintl ist es ebenfalls „absolut realistisch“, dass Apple schon in vier Jahren mit einem Auto auf dem Markt erscheint. „Mit dem passenden Partnernetzwerk aus Automobil- oder Zuliefererunternehmen kann man problemlos in zwei bis drei Jahren ein eigenes Auto entwickeln.“
Doch warum sollte Apple überhaupt ein Auto bauen? Das Unternehmen könnte sich darauf beschränken, Fahrzeuge mit seinen Diensten wie der Kartenanwendung Apple Maps oder der Spracherkennung Siri auszurüsten.
Schließlich beansprucht auch ein Firmengigant wie Google nicht für sich, Automobilhersteller zu werden.
Apple hingegen scheint mehr zu wollen. Neben den Daten und der Herrschaft über die Benutzeroberfläche soll ein weiteres mobiles Endgerät entstehen, das sich in sein Ökosystem aus Hardware und Dienstleistungen fügt. Langfristig will das Unternehmen autonom fahrende Stromer in Großstädten mit Carsharing verbinden und Mobilität effizienter und nutzerfreundlicher machen, schätzen Branchenexperten. Ein smartes Auto für die smarte Stadt.
So sieht das Auto der Zukunft aus
Damit das iCar Erfolg hat, sind zwei Dinge entscheidend, findet Wolfgang Bernhart. Konnektivität: Das Auto ist mit dem Nutzer und der Cloud, also dem Internet, verbunden und stellt so alle nötigen Dienste zur Verfügung.
Es soll zudem verstehen, was der Fahrer als nächstes brauche, sei es die Tanksäule, das Café oder die Bushaltestelle, von der aus die Reise weitergehen könne. Mit diesen Fähigkeiten, Bernhart nennt das Kontextintelligenz, würde es sich erheblich von den Modellen unterscheiden, die Autohersteller heute anbieten könnten.
Er glaubt, dass Apple ein Auto nach demselben Prinzip bauen werde, das sich auch bei iPod, iPad & Co. ausgezahlt habe. Er erwartet in attraktives, minimalistisches Design und eine intuitive Bedienoberfläche, mit der sich Inhalte komfortabel von einem Endgerät auf das andere spielen ließen.
iCar 2019: erst einmal nicht selbstfahrend
Dass Apple schon 2019 mit einem vollautomatisierten Fahrzeug aufwartet, gilt vielen Fachleuten aber für ausgeschlossen. Es werde noch zehn bis fünfzehn Jahre dauern, ehe Autos vereinzelt in Regionen wie Kalifornien selbstständig von Haustür zu Haustür tingelten.
Sollte das iCar tatsächlich in vier Jahren erscheinen, dann vermutlich als wertiges Multimedia-Elektroauto mit Assistenzfunktionen. Die werde man möglicherweise in Richtung Autopilot updaten können, meint Ferdinand Dudenhöffer, Professor für Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen.
Denn noch wirft die Technologie zu viele Fragen auf. Angefangen beim Haftungsrecht – etwa ob der Fahrzeughalter oder der Hersteller verantwortlich ist, wenn ein Roboauto einen Unfall baut. Oder ob ein selbstfahrendes Auto dem Kind auf der Straße ausweichen soll, auch wenn es dann in eine Menschenmenge fährt.
Bis in Deutschland Roboautos auf den Straßen fahren, dürfte noch viel Zeit vergehen. „So wie wir aufgestellt sind, wird Deutschland einer der langsamsten Staaten der Welt sein“, sagt Autoexperte Dudenhöffer.
Das iCar ist nicht disruptiv – oder doch?
Wie üblich, macht Apple ein großes Geheimnis um viel Offensichtliches. Dennoch bleibt unklar, ob IT-Firmen wie Apple oder Google mit einem eigenen Auto eine disruptive, also marktverändernde Kraft, entfalten könnten. Deutsche Fahrzeug-Premiumhersteller müssen sich nicht fürchten, meint der Roland Berger Partner Wolfgang Bernhart, jedenfalls nicht in Bezug auf das iCar. Er verortet den Stromer von Apple eher in einer Nische als im Massenmarkt.
Zwischen 50.000 und 70.000 Euro könnte das iCar kosten. Konkurrenten dürften die Hersteller kleiner Premiumfahrzeuge, etwa des Mini (BMW-Gruppe) oder des GLA, einem kompakten SUV von Mercedes, sein. Auch den Elektroautopionier Tesla zählt er zu den Marken, bei denen Apple wildern könnte. Anlass zu großer Sorge für die breite Fahrzeugpalette etablierter Marken bestehe derzeit nicht. Apple dürfte allerdings eine aufrüttelnde Wirkung auf so manchen Hersteller entfalten.
