In den USA könnten schon bald Autos ohne Lenkrad unterwegs sein. Die Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA plant, autonome Autos mit Level-4-Technologie zur Zulassung freizugeben. Diese würden komplett ohne menschlichen Eingriff fahren. Das geht aus nun veröffentlichten freiwilligen Richtlinien für die Autohersteller hervor. Verbindliche Regeln werden aktuell noch ausgearbeitet. Dabei will die Behörde das Ausmaß der Regulierung so gering wie möglich halten. Sollte es Probleme geben, behält sie sich jedoch das Recht vor, die Anforderungen jederzeit zu verschärfen.
Mit General Motors und Waymo haben bereits zwei große Unternehmen angekündigt, in den kommenden Monaten mit kommerziellen Robotertaxidiensten starten zu wollen.
In Deutschland ist die Gesetzeslage noch lange nicht so weit. Aktuell dürfen maximal Autos mit dem Autonomie-Level 2 auf öffentlichen Straßen fahren, in den kommenden Monaten werden die ersten Level-3-Autos erwartet. Lenkrad und Pedalerie bleiben aber auch dann unverzichtbar, weil der menschliche Fahrer jederzeit eingreifen können muss. Verzichtbar ist er lediglich bei den beiden höchsten Autonomie-Leveln 4 und 5.
Schneller schlau: Die fünf Stufen des autonomen Fahrens
Das „assistierte Fahren“ ist bereits in unterschiedlicher Ausprägung bis in untere Fahrzeugsegmente verbreitet. Wie der Name schon sagt, helfen Assistenten beim Fahren. Sie warnen beispielsweise vor Fahrzeugen im toten Winkel, beim Verlassen der Fahrspur oder halten den eingestellten Abstand zum Vordermann. Die Helfer assistieren nur, fahren muss immer noch der Mensch hinter dem Steuer.
Beim „teilautomatisierten Fahren“ kann der Wagen bereits einzelne Fahraufgaben selbst übernehmen, muss dabei aber immer vom Fahrer überwacht werden. Dieses Stadium haben die meisten Autohersteller aktuell erreicht. Beispiel dafür ist ein Stau-Assistent, der im Stop-and-Go-Verkehr lenkt, abbremst und selbstständig wieder anfährt. Der Fahrer muss dabei zwar nicht aktiv lenken, darf die Hände aber nicht vom Steuer nehmen. Tut er das doch, wird er nach wenigen Sekunden vom Auto aufgefordert, das Lenkrad zu greifen. Zuletzt hat sich eine Ausbaustufe der Technik etabliert, die als „Level 2 Plus“ oder „Level 2 Hands Free“ bezeichnet wird und das Loslassen des Steuers explizit erlaubt und auch für längere Zeit toleriert.
Das Auto übernimmt beim „hochautomatisierten Fahren“ in bestimmten Verkehrssituationen diverse Funktionen, kann zum Beispiel längere Autobahnstrecken vollständig allein bewältigen. Der Fahrer muss aber das Steuer nach einer Aufforderung durch das Auto wieder übernehmen können. Theoretisch beherrschen bereits mehrere Pkw-Modelle diese Technik, legal nutzen dürfen sie aktuell aber nur wenige, darunter die Mercedes S-Klasse und der BMW 5er. Einschränkungen gibt es etwa bei Geschwindigkeit und Straßenart – so ist Level-3-Fahren in Deutschland nur auf geeigneten Autobahnabschnitten und mit maximal Tempo 130 erlaubt.
Ist das Fahrzeug „voll automatisiert“, kann das Auto spezifische Anwendungsfälle komplett allein meistern – von der Autobahnfahrt bis zu hochkomplexen urbanen Verkehrssituationen. Der Fahrer kann derweil zum Beispiel schlafen und haftet bei Schäden oder Verkehrsverstößen nicht mehr. Hier verlassen wir den Bereich, den Privat-Pkw heute noch beherrschen. Vollautomatisiert fahren aktuell unter anderem die Robotaxis oder -Shuttle von Mobilitätsdienstleistern, die in lokal begrenzten Gebieten unterwegs sind. Ein weiteres Beispiel ist das auch in Deutschland angebotene „Automated Valet Parking“ von Bosch und Mercedes, bei dem sich Pkw in speziell ausgerüsteten Parkhäusern selbstständig ihren Stellplatz suchen.
Beim „autonomen Fahren“ werden die Insassen vollständig zu Passagieren, nicht mal mehr ein Lenkrad oder Pedale sind notwendig. Das Auto kann alle Fahraufgaben alleine bewältigen. Auf jeder Straße, bei jedem Wetter und in komplexesten Verkehrssituationen. Noch Anfang des Jahrzehnts hofften Ingenieure, die oberste Stufe noch Mitte der 2020er-Jahre erreichen zu können. Das wird nicht passieren. Einige Branchenvertreter zweifeln, ob es jemals so weit kommt. Nicht zuletzt, weil die Kosten wohl so hoch wären, dass sich der Einsatz kaum lohnen würde. Bosch-Experte Lanwer kennt ein weiteres Problem: „So ist es beispielsweise sehr schwierig ein autonomes Fahrzeug auf eine Hebebühne zu bekommen, wenn man es nicht steuern kann.“ Es sieht Level 5 erst mal nicht im Markt, weil es im Vergleich zu Level 4 derzeit keinen Vorteil bringt.
Modelle, in denen der Mensch im Notfall eingreifen muss, gelten Experten allerdings als besonders kritisch. Gerade der plötzliche Moment des Übergangs der Verantwortung von Maschine auf Mensch birgt Risiken. Im ungünstigsten Fall könnte die Level-3-Automatisierung sogar zu mehr statt weniger Unfällen führen, warnte jüngst eine OECD-Studie. Selbst sehr defensive und vorsichtige Fahrer, die im konventionellen Auto keinen Unfall bauen würden, könnten in solchen Übergabesituationen unvermittelt in Gefahrensituationen kommen, auf die sie dann falsch reagieren. Eine noch nicht veröffentlichte Studie der Universität Salzburg sieht ähnliche Probleme. Vor allem untrainierte Fahrer könnten mit der plötzlichen Notsituation überfordert sein. Die Wissenschaftler belegten mit Tests, dass sie im Ernstfall weniger gut reagieren als geübte Fahrer. Was die Situation noch komplizierter macht: Auch erfahrene Autonutzer verlernen nach Erkenntnissen der Wissenschaftler das optimale Fahren, wenn sie sich nur noch vom Computer chauffieren lassen. Im Ernstfall könnte das schlimme Folgen haben.
Den Auto- und Softwareherstellern ist das Level-3-Problem bewusst. Einige Unternehmen wie Google, Ford und Volvo haben bereits angekündigt, Level 3 überspringen zu wollen. Auch Toyota könnte aufspringen. Statt auf die Übergangs-Stufe zu setzen, will man offenbar auf die Serienreife der Level-4/5-Technik warten, bei der der Mensch die Maschine nicht mehr überwachen muss und auch im Notfall nicht einzugreifen braucht.