Und nun noch einmal zum Auto mit Verbrennungsmotor: es geht nicht darum, dem Verbrenner eine rosige Zukunft oder seine angebliche "Überlegenheit" zu attestieren, wie oft unterstellt wird. Aber der Verbrenner ist heute und – angesichts aus gutem Grund weiterhin marginaler Zulassungszahlen der Elektroautos – auch auf absehbare Zeit die dominierende Antriebsart, und deshalb muss an dieser Stelle angesetzt werden, wenn wir weg vom Öl und zu weniger CO2- Emissionen wollen.
Bei heute in Deutschland durchschnittlich ausgestoßenen 145 Gramm/Kilometer und dem – etwa für 2020 – technisch ohne weiteres möglichen Wert von etwa 80 Gramm wird deutlich, welches riesige Einsparpotential auf dem Gebiet heutiger Autoantriebe und heutiger Technik besteht – und das ohne hohe Zusatzkosten, ohne großen Forschungs- und Entwicklungsaufwand, ohne erhoffte "Quantensprünge" in der Technik, und vor allem: ohne Zeitverlust, denn diese enormen Verbesserungen sind samt und sonders JETZT möglich. Die überdrehte Diskussion und die völlig unrealistischen Erwartungen an das Elektroauto trägt vor allem dazu bei, die nötigen Reduktionen zu verschieben, sie lenkt ab von dem, was jetzt getan werden muss.
Die Art des Antriebs ist irrelevant
So bleibt als Fazit: Autos sind zu groß, zu schwer, und extrem übermotorisiert: Das ist das Kernproblem, nicht die Art des Antriebs. Ohne großen Aufwand aber können (und müssen) sie ihren CO2- Ausstoß und Ölverbrauch in den nächsten zehn Jahren halbieren. Der Hype um Elektroautos aber setzt am falschen Objekt an, er suggeriert, dass auch die Mobilität der Zukunft auf dem Auto basiert, er lenkt ab vom jetzt Notwendigen und verschiebt die Lösung auf einen Zeitpunkt irgendwann in der Zukunft, wenn die erhofften "Quantensprünge" in Batterietechnik und Kosten erfolgt sind.
Allerdings: der Elektro-Hype hat sehr positive Nebeneffekte: er erhöht den Druck auf die Autoindustrie, den Verbrauch ihrer Autos zu senken. Und die Diskussion um den "grünen" Strom der E- Autos hat wesentlich dazu beigetragen, die Problematik des "schmutzigen" Stroms zu thematisieren und die allgemeine Akzeptanz "grüner" Energien zu erhöhen. Und nicht zuletzt trägt sie angesichts der eingeschränkten Nutzungsmöglichkeiten von E- Autos – wenn auch unfreiwillig – dazu bei, das Nachdenken über pragmatische Mobilitätslösungen zu fördern.
Beim Stichwort "pragmatische Lösungen" kommt dann zu guter Letzt die eigentliche Stärke der elektrischen Mobilität ins Spiel: die Mobilität auf der Basis kleiner und leichter Fahrzeuge, die eben nicht "Autos" sind, und bei denen auch die Kosten für Batterien eine geringere Rolle spielen. Und da eröffnen sich für den elektrischen Antrieb ungeheure und nur ansatzweise heute schon absehbare Lösungen, von denen die Scharen an Pedelcs, an E-Bikes und E- Rollern bis hin zum selbstverständlich elektrischen öffentlichen Verkehr, nur der Anfang sind. Diese zu fördern, anstatt ausgerechnet die Fahrzeuge, die für elektrischen Antrieb besonders wenig geeignet sind, die Autos, das wäre heute die vorrangige Aufgabe der Politik. Die Zukunft der Mobilität ist elektrisch, aber ohne Autos!
Wolfgang Lohbeck, Greenpeace