Das passt zu dem, was BMW offiziell verlautbaren lässt. Das Unternehmen sieht sich „aufgrund seiner Innovationsstärke gut aufgestellt“. Es begrüßt sogar neue Wettbewerber auf dem Markt für Elektromobilität, meldet die Pressestelle. Ähnliches antwortet Daimler auf Anfrage der WirtschaftsWoche. Das Traditionsunternehmen mit Sitz in Stuttgart arbeitet in einigen Bereichen schon mit Apple zusammen, etwa bei der Integration von Apple Carplay, das Daimler vor wenigen Wochen für die neue A-Klasse vorgestellt hat.
Mit Apple Carplay oder auch Android Auto von Google können Nutzer ihre Smartphones an das Infotainmentsystem ihrer Fahrzeuge anbinden. Die Programme und Inhalte ihrer Endgeräte flimmern dann über die Auto-Bildschirme.
Bei Unterhaltungssystemen und Navigation kämpfen die Premiumhersteller schon jetzt gegen die IT-Konzerne. Nutzer fragten sich, weshalb sie etwa für das BMW-Infotainment 3.000 Euro ausgeben sollten, wenn der Autobildschirm verbunden mit dem iPhone vielleicht sogar eine bessere Navigation biete, meint Altran-Fachmann Fintl.
Das Apple Auto greift BMWs i3 an
Viele Fahrzeughersteller haben die Entwicklung von Elektroautos nur halbherzig vorangetrieben. Das könnte ihnen zum Verhängnis werden. BMW sei ein gutes Beispiel, sagt der ehemalige Tesla-Vorstandsvorsitzende Martin Eberhard. „Sie machen wunderschöne Fahrzeuge. Doch dann bauen sie den i3, das definitiv hässlichste Auto der Marke. Sie machen das ganz bewusst, weil sie befürchten, mit Elektroautos ihren konventionellen Fahrzeugmarkt zu kannibalisieren“.
Mit einer ersten Fahrzeuggeneration, das glauben Branchenkenner, schubst Apple die Welt der Automobilhersteller nicht aus der Umlaufbahn. Zunächst wird der iKonzern wohl einen überschaubaren Markt bedienen: Klein, smart und grün. Wehe aber, sollte es Apple gelingen, ein attraktives, selbstfahrendes, vernetztes Auto mit Carsharing zu verbinden. Das würde Mobilität radikal verändern und die Bedeutung wichtiger Player umkehren. Autohersteller die glauben, Autofahrer wie Peter Hastig empfinden das Auto auch in Zukunft nur als sinnvoll, wenn sie es selbst steuern können, könnten für ihre Einstellung teuer bezahlen und als Hardwarelieferanten enden.
Zumal Apple gegenüber den traditionellen Autofirmen einen weiteren Vorteil hat. Es besitzt die Bezahldaten der Nutzer über Apple Pay. Mit dem System können Konsumenten bequem per Smartphone oder Apple Watch bezahlen. Mit dem Dienst cruisen die Nutzer beleglos durch die Smart City. Nach der Einführung in den USA ist der Dienst, der mit Banken kooperiert, diesen Sommer auch in Europa gestartet.
Doch auch die klassischen Premiumhersteller, Google mit Kooperationspartner oder der US-Fahrdienst Uber, der den Taxiunternehmen weltweit das Geschäft vermiest, könnten das Rennen um die Mobilität von morgen machen. Uber-Konzernchef Travis Kalanick soll bereits signalisiert haben, dass er gern Roboautos von Tesla kaufen würde.
Apple lockt Tesla-Mitarbeiter mit 250.000 Dollar
Einstweilen deckt sich Apple mit dem Wissen anderer Player ein. So ist der ehemalige Chef der Entwicklungssparte von Mercedes Benz, Johann Jungwirth, zu Apple gewechselt. Der Hersteller von Elektrobatterien, A123 Systems, klagt sogar gegen den Konzern, weil der ihm führende Techniker ausgespannt haben soll.
Zudem soll Apple dem Konkurrenten Tesla wichtige Mitarbeiter abgraben, um sein Titanprojekt weiterzutreiben. Das Portal appleinsider berichtet, dass Apple Wechselwillige mit einem Bonus von 250 000 US-Dollar ködert.
Doch selbst wenn Musk sich gelassen zeigt, wird eines deutlich: Der Kampf darum, wer Autofahrer wie Peter Hastig auf welche Weise künftig von A nach B transportiert, ist entbrannt. Ohne die Roboauto-Tests von Google etwa würden sie bei Assistenzsystemen stehen bleiben, meint Ferdinand Dudenhöffer. Ohne Pioniere wie Tesla hätte kein deutscher Hersteller je die Reichweite von 500 Kilometern bei Elektroautos anvisiert.
Nun aber seien sie gezwungen, sich schnell weiter zu entwickeln. Setzen sie im Wettlauf um die Mobilität von morgen weiter vor allem auf Verbrennungsmotoren und die Erweiterung ihrer technischen Ausstattung, ziehen innovativere Firmen, unter Umständen sogar Apple, an ihnen vorbei.